Gastautor / 08.12.2007 / 12:45 / / Seite ausdrucken

Paul Nellen: Islam ist so. Nur die Muslime sind anders.

“Islam ist so und die Muslime sind anders” - das
wissen wir spätestens, nachdem uns Frau Ayten
Kiliçarslan, die Vize-Generalsekretärin der DITIB bei
Plasberg im WDR vor einigen Monaten noch einmal daran
erinnert hat. Hat sich nicht schon der
grimmig-drollige Osmin in der
“Entführung aus dem Serail” ein Schlückchen Rebensaft
gegönnt?

Natürlich will Frau Kiliçarslan uns nicht sagen: “Wird
alles nicht so heiß gegessen wie es im Koran gekocht
wird”. Frau Kiliçarslan bricht keine Lanze für die
freiheitlichen, weltlichen, an westlichen Werten
orientierten Muslime: die Tibis, Keleks, Ates’,
Medebbs oder Manjis, ganz zu schweigen von den
Kopftuchablegerinnen oder den bedrohten und
“ehren"ermordeten Frauen. Sie meint vielmehr, die
Ehrenmörder und Zwangsverheirater seien eben ganz
“anders”, als es im Islam eigentlich vorgesehen ist.
Denn im Normalzustand ist der Islam friedlich, im
Gegensatz zu vielen Muslimen.

Wobei mir jedesmal der wunderbare Satz von Frank Rizzo
einfällt, eines früheren Polizeichefs von
Philadelphia: “The streets are safe in Philadelphia.
It’s only the people who make them unsafe.”

Aber das wollte ich eigentlich gar nicht wieder
erwähnen.

Eigentlich suche ich ja immerzu nach Beispielen dafür,
wie recht Frau Kiliçarslan doch in Wahrheit hat,
während ich ständig am Islam rummäkle und nur solche
Muslime gelten lasse, die gar keine mehr sind. Ich
finde, das ist gegenüber der Weltreligion Islam unfair
und gegenüber den vielen netten Muslimen, die wir
kennen, erst recht.

Also habe ich heute mal wieder eine meiner
Lieblingszeitungen aufgeschlagen, die britische TIMES,
die in “Londonistan” herausgegeben wird, weswegen sich
dort immer mal wieder lebensnahe Berichte aus der
schleierhaften Welt des europäischen Islam
wiederfinden lassen.

Diese hier hat mich ehrlich gesagt etwas verwirrt,
weswegen ich Euch davon berichte.

“Daughter of imam under police guard for converting
(to Chritianity)” - also: die Tochter eines Imamen,
eines Vorbeters in der Moschee, steht unter
Polizeischutz, weil sie vor vielen Jahren mal ins
Christentum gewechselt ist und seither von ihrer
fromm-muslimischen Familie mit dem Tode bedroht wird.

http://www.timesonline.co.uk/tol/news/uk/crime/article3007677.ece

Schlimm, so was! Ich würde jetzt am liebsten zum Hörer
greifen und Frau Kiliçarslan anrufen, wie sie das
findet. Aber das kann ich mir schenken - bei Plasberg
hat sie uns ihre Antwort ja schon gegeben, schlicht
und einfach, damit man’s auch behält:

“Islam ist so und die Muslime sind anders”.

Und natürlich wird sie auch das noch einmal
wiederholen, was sie ebenfalls in “hart aber fair”
schon gesagt hat (alle Zitate von ihr lt. WIKIPEDIA)
und was sie auch für den Religionswechsel bestätigen
wird:

„Zwang in Ehe oder egal in welcher gesellschaftlichen
Form - das findet im Islam, im Koran, in Theologie
seinen Widerspruch.“

Frau Kiliçarslan - ich bin richtig froh, dass Sie das
sagen! Man müßte ja wirklich Angst haben, dass sich
hier oder in Europa mehr und mehr grundgesetz- oder
menschenrechtsfreie Zonen ausbreiten, in denen - ja,
wer oder was eigentlich? - der Islam und/oder die
Muslime über das Leben der Menschen richten.

Allerdings, Frau Kiliçarslan, bewegt mich jetzt doch
eine Frage:

Wenn schon ein Imam, eine wichtige religiöse Figur in
der muslimischen Gemeinde - ein Vorbild an Frömmigkeit
also und jemand, von dem man wohl annehmen darf, dass
er in seinem Denken und Tun eins ist mit der von ihm
vorgelebten Religion des Islam -, wenn also schon so
jemand Todesurteile gegen seine eigene Tochter
ausspricht und dabei seine ganze Familie hinter sich
weiß, dann könnte doch der Verdacht naheliegen, dass
der von Ihnen vehement vorgetragene Unterschied “Islam
ist so und die Muslime sind anders” vielleicht doch
nicht _so_ groß und so erheblich ist, wie Sie es uns
dummen Christenbengeln (und -bengelinen natürlich)
gerne weismachen wollen.

Dass also vielleicht Muslime und Islam gerade und
meist genau so viel miteinander zu tun haben, wie dies
die Tochter des britischen Imamen wohl erlebt haben
mußte, ehe sie vor 1 1/2 Jahrzehnten den Laden
verließ, den Sie, Frau Kiliçarslan, in Deutschland
vertreten und dessen Heiliges Buch für Sie, wie Sie
selbst sagen, immer noch wichtiger ist als das
Grundgesetz.

Frau K. ist übrigens sehr erfahren darin, uns den
friedlichen Islam nahezubringen - ist sie doch die
Dialog-Muslimin schlechthin:

“Frau Kiliçarslan vertritt die D?T?B in der
Deutschen Islamkonferenz und ist dort zurzeit die
einzige Frau mit Kopftuch. Sie gehört zu den
Koordinatorinnen des Islamforums NRW, welches sich im
Dialog der Muslime mit Kirchen, interreligiösen
Dialogorganisationen und staatlichen Stellen in NRW
engagiert” (WIKIPEDIA).

Wie gut, dass Frau Kiliçarslan so sehr mit dem
Dialogisieren beschäftigt ist, dass sie wahrscheinlich
nicht dazu kommt, von der Tochter des schrecklichen
Imamen von Lancashire aus der TIMES zu erfahren. Sonst
würde sie womöglich eines Tages noch sagen: 

“Islam ist so und die wahren Muslime sind nicht
anders”.

Es sei denn, sie werden Atheisten oder wechseln die
Religion oder legen das Kopftuch ab oder fangen
einfach mal an, selbständig zu denken, ohne mit dem
Tod bedroht zu werden.

Auch das soll es im Islam ja mal zeitweilig gegeben
haben. Letztmals etwa vor 1000 Jahren, ehe die Tore
des Idschtihad, des unabhängigen Denkens, geschlossen
wurden. Seitdem gibt es Dialog und Islamkonferenzen
zur Vermeidung von Mißverständnissen. Klare Worte,
klare Taten.

So, wie sie der Imam von Lancashire wahrscheinlich
auch liebt.

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