Die Corona-Politik zu kritisieren, bringt einem regelmäßig den Vorwurf ein, sich auf einem Gebiet zu versuchen, auf dem man sich nicht auskenne. Jedoch: Wo Wissenschaftler im denkbar höchsten Maße politisch werden, indem sie angeblich aus ihrem Fachwissen heraus die Notwendigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten ganzer Bevölkerungen herleiten, käme es einer bürgerlichen Selbst-Entmündigung gleich, sich darüber kein Urteil anzumaßen.
Deshalb muss man die politische Urteilskraft stärken, doch nicht derart, dass den Experten bloß andere entgegengehalten werden, womit man auf die autoritären Argumente der Maßnahmen-Befürworter nur seinerseits autoritär reagieren würde. Statt dessen durch ein selbstbewusstes Laientum, das sich seiner Grenzen und Möglichkeiten bewusst ist. Es gilt die bekannte aufklärerische Maxime, sich mit Mut seines eigenen Verstandes zu bedienen: Das Wissen, welches man benötigt, um die Corona-Politik vernüftig zu beurteilen, ist kein Hexenwerk.
Nun hat Markus Söder am 6. Dezember in Bayern den Katastrophenfall ausgerufen, eine Entscheidung, deren Irrsinn leicht einzusehen ist. Ein Blick ins bundesweite DIVI-Intensivbetten-Melderegister, welches sich jeder, der sich zur Corona-Politik äußern möchte, als Lesezeichen in seinem Browser abspeichern sollte, gibt seit Monaten keinen Anlass zum Alarmismus. (Hier klicken, oben links „Bayern“ auswählen und dann nach unten scrollen zu „Gesamtzahl gemeldeter Intensivbetten“.)
Dort sieht man: Am 6. Dezember wurden 710 Patienten mit positivem Testergebnis intensivmedizinisch behandelt. 3.144 Betten waren insgesamt belegt (Stand 6. Dez; Stand 9. Dez. sind es 3.165, es wird nachträglich geringfügig korrigiert). 2.200 (inkl. Notfallreserve) standen noch frei zur Verfügung. Auch für Bayern gilt, dass die absolute Anzahl frei verfügbarer Betten seit Mitte des Jahres kontinuierlich abgenommen hat, wogegen Söder nichts unternommen hat. Außerdem spiegelt sich das (angeblich mitunter exponentielle) „Steigen der Zahlen“ auch im zeitlichen Verlauf nicht in der Anzahl belegter Intensivbetten. Der violette Bereich bleibt recht konstant, eine bedrohliche Entwicklung ist beim besten Willen nicht zu erkennen.
Zum Vergleich: Am 20. August waren 3.124 Betten belegt. Zwischen der sommerlich-normalen und der winterlich-katastrophalen Bettenbelegung bestand also eine Differenz von ganzen 20 Betten.
Söder behauptet nachweislich Falsches
Man darf sich also fragen, mit welchen Daten Söder die Drangsalierung der bayrischen Bevölkerung eigentlich rechtfertigt, wenn es die Quelle, die beim gesundheitlichen Katastrophenfall doch als erstes heranzuziehen wäre, jedenfalls nicht sein kann. Wie gewohnt argumentiert er mit den „Infektionszahlen“, also der Anzahl positiver Testergebnisse.
Auf Basis von basalem Schulwissen ist für jeden klar erkennbar, dass Söders Rechtfertigung falsche Tatsachenbehauptungen enthält. Er unterstellt auf der betreffenden Pressekonferenz:
- eine Wirkung des nationalen „Lockdown light“, die selbst unter der Berücksichtigung der „14-Tage-Verzögerung“ nicht sichtbar ist. Die „Seitwärtsbewegung“ (Söder) beginnt erst nach drei Wochen. Man überprüfe das hier auf der Website der Bundesregierung. Mit der angeblich leichten Wirkung rechtfertigt er anschließend den „harten“ Lockdown. „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten“, soll Albert Einstein gesagt haben.
- eine „Überbelastung des bayrischen Gesundheitssystems“. Mit 3.289 belegten Intensivbetten war es jedoch am 23. Juli ausgelasteter als am 6. Dezember. Die drastisch steigenden „Infektionszahlen“ korrelieren offenkundig kaum mit der tatsächlichen Situation in den Krankenhäusern.
- ein exponentielles Wachstum. Wenn man den Graphen der positiven Testergebnisse schon mathematisch beschreiben will, so ähnelt (!) sein Verlauf am ehesten noch einer Sinusfunktion, die irgendwann „seitwärts“ abflacht. (Der Verlauf dieses Graphen hat seine eigene, von Maßnahmen weitgehend gelöste Gesetzmäßigkeit, die von Faktoren wie Jahreszeit und Testpraxis abhängt, was allerdings hier zu weit führen würde.)
Fazit: Der Laie benötigt nur zwei amtliche Quellen, um die falschen Tatsachenbehauptungen Söders als solche zu erkennen – nachweisliche Unwahrheiten, auf denen die weitere Entrechtung der bayrischen Bevölkerung basiert. Entsprechend wäre auch mit den Aussagen Angela Merkels und Jens Spahns zu verfahren.
Eines ist gewiss: In ihrem Wahnsinn werden sich diese Akteure nicht einmal von Franz Josef Strauß irritieren lassen: „Wer die Menschen verwirrt, wer sie ohne Grund in Unsicherheit, Aufregung und Furcht versetzt, betreibt das Werk des Teufels.“
Siehe zum Thema Intensivbetten auch dieses Achgut.com-Video