„Ich bezweifle, dass Donald Trump Lösungen für die Konflikte in der Welt und auch im Nahen Osten liefert. Ich weiß aber, dass er nicht deren Ursache ist“, sagt Zeitgeisterjäger Matthias Heitmann in der aktuellen Ausgabe der Audiokolumne „Der WochenWahnsinn“ im Gespräch mit dem Antenne-Frankfurt-Moderator Tim Lauth. „Man kann Trump auch nicht vorwerfen, vom richtigen Pfad der internationalen Friedenspolitik abzuweichen. Es gibt keinen Pfad: Der „Friedensprozess“ im Nahen Osten stagniert seit Jahren, und dazu hat federführend Barack Obama beigetragen mit seiner ängstlichen und zugleich gewalttätigen Außenpolitik. Seit Jahren läuft westliche Außenpolitik nach demselben Muster ab: Die Weltgemeinschaft bläht Konflikte auf und eskaliert sie, und anschließend tritt sie sich die Füße platt in den Krisenregionen der Welt und ruiniert dabei nicht nur die dortigen Gesellschaften und deren Zukunft, sondern auch unseren Glauben an die Demokratie.“ Zum Podcast geht es hier entlang.
Tim Lauth: Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe des WochenWahnsinns! Ich gehe wieder auf Zeitgeisterjagd mit dem Mann, der das gleichnamige Hardcoverbuch und E-Book geschrieben hat: Matthias Heitmann. Matthias, Donald Trump hat Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und angekündigt, die US-Botschaft dorthin zu verlegen. Das riecht nach Ärger, schon jetzt. Was hältst Du von dieser Entscheidung?
Matthias Heitmann: Es ist wie bei allem, was Donald Trump tut: Die Reaktion ist hysterisch, und keine Metapher ist stark genug, um ihn zu verteufeln. Dabei ist die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem den Israelis schon vor langer Zeit versprochen worden, und immer wieder wurde sie vertagt, aus mehr oder minder fadenscheinigen Gründen, oder, um es klar zu sagen: aus Angst davor, der tiefgefrorene Friedensprozess im Nahen Osten könnte aufgetaut werden.
Lauth: Ja, aber ist die Gefahr eines Flächenbrands nicht real?
Heitmann: Die Gefahr ist ohnehin vorhanden, das sieht man daran, dass jeder Anlass ausreicht, um die Palästinenser zum Toben zu bringen. Vor ein paar Monaten waren es die Metalldetektoren am Tempelberg, jetzt ist es die US-Botschaft in Jerusalem. Man kann über die Motive von Donald Trump diskutieren, auch darüber, ob es ein mutiger oder eher ein ahnungsloser Schritt ist. Andererseits stagniert dieser sogenannte „Friedensprozess“ seit Jahren, und dazu hat federführend Barack Obama beigetragen mit seiner ängstlichen und zugleich gewalttätigen Außenpolitik. Jetzt löst Trump ein gebrochenes Versprechen von Obama ein, nämlich die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, und man hat den Eindruck, als ob die westliche liberale Intelligenzija gemeinsam mit den Palästinensern auf die Barrikaden geht. Das ist wirklich absurd! Zur Erinnerung: Israel ist die einzige echte Demokratie im gesamten Nahen Osten.
Lauth: Matthias, Du hast in einer der letzten Ausgaben des „WochenWahnsinns“ gesagt: „Alles, was anders ist, ist gut“. Gilt das auch für den Nahen Osten?
Heitmann: Nun, ein Weiter-so ist jedenfalls keine Lösung. Seit Jahren läuft westliche Außenpolitik nach demselben Muster ab: Konflikte werden durch Einmischung und Internationalisierung angeheizt und aufgebläht, dann wird mehr oder minder gezielt draufgehauen, um dann das Ganze erst ausbrennen zu lassen und dann einzufrieren. Man spielt sich als neutraler Vermittler auf, dabei ist eigentlich nicht Vermittlung, sondern Kontrolle das Ziel. Schau Dir die Lage auf dem Balkan an: Wie viele Jahrzehnte will der Westen dort eigentlich noch ohne jede Perspektive Protektorate unterhalten und ganze Gesellschaften bevormunden? Auch dort geht man nach diesem Prinzip vor: Deckel drauf, Polizeistaaten aufbauen, damit Ruhe herrscht, und das Ganze einfrieren, weil Friedhofsruhe fast so klingt wie Frieden. Dass man die eigenen westlichen Werte über Bord wirft, um Stabilität zu sichern, macht die Sache nicht besser. Man kann nicht in einer Sackgasse stehenbleiben und dann darauf hoffen, dass einem die Menschen auf Dauer glauben, man wisse, wo es langgeht.
Lauth: Ok, Matthias, ich verstehe, was Du meinst. Interessant ist ja auch, dass den Russen immer vorgeworfen wird, Konflikte erst zu eskalieren und dann einzufrieren und sich dort gut einzurichten. Warum ist die westliche Außenpolitik eigentlich letztlich keinen Deut besser?
Heitmann: Das ist die Politik der Alternativlosigkeit, die wir ja so gut kennen, nur diesmal eben nicht daheim oder in Europa, sondern übertragen auf die Weltpolitik. Ich bezweifle, dass Donald Trump Lösungen für diese Konflikte liefert. Ich weiß aber, dass er nicht deren Ursache ist. Man kann ihm auch nicht vorwerfen, vom richtigen Pfad abzuweichen. Es gibt keinen Pfad: Die Weltgemeinschaft tritt sich die Füße platt in den Krisenregionen der Welt und ruiniert dabei nicht nur die dortigen Gesellschaften und deren Zukunft, sondern auch unseren Glauben an die Demokratie.
Lauth: Hmm, das klingt leider wirklich nicht besonders gut. Für die Menschen in diesen Regionen gibt es derzeit wirklich wenig Grund für Optimismus. Aber vielleicht liegt das eben daran, dass alles so festgefahren ist. Vielleicht müssen die Dinge wirklich ins Rutschen kommen, auch in den Beziehungen zwischen den Israelis und den Palästinensern. Wir werden das Thema weiterverfolgen wie auch unsere Suche nach guten Gründen für Optimismus im WochenWahnsinn mit Matthias Heitmann. Bis dahin, machen Sie es gut und besser!
Nach den ausverkauften Vorstellungen im Oktober und November stehen die nächsten Termine für das Bühnenprojekt „Zeitgeisterstunde“ von Matthias Heitmann und Tim Lauth bereits fest. Am 21. Januar und am 11. März 2018 laden die beiden in das Frankfurter Kabarett „Die Schmiere“ und liefern, was man heute kaum noch gewohnt ist: gute Gründe für Optimismus. Karten für diese Vorstellungen gibt es bereits jetzt – und die sind ein tolles Weihnachtsgeschenk! Mehr Infos unter: zeitgeisterstunde.de.
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