Also wenn ich hier lese: “Die Meinungsfreiheit ist unteilbar, sie gilt völlig losgelöst vom Inhalt der Meinung…”, dann erinnert mich das an heftige Diskussionen in der Zeit der Biermann-Ausweisung in der DDR. Ob Denkfreiheit schon Meinungsfreiheit ist und ob das denn auch Redefreiheit bedeutet oder schlimmer noch, öffentlich sein darf? Oder noch schlimmer: Kunst oder Poesie? Und was öffentlich ist, ab neun Augen oder schon ab fünf? Oder erst im Fernsehen? Westfernsehen war keine Meinung, das war Agitation und Subversion. Das ergab sich klar aus der Logik und dem Selbstverständnis jedes überzeugten Parteilinken. Und ich bin völlig sicher, der Paragraf über die Meinungfreiheit in der DDR-Verfassung war auch genau so gemeint. Jetzt komme doch mal ein Libertist in dieses Millieu und behaupte, der Begriff der Meinungsfreiheit sei so völlig missverstanden. Mit welchem Befug kann man so etwas behaupten? Da können Sie 500 bedeutende Gelehrte zitieren, was immer Sie dazu sagen, es bleibt Metaphysik. Heute herrscht eine Wahlmehrheit über die Gesellschaft, die sich in grundlegenden Fragen an einem Grundlagenpapier orientieren muss, das eine der Bibel vergleichbare ultimative Weisungskraft besitzt. Ein Stück Papier! Ich weiß nicht, ob sich jemand trauen würde, die Bevölkerung über die einzelnen Paragrafen abstimmen zu lassen. Aber jeder weiß, da steht nichts konkretes drin, besonders nicht über die Meinungs- und Redefreiheit. Was nichts anderes bedeuten kann, als es ist offen, es darf gestaltet werden. Wieso darf das Papier selbst dann nicht verändert werden? Weil es von aus heutiger Sicht Konservativen gemacht wurde, die gebildet und welterfahren genug waren für Jahrzehnte voraus? Oder weil die Gesellschaft etwas braucht, wo drin steht, was selbst der Souverän dürfen soll und was nicht? Worüber man nicht geteilter Meinung sein darf? Weil es Kreise gibt, die Angst vor Gestaltung haben? Was bedeutet es denn, wenn Mehrheiten in einer Gesellschaft den Willen haben, es dürfe bestimmte Meinungen nicht geben? Was, wenn sie auch die gestalterische Macht haben? Ist es dann nicht Frevel und illegal, mit seiner Meinung über das Stadium des Denkens hinaus zu wollen? Ich bin da im Gegensatz zu all den Leuten, die offenbar ganz genau Bescheid wissen, vollkommen unschlüssig, was ich dazu meinen soll.
Viele Dank für dieses starke Plädoyer für die Meinungsfreiheit. Wären alle Menschen wie Sie und ich, müßten der kleine Heiko und seine staatlich geprüfte Oberdenunziantin sofort nach Hause gehen.
Ich bin ja der Meinung, dass man die Qualität einer Demokratie tatsächlich an dem Umfang der gewährten Meinungsfreiheit ablesen lässt. Und da stellt man schnell fest, dass es mit unserer “Demokratie” nicht weit her ist. Auch wenn immer und oft davon die Rede ist, letztlich gesteht man in der Tat, der Bevölkerung, jedem einzelnen Menschen nur ein begrenztes Maß an Meinungsfreiheit zu. In letzter Zeit werden auch diese Grenzen enger gezogen, nicht nur, dass nicht jeder sagen darf, was er meint, nein, es wird auch selektiert, was die Bevölkerung überhaupt wissen soll, damit die Grundlage auf derer sich Meinungen bilden, möglichst klein bleibt. Das entspricht der Methodik in totalitären Systemen und hat mit Demokratie so viel zu tun wie die Deutsche Demokratische Republik. Und die trug diese Label sogar im Staatsnamen. Bevormundung, Gesinnungsterror, Propaganda, Zensur - letzlich die totale Kontrolle. Es ist mal wieder so weit.
Bravo! Genau diese überhebliche Arroganz der Zensoren bringt mich schon seit Langem auf die Palme. Bei mir waren der Stein des Anstoßes die sog. Vorbehaltsfilme. Filme, von denen die Zensoren sagen, daß ich (und der Rest der erwachsenen Menschheit) sie nicht sehen darf, weil mich das Betrachten eines solchen Films womöglich zu einen bösen Nazi machen würde. Die Zensoren, die sich diese Film ansehen, um ihr Urteil über sie zu sprechen, sind vor solchen Gefahren natürlich gefeit. Offenbar sind sie viel reifer und sittlich gefestigter als der dumme Durchschnittsbürger. Was für eine Anmaßung!
Lieber Herr Heitmann, Sie schreibenmir total aus dem Herzen. Die Redefreiheit hört wohl nur da auf, wo sie in persönliche Beleidigung übergeht. Aber auch da ist sie wieder: Die Frage nach der Grenze, wann hört Redefreiheit auf, wann fangen Beleidigung und Diffamierung an? Es ist wohl wie immer, wenn es um einen sensiblen Bereich geht, ein Balanceakt.
Sie sind ein wundervoller Vater. Ich danke Ihnen im Namen Ihrer Tochter schon einmal im Voraus. Ach, gäbe es nur mehr Väter wie Sie!
Maas oder Kahane sind als Maßstab für Moral, Anstand und korrektes Verhalten oder gar Gesetzestreue so geeignet, wie ein jugendlicher Intensivtäter zur Kinderbetreuung. Aber, wie mein Großvater, ein sehr kluger Mann mit viel Lebenserfahrung, schon bemerkte: Jeder ist zu etwas nütze, und wenn es nur als schlechtes Beispiel ist.
Wie kann man den Meinungspolizisten nur klarmachen, dass die Meinungsfreiheit eine Religion ist und deshalb als unantstbar frei zu gelten hat? *grübel* Wohlan…
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