Rene Manu
Vor einigen Wochen war ich in Berlin-Charlottenburg, in einem gut bürgerlichen Stadtteil Nähe Lietzensee, zu einer Party eingeladen. Eine Freundin feierte Ihren 45 Geburtstag. Viele Akademiker waren da, meist Psychologen und Architekten, und natürlich einige Familienmitglieder.
Ich weiß nicht mehr, woraus sich das Thema entwickelte, aber plötzlich waren wir mitten in einer Diskussion über die vermeintlich humanste Art, Menschen zu töten. Im Gespräch waren Hinrichtungsarten aus dem Mittelalter bis zur Neuzeit - elektrischer Stuhl, Guilloutine, erschießen, erwürgen, erhängen, ertränken, begraben, vom Felsen stürzen, verbrennen, vergiften, kreuzigen, steinigen und einige mehr. Eine Architektin, Mitte 40, adrett aussehend in ihrem Businesskleid und selbstbewusst wirkend in ihrem Verhalten, meinte dann allen Ernstes, die humanste Tötungsart habe es im Dritten Reich gegeben, die Gaskammern, mit der Begründung, die Juden seien nicht allein gestorben, sondern hätten im Todeskampf noch ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln können.
Da fiel mir nichts mehr ein! Im ersten Moment erstarrte ich, war weder handlung- noch sprechfähig. Die Diskussion setzte sich fort, es gab weiterhin pro und contra für diese oder jene Tötungsart, aber niemand unter jenen christlichen, atheistischen, aufgeklärten und studierten Deutschen regte sich über das „Gemeinschaftsgefühl in den Gaskammern“ auf.
Im zweiten Moment dann zog ich es vor zu gehen, ohne mich zu verabschieden. Manchmal fühlt man sich in Deutschland als Jude ein wenig einsam!