Als “Ossi” habe ich nichts gegen die Bezeichnung “Wende”. Zeitenwenden gab es viele - auch die Französische Revolution läutete eine solche ein. Die Treuhand hat aber jedoch tatsächlich viel Porzellan zerschlagen, ich möchte hier nur das allgegenwärtige Beispiel des Werkes Carl Zeiss Jena anführen. Und auch ansonsten gab es viele unrühmliche Entscheidungen, ganz sicher jedoch auch gute. Was die SPD betrifft, wenn sie sich auf die Historie beruft: Bis 1945 gab es eine gemeinsame deutsche Geschichte. Diese entwickelte sich danach für 40 Jahre auseinander. SPD und KPD fusionierten zur SED. Dieses mögen die Funktionäre ebenso berücksichtigen. Es gehört ebenso zur ostdeutschen SPD-Geschichte. Leider fehlen der “Ost-SPD” (wie ich es an sich überhaupt nicht mag, nach all er Zeit immer noch zu unterscheiden!) Charaktere wie Regine Hildebrandt. Eine hervorragende Frau - und wenn ihre Wortwahl auch manchmal abglitt (wortgemäß: “Seid ihr denn alle bescheuert?”), so hatte sie Substanz und Charisma. Und war ein wahrhaftig. Im Gegensatz zu Frau Nahles, die zwar in Zügen genau so spricht, aber es steckt nichts dahinter.
Als eingeborener Sachse muss ich gestehen, dass ich die Botschaft des Beitrags nicht erkannt habe. Jedenfalls haben die Sozis in Sachsen seit der Wiedervereinigung keine tragende Rolle gespielt und werden im Herbst 2019 froh sein müssen, hier die 5% Hürde zu schaffen.
Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand. Die GroKo hat genau das ohne jede Not verspielt und die SPD in Sachsen hat es immer noch nicht verstanden. Was den Aufsatz betrifft: mein Vater war nach der Wende als freier Unternehmensberater im Osten tätig und was dort ablief, war Turbokapitalismus! Den Ostfirmen sind dermassen die Hosen runtergezogen worden, dass mein Vater sich oft für seinen Berufsstand fremdgeschämt hat. Mitten dabei die “üblichen Verdächtigen” wie z.B. Mckinsey. Mit Tagessätzen von 1500 DM konnten diese Firmen selbst an absoluten Pleitefirmen noch gut verdienen und mit den entsprechenden Verbindungen zur Treuhand, wurden die Berater mit staatlicher Hilfe “unterstützt”. Viel zu oft liefen diese Firman dann noch ein Jahr lang weiter und gingen dann in die Insolvenz.
Lieber Herr Weißgerber, Nach einer so langen Zeit trügen einen manchmal doch die Erinnerungen. Sind sie sich mit der Zuordnung des Begriffs „Wende“ an GrinseKrenz wirklich sicher? Ich glaube mich (als kleines Rädchen der damaligen Geschehenisse, später im November in die SDP eingetreten, die SPD jedoch seit längerem im Zorn verlassen habend) zu erinnern, dass dieser Begriff schon vor Krenzs Fernsehansprache im demonstrierenden Volk genutzt wurde, um in der bauernschlauen Schwarmintelligenz de Massen die ablaufende Revolution taktisch geschickt nicht als solche anzusprechen und damit die überraschte, aber erkennbar noch gefährliche Gegenseite in der Illusion zu wiegen, es könne vielleicht doch noch alles gut gehen. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich empört, aber auch belustigt aufschrie, als dieser lächerliche Schnösel es sich im Abendprogramm des Deutschen Fernsehfunks der DDR sich mit der Formulierung „Mit der Wende, die wir eingeleitet haben“ die arrogante und eitle Behauptung erlaubte, die Handlungsinitiative läge bei der SED. Für mich war das damals ein historischer Schlüsselmoment, wurde dadurch doch deutlich, wie wenig die alten Eliten doch die Zeichen der Zeit verstanden hatten. Es wäre doch interessant, würde man die Historiker und Archivare mal nach Belegen suchen lassen.
Wer einen Wirtschaftsbetrieb übernimmt, macht einen Kassensturz und analysiert gründlich vor weitreichenden Entscheidungen. In der Beziehung war die Treuhsnd nicht gut.
@Peter Volgnandt: Theoretisch hätte nach der Wiedervereinigung (nicht davor - dafür war das Zeitfenster zur Vollendung der staatlichen Einheit viel zu winzig!) eine neue gesamtdeutsche Verfassung ausgehandelt werde können. Diese Sichtweise aber ignoriert die Tatsache, dass die übergroße Mehrheit der Menschen von Mecklenburg bis Thüringen sich damals für den schnellen Weg und für den Beitritt nach Art. 23 GG entschied. Anders, als oft dargestellt wird, wurde der östliche Teil Deutschlands 1990 weder „besetzt“ noch „angeschlossen“. Es war vielmehr die freie, sehr natürliche und sehr vernünftige Entscheidung der Ostdeutschen, dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beizutreten, wenn man bedenkt, dass sich das Grundgesetz damals schon seit mehr als vierzig Jahre bewährt hatte.
Herr Weißgerber, es ist leider so, anderes als die neugegründete ostdeutsche SDP 1989, hatte und hat die westdeutsche SPD bis heute ein reichlich gestörtes Verhältnis zu ihrer eigenen Geschichte - und, was ich persönlich immer fatal fand: zur Freiheit. Der Sozialismus war ihr oft wichtiger, so wie viele Genossen eher die „Internationale“ mit Inbrunst sangen statt „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Nur so ist zu verstehen, warum die SPD überhaupt auf die Idee kommen konnte, gemeinsame Sache mit der SED zu machen, anstatt sich sofort mit Feuereifer hinter die SDP nach deren Gründung zu stellen. Nein, die westdeutschen Genossen zierten sich zunächst, fast hatte man den Eindruck, die Sozialdemokraten im anderen Teil Deutschlands waren ihnen hochnotpeinlich. Da passt ihr heutiges „Narrativ“ von der Krenzschen „Wende“ und der entsprechenden „Nachwendezeit“ doch wie die Faust aufs Auge. Und weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte, wird heute auch lieber unter den Teppich gekehrt, dass gerade die Sachsen die ersten waren, die offen gegen das SED-Regime und für Einigkeit und Recht und Freiheit aufstanden.
Herrn Rühl muß ich rechtgeben. Man hätte damals mit der DDR ein neues GG aushandeln können. Das wär zwar nicht viel anders gewesen als das jetzige, aber die Bürger der damaligen DDR hätten das Gefühl gehabt, in einen Staat einzutreten, an dessen Ausgestaltung sie mitgewirkt haben. So sind sie halt nur in die alte BRD eingetreten. Psychologisch ganz schlecht!
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