Mein Körper gehört mir und nicht dem Staat oder der Gesellschaft. Ein Staat, der für sich Verfügungsmacht über meinen Körper ohne meine explizite Zustimmung beansprucht, hört auf ein freiheitlicher Staat zu sein. Er verwandelt sich in ein menschenverachtendes Regime, das Menschen selbst noch über den Tod hinaus als Humanressource auszubeuten trachtet. Herr Heitmann, sie stellen - zurecht, möchte man meinen - den persönlichen Widerruf der Organabgabe unter den Vorbehalt ‘ginge es nicht um Menschenleben’. Ein individueller ethischer Entscheidungskonflikt, der wie dieser erst durch den Gesetzgeber künstlich herbeigeführt wird, ist nur dem Anschein nach persönlicher Natur. Letztlich beginnt hier bereits die politische Repression durch den Staat über den Weg der moralischen Erpressung noch vor der faktischen Organentnahme. Es ist also im Kern ein rein politischer Konflikt, dem nur durch massenhafte Verweigerung (Widerruf) zu begegnen ist. Dass dieser Vorschlag ausgerechnet von Jens Spahn kommt, ist für mich eine große Enttäuschung. Vielleicht hatte ich mir von Herrn Spahn in meiner noch stets hoffnungsvollen Naivität einfach zu viel erwartet. Nun scheint er mir doch nur eine weitere Ausgabe jener politischen Karrieristen ohne staatsmännische Weitsicht, denen jedes tiefgehende Verständnis essentieller Fragen des Verhältnisses von Freiheit und Staatlichkeit abgeht.
Nennen wir es doch, analog zur Propagandasteuer, “Organbeitrag”. Damit würde die Akzeptanz im Vo - sorry, in der Bevölkerung, sicher erhöht, und alle würden gern geben.
Ja eben, es geht um Menschenleben. Somit hat sich der Autor bereits in der Einleitung die Antwort selber gegeben, warum eine ‚Zwangsabgabe‘ von Organen einzig sinnvoll ist. Noch dazu mit dem Hintergrund, dieser widersprechen zu können. Insofern also ein kleines Husten im Walde oder besser gesagt, ein kindliches ‚ja aber‘ der Artikel…
Meinen Organspende -Ausweis habe ich schon vor einiger Zeit, als diese Idee aufkam, entsorgt. Ich widerspreche hiermit ausdrücklich einer Organabgabe oder einer medizinisch-wissenschaftlichen Verwendung meiner körperlichen Überreste. Werde ich mir meinen Widerspruch nun auf den Körper tätowieren lassen müssen? Oder wird es eine zentrale Datenbank geben, in der mein Unwille post mortem körperlich enteignet zu werden eingetragen werden kann? Unfassbar, was in diesem Land Blüten treibt.
Herr Heitmann, wenn Sie auch auf ein Spenderorgan angewiesen sind, denken Sie dann immer noch so?
Sehr geehrter Herr Heitmann, mit Verlaub, aber was Sie da schreiben, ist Unsinn. Die sogenannte “Entscheidungslösung” ist ja gerade keine Entscheidungslösung. Man muss sich gerade nicht entscheiden und überlässt damit diese unglaublich schwierige Entscheidung den Angehörigen in einer Situation, die ohnehin leidvoll ist und meist auch unter Zeitdruck getroffen werden muss. Die “Entscheidungslösung” ist mal wieder ein deutscher Sonderweg und er ist mal wieder gescheitert. Die Zustimmung zur Organspende in der Bevölkerung steigt übrigens und liegt bei fast 80%! Machen wir es doch so, wie fast alle europäischen Nachbarländer. Die haben nämlich in der absoluten Mehrzahl die Widerspruchslösung. Die Niederlande haben diese gerade Anfang des Jahres eingeführt. Sie wollen doch nicht glauben, dass das dort diktatorisch “von oben” als “Zwangsabgabe” verordnet wurde? Im Übrigen werden Sie auch in anderen Lebensbereichen zu einer Entscheidung “gezwungen” und trotzdem kann man unser Land im wesentlichen sicher noch als freiheitlich bezeichnen, oder?
Diese Diskussion passt in unsere Zeit. Glauben doch unsere Eliten, der Bürger gehöre dem Staat und er dürfe frei über ihn bestimmen und verfügen. Orwell at its best.
Toten können keine Organe entnommen werden. Man muss den Menschen erst die Organe entnehmen und ihn dann ist dadurch töten. Da denke ich, dass fuer diesen schwerwiegendensten Eingriff in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit die Einwilligung des Inhabers unerlässlich ist. Und zwar eine ausdrückliche. Berlin droht dasselbe Debakel wie beim luftsicherheitsgesetz, dem ersten gesetz, dass als Gesetz die Menschenwürde verletzt hat. In meinem Studium wusste der Professor noch für ein Beispiel auf die nuernberger rassegesetze zurückgreifen. Niemand kann gezwungen werden, sein Leben für andere zu opfern. Basta.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.