Henryk M. Broder / 13.02.2014 / 10:39 / 9 / Seite ausdrucken

Schulz & Schweiz

Wer sich am letzten Sonntag zufällig auf die Homepage von Martin Schulz verirrt hatte, der fand dort an erster Stelle eine ­Stellungnahme des Präsidenten des Europaparlaments zu der «Initiative gegen Masseneinwanderung», über die am gleichen Tag in der Schweiz abgestimmt wurde. «Martin Schulz warnt Schweizer vor einem ‹Ja›».

Die Meldung bezog sich auf ein Interview, das Schulz der NZZ gegeben hatte. Darin lobt er die Qualität der Debatte, die höher sei «als in anderen Ländern», äussert aber auch Kritik: «In der Schweiz gibt es offen fremdenfeindliche Parolen und Leute, denen man lieber nicht begegnen würde. Ich lese Organe der Blocher-Presse, die vor Fremdenfeindlichkeit strotzen.» Wobei er es unterliess, die «Organe der Blocher-Presse» beim Namen zu nennen.

Als dann kurz nach 17 Uhr das Ergebnis der Abstimmung feststand, muss Martin Schulz grade im Stau ohne Netzverbindung gesteckt haben. Oder die Entscheidung der Schweizer, die seine Warnung einfach ignoriert haben, hatte ihm die Sprache verschlagen. Der Mann, der demnächst Präsident der EU-Kommission werden möchte, schwieg wie ein mumifizierter Pharao in seiner Pyramide.

Schulz, der es vom Bürgermeister der Gemeinde Würselen bei Aachen bis an die Spitze der EU geschafft hatte, ist ein jovialer Rheinländer, der jede Hand ergreift, die sich ihm entgegenstreckt, und auf jede Schulter klopft, die seinen Weg kreuzt. Er kann nur Politik. Seine Warnung an die Schweizer, auf keinen Fall mit einem Ja zu der «Initiative gegen Masseneinwanderung» zu stimmen, versteht er nicht als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates, so etwas ist für ihn europäische ­Innenpolitik.

Denn Europa ist weder ein Staatenbund noch ein Bundesstaat, es ist eine Korporation, die eine eigene «Identität» entwickeln soll. Und wenn sich dann ein kleines Bergvolk den Anweisungen der Brüsseler Zentrale widersetzt, muss es eben mit Konsequenzen rechnen.

Möglicherweise wird Martin Schulz demnächst auf dem Weg in den Süden einen Bogen um die Schweiz machen. Noch schlimmer wäre nur, wenn seine Heimatgemeinde Würselen beschliessen würde, Schweizern und Lesern der Blocher-Presse den Eintritt zum örtlichen Spassbad Aquana zu verwehren.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Heinz Adalbert / 14.02.2014

Schulz,Verheugen,Ashton,van Rumpuy…... Es liegt mir fern, Menschen nach dem Äußeren zu beurteilen. Aber in der EU ist schon auffällig, dass Mitglieder des europäischen Spitzenpersonals oft nicht zu den Gesegnetsten vom Anblick her gehören. Da es nicht wahrscheinlich ist, dass die EU per se unattraktiv macht, kann ich mir vorstellen, dass es umgekehrt ist: Die oft Gehänselten verarbeiten ihr Schicksal durch Sublimierung. Legitim, durchaus, wenn dabei nicht solch eine unfassbare Arroganz herauskäme wie beispielsweise bei dem Würseler.

Ragnhild Vollmer / 13.02.2014

WJD* Wie beneide ich die Schweizer um ihre gelebte Volksabstimmung. Sie werden gefragt und nicht übergangen bzw. überrumpelt. Kennen die Schweizer denn überhaupt den ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde Würselen bei Aachen? *Wen juckt das!

Werner Förster / 13.02.2014

Das Abstimmungsergebnis über die Petition wäre ohne die Kommentare des Herrn Schulz wahrscheinlich nicht in der Weise ausgefallen. Man könnte vermuten, dass der schlaue Blocher das Schulze-Statement kurz vor der Wahl absichtlich provoziert hat.

Michael Geier / 13.02.2014

Schulz und kein Ende! Ein mittlerweile personifiziertes Ärgernis, der seine nun mal nicht zu leugnende “Charly Brown im Endstadium”-Aura, durch feudalherrschaftliche Ansprüche sowie beginnenden Allmachtphantasien zu kompensieren versucht. Und es in der Tat eine nicht mehr hinnehmbare Ungeheuerlichkeit, wenn sich dieser und andere Zwangsbeglückungsvergewaltiger mittlerweile wieder derartige Aussprüche (“besser, wenn wir nicht sofort losschlagen; die sind verblödet, die Schweizer”.....)  leisten können, ohne dass dies nicht zu sofortigen Konsequenzen führt. Es wird Zeit aufzuwachen! Schulz u. Co haben sich nicht zum ersten mal über ihr Verständnis von Demokratie geoutet.  Denn, in Anlehnung an Herrn Broders letzten Schulz-Artikel, bleibt unumstritten festzuhalten, dass hinter der Schokolasur dieser profanen Gestalten schon die Panzerfaust lauert, auch wenn sie damit (vorerst) nur verbal die Länder gegeneinander aufhetzen.  Es sind Leute, die längst die Axt an die Wurzeln der Demokratie gelegt haben und uns immer mehr in die Phase eines “Vorkrieges” führen. Es sind Leute, die ihr morbides Tun wieder mal mit einer Art “hehrem Ziel” rechtfertigen, dessen Sinn und Zweck sie aus einem “großen, übergeordneten Plan” speisen, den “jetzt” nur noch nicht alle begreifen können/wollen. Geschichte scheint sich, nur in anderem Gewande, zu wiederholen! Wehret den Anfängen!

Henryk R. Chrusciel / 13.02.2014

Schulz & Schweiz & Schmitz Zum “Spaßbad” genannten Zuschussbetrieb wird CDU-Fraktionsvorsitzender Karl-Jürgen Schmitz zitiert: „Das Aquana belastet nach wie vor nachhaltig unseren Haushalt. Wir haben immer gesagt, so lange uns die Schließung mehr kostet als der Betrieb, halten wir am Aquana fest.“ Diese Sätze sollten wir uns merken. Für Aquana können wir beliebige Begriffe wie EU, Energiewende oder Freizügigkeit einsetzen. Auf das erfolgreiche Wirken des Kapos aus Würselen können wir uns jedenfalls verlassen. Wir können ihn auch als EU-Präsidenten auf`s Beste empfehlen. Aachener Zeitung online - Würselen pumpt weiter Geld ins Aquana

Mario Bernkopf / 13.02.2014

Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die Chance, daß das Würstchen aus Würselen die Nachfolge des fast ebenso famosen Herrn Baroso antritt?

Thomas Rießinger / 13.02.2014

Dem Satz “Er kann nur Politik” muss ich widersprechen. Die kann er auch nicht, was ihn für seine europäischen Posten ohne Frage qualifiziert.

Jürgen Frohwein / 13.02.2014

Wenn man in den letzten Tagen das irgendwie verzerrte Gesicht des Möchtegern-EU-“Führers” und seine Statements in den Medien erlebt hat, dann kann zumindest ich verstehen, das ein Nigel Farage Schulz vor dem EU-Parlament als “undemokratischen Faschisten” und der ehemalige italienische Präsident Berlusconi ihn als geeignet empfand, in einem KZ-Film als Kapo mitzuspielen. Letzter trauriger Auftritt in Israel, es gehört schon einiges dazu, Abgeordnete während einer Rede aud dem Saal zu treiben.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 01.12.2023 / 15:00 / 28

Irre ist das neue Normal (7)

Geht es um Israel, die Palästinenser, das Pogrom vom 7. Oktober und den Krieg in Gaza, melden sich immer mehr Experten zu Wort, die beweisen,…/ mehr

Henryk M. Broder / 09.11.2023 / 14:00 / 59

Wehret den Anfängen? Dafür ist es jetzt zu spät!

Es ist alles schon mal dagewesen. In den Protokollen der Weisen von Zion, in den Gesetzen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre,…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.11.2023 / 12:00 / 48

Die Baerbock-Sprünge über den eigenen Schatten

Nach ihren Reisen in den Nahen Osten und nach New York, zur Stimmenthaltung bei einer gegen Israel gerichteten UNO-Resolution, kümmerte sich Außenministerin Annalena Baerbock um…/ mehr

Henryk M. Broder / 01.11.2023 / 14:00 / 112

Irre ist das neue Normal (5): Die Grenzenlose

Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus findet, dass wir eine Grenze zur Aufnahme von Flüchtlingen „noch lange nicht erreicht haben“. Dabei gibt es schon bei uns mehr…/ mehr

Henryk M. Broder / 30.10.2023 / 06:15 / 96

Irre ist das neue Normal (4): Ein deutscher Diplomat

Der deutsche Top-Diplomat Christoph Heusgen stellt sich im „heute journal" des ZDF hinter den UN-Generalsekretär Guterres und phantasiert über eine Zwei-Staaten-Lösung, die er zum „geltenden…/ mehr

Henryk M. Broder / 23.10.2023 / 15:00 / 34

Irre ist das neue Normal (2)

Früher war das Betreten des Rasens verboten, heute ist der „Generalverdacht“ ein vermintes Gelände. Zwei Beispiele aus dem Gruselkabinett der letzten Tage. Vor etwas weniger…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com