Fundstück / 29.11.2015 / 04:49 / 1 / Seite ausdrucken

Solidarität mit… !

Am 28. November 2015 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine ganze Seite zur Unterstützung eines Mannes. Über hundertzwanzig Unterzeichner bekundeten in dieser Anzeige ihre Solidarität, darunter viele Prominiente, zum Beispiel: Atze Schröder, Michael Mittermeier, Mario Adorf, Yvonne Caterfeld, Tim Bendzko, Roger Cicero, Jan Delay, Annette Humpe, Jan Josef Liefers, Heinz Rudolf Kunze, Til Schweiger, Bülent Ceylan, Kay One, Pur und Die Prinzen. Für wen machten sich die Prominenten so prominent auf einer ganzen Seite der FAZ stark?
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Andreas Rochow / 29.11.2015

Es ist interessant, wie die kropfig Solidarischen ihre Popularität mit Populismus verwechseln und in der Sache selbst nicht willens sind zu differenzieren. Der hochgelobte Sohn Mannheims ist nicht Opfer einer Boykotthetze geworden! Es wurde lediglich die eigenmächtig und selbstherrlich vorgenommene Nominierung zum “gewählten” Kandidaten für einen europäischen Schlagerwettbewerb, aus formalen Gründen zurückgenommen. Herr Naidoo darf weiter im Fernsehen auftreten und seine Tonträger sind auf dem üblichen Wege erhältlich. Auch sein Label hat sich nicht von ihm getrennt. Seine Existenz ist in keiner Weise gefährdet. Der Gedanke an die hohe Bereitschaft der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, in Sachen political correctness moderierend und zensierend aktiv zu werden, stellt in dieser Frage eher einen Nebenschauplatz dar. Handelt es sich nicht viel eher um eine stereotype linksintellektuelle Aufregung mit dem Tenor: “Bis hier und nicht weiter!” Verwunderlich nur, dass die solidarischen Verfechter der Meinungs- und Kunstfreiheit offenbar nichts von dem brutal kaltgestellten Schriftsteller Akif Pirincci gehört haben. Das Denkmuster der engagierten Medienstars ist in beklagenswerter Weise schlicht. Es erinnert mich an die 60-er und 70-er Weise in der DDR: Während man im Westen Westernfilme sehen konnte, wurden im Osten hunderte sowjetische Filmproduktionen abgespielt, die die Große Sozialistische Oktoberrevolution und das “russische Wunder” verherrlichten. Und da wurde es Kindern und Jugendlichen eingetrichtert, dass die “Roten”=Bolschewiki die Guten und die “Weißen”=Menschewiki die Bösen waren. Dieses Schema hat irritierender Weise bis heute in den Köpfen erwachsener westlicher Salonsozialisten, vieler Geisteswissenschaftler, Künstler und Journalisten seine volle Gültigkeit behalten. Die Unterscheidung von Gut und Böse ist eine Spezialität totalitärer Ideologien und die Ächtung und Zersetzung von unbequemen Querdenkern ohne Beteiligung ordentlicher Gerichte sind dramatische Zeichen politischer Selbstjustiz. (Das gilt auch für die semiprofessionellen Störer so mancher “rechtsextremen” oder “rechtspopulistischen” Demonstration, des AfD-Parteitags oder der Bahnreise von Ministerin Hendricks.) Xavier Naidoos Nominierung als konkurrenzloser Vertreter für den ESC durch einen öffentlich-rechtlichen Programmverantwortlichen ist - gelinde gesagt - ein Novum, wenn man bedenkt, dass dieser Prozess in den Vorjahren die Form eines nationalen Wettbewerbs mit großer Beteiligung der Öffentlichkeit hatte. Auch 120 selbsternannte Wahlmänner und Wahlfrauen - überwiegend Künstlerkolleginnen und -kollegen - haben nicht das Mandat einer phantasierten Mehrheit, den Kandidaten für Stockholm zu wählen! Hier profilieren sich auf eine unangenehm populistische Weise eine ganze Reihe von Prominenten, die in den letzen Krisenwochen kaum eine Gelegenheit ausgelassen haben, sich öffentlich als die Guten darzustellen. Sie bedienen sich der Plattform, über die sie als Prominente verfügen, um in einer Streitfrage “mutig” Farbe zu bekennen. Sie maßen sich damit aber eine Votum an, das ihnen nicht zusteht. Der Futurologe und Schriftsteller Stanislaw Lem hat in seinem 1964 geschriebenen Werk “Summa technologiae” seine Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit geäußert: Er sagte voraus, dass nicht der Gehör finden wird, der recht hat, sondern derjenige, der am lautesten schreit. Auch die inflationären Online-Petitionen lösen lösen dieses Problem nicht, weil sie ohne jeden Diskurs stattfinden und demokratische Mehrheitsverhältnisse nicht abbilden oder ersetzen können. Ich habe keine Informationen darüber, welchen Eindruck dieser Hype auf die übrigen ESC-Teilnehmerländer gemacht hat. Nicht überraschen würde mich, wenn auch hier das kritische Wort von einem deutschen Sonderweg aufkäme. Wenn das Spiel erst einmal im Gang ist, soll man das Reglement nicht ändern. Wenn es ohne ein Regelwerk nicht geht, dann ist eines zu schaffen. Auch ein Schlagerwettbewerb braucht Regeln, ansonsten ist er überflüssig.

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