Gastautor / 09.09.2020 / 14:00 / Foto: certified su / 40 / Seite ausdrucken

Sind Sie ein Covidiot?

Von Nicole Ruggle.

„Wer wesentliche Freiheit aufgeben kann, um eine geringfügige, bloß einstweilige Sicherheit zu erlangen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.“ (Benjamin Franklin)

Haben Sie, lieber Leser, in den letzten Wochen einmal den bundesweiten Lockdown kritisiert, auf die irreparablen Schäden hingewiesen, die dieser verursacht hat oder ganz allgemein am strikten Corona-Schutzkonzept Ihrer Exekutive gezweifelt? Dann gehören Sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Covidioten. Aber was genau ist das eigentlich, ein Covidiot?

Seit einigen Wochen ist dieses Wort zum Verunglimpfungsbegriff schlechthin mutiert, um jeden, der sich kritisch zu der Corona-Politik seiner Regierung äußert, pauschal in die Ecke der Spinner und Verschwörer zu verbannen.

Dankbar verwendet von allen, die damit ihr infantil-antagonistisches Weltbild in „gut und böse“, „richtig und falsch“ und „obrigkeitshörig oder subversiv“ einteilen. Denn: Das Weltbild der meisten Menschen ist dual; alles andere wäre zu komplex und zu anstrengend.

Eine infantilisierte Gesellschaft braucht Absicherung von „oben“

Sehen wir uns das ganze aus der Perspektive staatlichen Handelns an: Wenn die Entscheidung zum Lockdown richtig war, dann muss es dementsprechend auch die Maskentragpflicht im öffentlichen Raum sein. Sagt der Staat A, muss er auch B sagen. Ansonsten setzt er seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Seine Entscheidungen können nicht richtig und falsch gleichzeitig sein. Das eine bedingt das andere. Jemand, der etwas anderes behauptet, muss also folglich ein Idiot sein.

Hinter diesem banal-dualen Denken steckt eine tiefgreifende Angst staatsgläubiger Bürger. Die Angst, die Regierung – die starke Hand und der große unfehlbare Übervater, der einem Schutz und Sicherheit bietet –, könnte doch nicht so unfehlbar sein. Der Fiskus, der seit der europäischen Aufklärung die Kirche erfolgreich verdrängt hatte, um sich selbst zum Abbild Gottes auf Erden zu erheben, könnte sich fatal geirrt haben. Vielleicht nicht in allen Dingen, aber womöglich in vielen.

Eine zunehmend unmündige und infantilisierte Gesellschaft braucht aber die Absicherung von „oben“, dass alles in Ordnung ist. Verhalten sich Regierungen nun aber widersprüchlich, räumen allzu verhängnisvolle Fehler ein oder würden sogar offen zugeben, grob fahrlässig und vorschnell gehandelt zu haben, würden Sie damit das Vertrauen ihrer Bürger verspielen.

Menschen wollen aber Vertrauen. Sie wollen Sicherheit, Kontrolle und die Gewissheit, dass alles wieder in Ordnung kommt. Kann der Staat dieses Bedürfnis nicht mehr befriedigend abdecken, flüchtet sich der Bürger als Substitut ganz einfach in die Unterwürfigkeit anderer Autoritäten: Sekten, Verschwörungsmythen und so weiter.

Jemand, der so viel investiert, muss viel zu verlieren haben

Diese Obrigkeitshörigkeit ist gefährlich. Gefährlich deswegen, weil sie aufzeigt, dass wir als Gesellschaft immer weiter in einen Sumpf einer selbstverschuldeten Unmündigkeit abdriften, die die Menschen unhinterfragt alles glauben lässt, sofern man ihnen im Gegenzug nur genügend (Schein-)Sicherheit bietet.

Denn: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht im Leben; und auch der Staat kann diese nicht gewährleisten. Dass er aber genau dies in einem breit angelegten Theaterstück während der letzten Monate mit viel Brimborium inszeniert, sollte aufrütteln. Jemand der so viel investiert, muss viel zu verlieren haben. Das Niederschreien und pauschale Verunglimpfen von Kritikern der europäischen Corona-Politik dient schlussfolgernd zweierlei Zweck.

Erstens: der Legitimierung und Rechtfertigung sämtlicher durch die Exekutive beschlossener Maßnahmen, die dem Bürger als Allheilmittel vor dem diabolischen Virus verkauft wurden. Ein Quasi-Persilschein, ihm diese indiskutabel notwendige Schutzmaßnahmen unterzujubeln.

Zweitens: der Selbstberuhigung des staatsgläubigen Bürgers, welcher die Verantwortung über das eigene Leben gerne in die schützenden Hände einer allumsorgenden Autorität abgibt. Und wenn dieser dafür ein paar Freiheiten aufgeben muss, dann tut er dies bereitwillig und in vorauseilendem Gehorsam – und bekommt dafür im Gegenzug viel Scheinsicherheit und ein bisschen Nestwärme.

Ein denkbar schlechter Deal, der uns alle viel gekostet hat. Allen voran: Unsere Freiheit.

 

Nicole Ruggle wohnt in Zürich und ist Mitglied der Stadtzürcher FDP. Sie arbeitet für eine Schweizer Bildungseinrichtung und studiert parallel an einer technisch-wirtschaftlichen Hochschule in den Alpen.

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Leserpost

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Rainer Schweitzer / 09.09.2020

Lieber ein Covidiot als ein straßenläufiger Maskenaffe! Früher hat man Ochsen und Untertanen unter´s Joch gezwungen, heute hinter die Maske. Früher hat sich Herr oder Frau Sowieso zu Wort gemeldet, heute die schwarze, grüne, blaue u.s.w. Baumwollfresse, ein Niemand, ein Nicht-Individuum, eine Stoffetzen mit Armen und Beinen. Und an den vielen Orten, wo die Maske in der Sache keinen Sinn macht, nach dem Willen der Obrigkeit aber trotzdem getragen werden müßte, eben ein Maskenaffe, ein gesichtsloser Kriecher, ein maskierter Radfahrer, ein Stoffressenfetischist.

Christian Speicher / 09.09.2020

Es ist nicht so sehr die Staatsgläubigkeit, die hier eingefordert und bereitwillig gewährt wird, als vielmehr ein sich Einfügen in die weit weniger berechenbare und regelgesteuerte Horde der vermeintlichen „Richtigdenkenden“. Wenn man zur überwiegenden westlichen Reaktion auf den (uns von unseren rotchinesischen Handelspartnern so großzügig überlassenen) Wuhan Virus noch die hier ebenfalls auftretende offenbare - oder zumindest öffentlich zur Schau gestellte - Verwirrung über die sexuelle Binärität, den Verlust an althergebrachten religiösen Traditionen und Weltbildern, das Bedrohungsempfinden (ausgerechnet und nahezu ausschließlich) gegenüber den USA und Israel, den Antikapitalismus und den Hass auf die eigene (europäische bzw. westliche) Zivilisation, das Beharren auf einem „existenzgefährdenden“ menschenverschuldeten Klimawandel sowie eine „Willkommenskultur“ gegenüber allem, das uns feindlich und verächtlich gegenüber steht, hinzunimmt, dann haben wir das Endzeit- und Sektenstadium längst erreicht. Die Staatstreue und der Rechtsstaatsgedanke dagegen sind Dinge, die nur noch von einer derart kleinen Minderheit vertreten werden, dass sie aller Voraussicht nach in der zukünftigen schönen neuen Welt der mit harter Hand über unsere Ruinen herrschenden Clans nun wirklich überhaupt keine Rolle mehr spielen werden.

Johannes Schuster / 09.09.2020

Vielen lieben Dank für diesen erfrischenden und nüchternen Artikel von der Limmat. Als ich den Bundesrat mit Maske bei der Tunneleröffnung sah, mußte ich irgendwann unweigerlich an Uriella denken. Das hat schon etwas von der Prozession einer Untergangssekte, die glaubt, jetzt sei der Tag gekommen, auch wenn es auf den Friedhöfen keinerlei Hinweis darauf gibt. Bei den Deutschen würde mich dieses Format nicht sonderlich wundern, aber daß die Schweiz so schwer von dieser Gläubigkeit getroffen wurde, das erschüttert mich aufrichtig. Mein Vertrauen wird übrigens nicht verspielt, wenn man menschlich einen Fehler zugibt, mein Vertrauen verspielt die Politik wenn sie aus kurzsichtigen Gründen an einfältigen Mätzchen festhält um sich nur weiter zu verstricken. Und wenn die Folgen die Erlösung von der Angst übertreffen, dann geht das ganze Schauspiel nämlich nach hinten los und fertig ist die tiefe Staatskrise.

Dietmar Richard Wagner / 09.09.2020

Freier Verzicht auf Freiheiten für unsichere Sicherheit - so lehrt die Covideologie. Ich bin lieber freier Covidealist, statt Anhänger einer Covidée fixe.

Olaf Kränert / 09.09.2020

Als Kind der DDR bilde ich mir ein, ein Gespür dafür zuhaben, wenn mir die Politik und deren getreue Medien die „Taschen füllen“wollen. Wer vermag Zahlen zu lesen und deren Bedeutung ins Verhältnis zu setzen, dem ist klar, dass Masken-Söder, Merkel und Co. und der Teil der Bevölkerung, der dafür bereit ist seine Freiheit zu opfern, die Covidioten sind !

Karl Eduard / 09.09.2020

Sind Sie ein Viruloge? Ich bin keiner. Mir kann jeder sonst etwas erzählen. Der eine sagt so, der andere so. Beim Einkauf trage ich Maske und nehme einen Wagen. Hauptsächlich, damit die Ladeninhaber kein Bußgeld aufgedrückt bekommen, sollte das jemand melden. Ich möchte auch nicht, daß die Kassiererin Stress bekommt. Die hat es eh nicht leicht. Ich muß nicht auf anderer Kosten demonstrieren, daß ich den Durchblick habe und die nicht. Freilich, das sommerliche Angrapschen der Mädchen im Freibad fiel aus, durch die Menschengeschenke. Das möchte niemand missen. Das kann ich verstehen. Der Restaurantbesuch ist umständlicher aber wer geht bei den Gaststättenpreisen in ein Restaurant? Doch nur die dekadente Oberschicht. :) Oh, und das sinnlose Herumdüsen in der Weltgeschichte, mal schnell nach NY, neue Jeans kaufen oder in die Türkei, sich zu Billiglöhnen am Strand aalen, während man auf den eigenen Lohn daheim flucht, der viel zu niedrg ist, bei den Preisen. Wissense, früher war Reisen ein Luxus und die Menschen haben ohne nicht schlechter gelebt. Heute denken sie, zu Billigtarifen mal über den Ozean, wäre ein Menschenrecht. Ist leider nicht so. Dadurch geht auch das Bewußtsein für die Leistung dessen, der dafür sorgt, daß ein Flugzeug überhaupt fliegt, verloren. Kein Wunder, daß es in Deutschland nur so luisaneubauert.

Ulla Schneider / 09.09.2020

Genau, der letzte Satz: Covidioten gegen ” Eskidioten”. Wir können auch ” Ausdrücke” !

Joerg Haerter / 09.09.2020

Leider ist Freiheit nichts mehr wert, aber es ist immer so, wenn man es hat, ist es nicht mehr erstrebenswert. Am besten zu beobachten an der Wendezeit. Vor der Wende wollten sie alle, nach der Wende war sie schnell vergessen. Das beste Beispiel für Gewöhnung an Unfreiheit sind Leute im Auto und im Freien mit Maske, nur noch krank.

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