Felix Perrefort / 10.12.2020 / 11:00 / Foto: achgut.com / 59 / Seite ausdrucken

Selbstchecken ist gut für Deine Gesundheit

Die Corona-Politik zu kritisieren, bringt einem regelmäßig den Vorwurf ein, sich auf einem Gebiet zu versuchen, auf dem man sich nicht auskenne. Jedoch: Wo Wissenschaftler im denkbar höchsten Maße politisch werden, indem sie angeblich aus ihrem Fachwissen heraus die Notwendigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten ganzer Bevölkerungen herleiten, käme es einer bürgerlichen Selbst-Entmündigung gleich, sich darüber kein Urteil anzumaßen.

Deshalb muss man die politische Urteilskraft stärken, doch nicht derart, dass den Experten bloß andere entgegengehalten werden, womit man auf die autoritären Argumente der Maßnahmen-Befürworter nur seinerseits autoritär reagieren würde. Statt dessen durch ein selbstbewusstes Laientum, das sich seiner Grenzen und Möglichkeiten bewusst ist. Es gilt die bekannte aufklärerische Maxime, sich mit Mut seines eigenen Verstandes zu bedienen: Das Wissen, welches man benötigt, um die Corona-Politik vernüftig zu beurteilen, ist kein Hexenwerk. 

Nun hat Markus Söder am 6. Dezember in Bayern den Katastrophenfall ausgerufen, eine Entscheidung, deren Irrsinn leicht einzusehen ist. Ein Blick ins bundesweite DIVI-Intensivbetten-Melderegister, welches sich jeder, der sich zur Corona-Politik äußern möchte, als Lesezeichen in seinem Browser abspeichern sollte, gibt seit Monaten keinen Anlass zum Alarmismus. (Hier klicken, oben links „Bayern“ auswählen und dann nach unten scrollen zu „Gesamtzahl gemeldeter Intensivbetten“.)  

Dort sieht man: Am 6. Dezember wurden 710 Patienten mit positivem Testergebnis intensivmedizinisch behandelt. 3.144 Betten waren insgesamt belegt (Stand 6. Dez; Stand 9. Dez. sind es 3.165, es wird nachträglich geringfügig korrigiert). 2.200 (inkl. Notfallreserve) standen noch frei zur Verfügung. Auch für Bayern gilt, dass die absolute Anzahl frei verfügbarer Betten seit Mitte des Jahres kontinuierlich abgenommen hat, wogegen Söder nichts unternommen hat. Außerdem spiegelt sich das (angeblich mitunter exponentielle) „Steigen der Zahlen“ auch im zeitlichen Verlauf nicht in der Anzahl belegter Intensivbetten. Der violette Bereich bleibt recht konstant, eine bedrohliche Entwicklung ist beim besten Willen nicht zu erkennen.

Zum Vergleich: Am 20. August waren 3.124 Betten belegt. Zwischen der sommerlich-normalen und der winterlich-katastrophalen Bettenbelegung bestand also eine Differenz von ganzen 20 Betten. 

Söder behauptet nachweislich Falsches

Man darf sich also fragen, mit welchen Daten Söder die Drangsalierung der bayrischen Bevölkerung eigentlich rechtfertigt, wenn es die Quelle, die beim gesundheitlichen Katastrophenfall doch als erstes heranzuziehen wäre, jedenfalls nicht sein kann. Wie gewohnt argumentiert er mit den „Infektionszahlen“, also der Anzahl positiver Testergebnisse.

Auf Basis von basalem Schulwissen ist für jeden klar erkennbar, dass Söders Rechtfertigung falsche Tatsachenbehauptungen enthält. Er unterstellt auf der betreffenden Pressekonferenz:

  • eine Wirkung des nationalen „Lockdown light“, die selbst unter der Berücksichtigung der „14-Tage-Verzögerung“ nicht sichtbar ist. Die „Seitwärtsbewegung“ (Söder) beginnt erst nach drei Wochen. Man überprüfe das hier auf der Website der Bundesregierung. Mit der angeblich leichten Wirkung rechtfertigt er anschließend den „harten“ Lockdown. „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten“, soll Albert Einstein gesagt haben.  
  • eine „Überbelastung des bayrischen Gesundheitssystems“. Mit 3.289 belegten Intensivbetten war es jedoch am 23. Juli ausgelasteter als am 6. Dezember. Die drastisch steigenden „Infektionszahlen“ korrelieren offenkundig kaum mit der tatsächlichen Situation in den Krankenhäusern. 
  • ein exponentielles Wachstum. Wenn man den Graphen der positiven Testergebnisse schon mathematisch beschreiben will, so ähnelt (!) sein Verlauf am ehesten noch einer Sinusfunktion, die irgendwann „seitwärts“ abflacht. (Der Verlauf dieses Graphen hat seine eigene, von Maßnahmen weitgehend gelöste Gesetzmäßigkeit, die von Faktoren wie Jahreszeit und Testpraxis abhängt, was allerdings hier zu weit führen würde.)

Fazit: Der Laie benötigt nur zwei amtliche Quellen, um die falschen Tatsachenbehauptungen Söders als solche zu erkennen – nachweisliche Unwahrheiten, auf denen die weitere Entrechtung der bayrischen Bevölkerung basiert. Entsprechend wäre auch mit den Aussagen Angela Merkels und Jens Spahns zu verfahren. 

Eines ist gewiss: In ihrem Wahnsinn werden sich diese Akteure nicht einmal von Franz Josef Strauß irritieren lassen: „Wer die Menschen verwirrt, wer sie ohne Grund in Unsicherheit, Aufregung und Furcht versetzt, betreibt das Werk des Teufels.“

Siehe zum Thema Intensivbetten auch dieses Achgut.com-Video

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Steve Acker / 10.12.2020

Was mir bei den Divi-Gesamtzahlen seit 2 - 3Wochen auffällt. Die Anzahl Corona-Patienten auf Intensiv steigt jeden Tag ein bischen. so 20-50 aber es gibt einen hohen Durchlauf. Jeden Tag 400- 600 Neuaufnahmen, und fast die gleiche Zahlt mit beendeter Behandlung. das bedeutet doch dass die durchschnittlichen Verweildauer auf der Intensiv gering ist. Es wird doch immer von 3 Durchschnitt geredet. Das kann niemals sein, wenn man sich die Zahlen anschaut. Auch auffällig Todesfälle: tägllich so 100 - 180 Ziemliche Diskrepanz zu den RKi Zahlen von inzwischen bis zu 590. Ich dachte die schweren Fälle und Todesfälle sind auf der Intensiv.

Jan Sobieski / 10.12.2020

Wer nachweisliche “Falsches behauptet”, der lügt absichtlich und gehört sofort seines Amtes enthoben. Die Mehrzahl der bayrischen Michel wählt diesen Lügner aber weiter ins Amt und die ach so konservativen freien Wähler sind scheinbar weg-coronifziert.

Dr Stefan Lehnhoff / 10.12.2020

Hallo, Herr Just- die Meldung in diese Statistik wurde damals eigeführt(es gab schon andere)- der Anstieg ist ein reiner Artifakt. Tatsächlich werden Bettenkapazitäten seit Jahren abgebaut- u.a. Auf Betreiben von Spahn und Lauterbach…

Dr Stefan Lehnhoff / 10.12.2020

Da sehen Sie es, liebe Frau Grimm; Städte sind gefährlicher als das Land. Hier in München gibt es Lebkuchen, deswegen haben wir auch Ausgangssperre und ich spiele jeden Abend um 21 Uhr beim Merkel- lüften in voller Lautstärke den Gefangenen Chor von Nabucco…

U.L.Kramer / 10.12.2020

Wenn man interessiert ist und sich in alle Richtungen informiert, wird man manchmal fündig und wundert sich. So ging es mir heute, als ich einem Link folgte. Folgende Worte kann man auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit lesen: “In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen in der EU von ihr betroffen sind.” Rechnen wir die Zahlen auf 100.000 Menschen um, so kommen wir auf 50 von 100.000 Menschen. Das ist genau die Grenze, bis zu der eine Erkrankung noch als selten gilt. Und ab diesem Wert fangen die Politiker bereits an Panik zu schieben und einschränkende Maßnahmen zu verordnen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. So traurig wie es ist, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wie ich finde. Da im Frühjahr die Zahlen fast ausnahmslos in sämtlichen Bundesländern noch unter 50/100.000 Menschen lagen, wurde also aufgrund einer seltenen Erkrankung ein Lockdown verordnet. Hinzu kommt: diese Zahl bezieht sich auf die EU. Sollte sich also herausstellen, dass in der gesamten EU statistisch gesehen weniger als 50/100.000 Menschen Corona haben, dann wäre auch dieser Lockdown nun aufgrund einer seltenen Erkrankung erfolgt. Zumal ja, wie wir wissen, ein positiver Corona-Test noch lange keine Erkrankung bedeutet. Realsatire vom Feinsten, das kann man sich nicht ausdenken.

Petra Wilhelmi / 10.12.2020

Leider sagt die Statistik nur aus, dass Intensivbetten belegt worden sind mit Coronafällen. Ich weiß dennoch nicht, ob es wirklich Coronafälle sind oder Kranke, die im Intensivbett liegen und zufällig positiv getestet worden sind, obwohl sie gar kein C-19 haben. Auch Influenzafälle können durchaus in Intensivbetten liegen oder schlichtweg Lungenentzündungen. Des Weiteren weiß ich auch nicht ob die Beatmungsfälle alle auf C-19 zurückzuführen sind. Wir wissen es nicht. Deshalb ist es auch so leicht alle Intensivbetten auf Corona zurückzuführen, ebenso wie die Toten. Die Zahlen kann man auch wunderbar uminterpretieren, in dem man sagt, dass durch das Einsperren der Bürger die restlichen Intensivbetten nicht extra noch belegt werden müssen. Das wäre dann eine Erfolgsmeldung. Mit einer Statistik kann man alles beweisen, wenn die Grundlage ein Test ist, der Corona als Diagnose nicht zulässt.

Sascha Werner / 10.12.2020

Für mich erklärt sich die gleichbleibende Auslastung der Intensivstationen wie folgt. Da in Deutschland in den vergangenen “normalen” Jahren im Schnitt ständig um die 22000 Intensivbetten belegt sind, arbeiten die (wirtschaftlich orientierten) Kliniken entsprechend mit einer Menge an Pflegepersonal, das eben gerade in der Lage ist, diese 22000 Patienten zu betreuen. Mehr Pflegepersonal einzustellen wäre teurer und damit unwirtschaftlich. Kommt es jetzt zum Beispiel aufgrund einer Grippe- oder Coronawelle zu einem verstärkten Andrang, können trotz freier Bettenkapazität keine weiteren Patienten auf die Intensivstation aufgenommen werden - es fehlen die zur Betreuung nötigen Pfleger ... Ich bin nicht im Medizinbereich tätig und kann diese Theorie daher nicht bestätigen - vielleicht kann das ein Leser von achgut.

Karola Sunck / 10.12.2020

Was interessieren dem Söder schon das bundesweite oder bayrische Intensivbetten-Melderegister. Laut Söder fällt jeden Tag ein Flugzeug mit Hunderten Coronatoten vom bayrischen Himmel. Immer nur knapp neben die Münchener Staatskanzlei. Bin mal gespannt, wann endlich die Flugaufsichtsbehörde einschreitet und die Vielfliegerei der Corona Erkrankten verbietet , den Flugkorridor über München sperrt und die Absturzursachen ermittelt. Vielleicht steht ja den Fluggesellschaften das Wasser bis zum Hals und sie haben kein Geld mehr um ihre Maschinen zu warten und sie können auch ihre Piloten nicht mehr bezahlen. Die Maschinen werden wahrscheinlich jetzt von den infizierten Stewardessen geflogen, die es immer nur bis München und noch so gerade über die Staatskanzlei schaffen und denen dann wegen Corona die Puste ausgeht. Nur so ist es zu erklären, warum Söder immer von Flugabstürzen faselt. Wahrscheinlich träumt er den ganzen Tag von überzogenen Maßnahmen und überharten Lockdown und natürlich vom Kanzleramt. Aber ob der ausgeleierte Kanzlerstuhl von Merkels Gnaden, den nicht minder schweren Söder aushält, ist doch sehr fraglich. Vielleicht fällt er dann plötzlich auch aus allen Wolken, das Beben danach könnte auch in der Münchener Staatskanzlei vernommen werden!!

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