Hubert Geißler, Gastautor / 13.03.2023 / 15:00 / Foto: Pixabay / 7 / Seite ausdrucken

Neues vom Schrauber: Ein paar Takte zum Länderfinanzausgleich

Ohne die Hilfen von Rhein und Ruhr säßen wir Bayern immer noch auf unsern Misthäufen und Kartoffeläckern und würden grimmig Weißwürste mit Weizenbier hinunterspülen, anstatt von Red Bull beschwingt mit dem BMW gen Italien zu brettern, heißt es. Leider gibt es da ein gewichtiges Gegenargument. Hilfe zur Selbsthilfe ist zwar gut, Alimente in der Hängematte aber schlecht. 

Ich hoffe, wir haben nie einen Hehl daraus gemacht: Mein Schrauberbruder und ich sind Bayern, zwar nicht aus dem privilegierten Stamme der Oberbayern, sondern nur Beuteschwaben, die von Napoleon dem großbayrischen Reich zugeschlagen wurden, aber immerhin. Wir gehören also zu einer Bevölkerungsgruppe innerhalb der BRD, die simultan belächelt, aber auch beneidet wird, ob der glücklichen Kühe auf immergrünen Bergwiesen und der schnellen Autos, die über die schlaglöcherfreien Chausseen unserer Heimat rasen. Blitzer gibt’s im Gegensatz zu unseren falschgläubigen württembergischen Nachbarn auch relativ wenig, man kann also schon von einem kleinen Paradies sprechen.

Fängt nun ein Bayer an, über die alljährliche Belastung durch den Länderfinanzausgleich zu nölen, der auch noch preußische oder hanseatische Enklaven wie Berlin oder Bremen mit ihrer seltsamen Politik subventioniert, dann bekommt man sofort entgegengehalten, dass doch der Freistaat selbst jahrzehntelang den Rahm aus dem Topf des Finanzausgleichs abgesahnt hat. Immer bezahlt haben die Hessen, was manch einem nordhessischen Forstbewohner auch sauer aufstoßen mag, die Schwaben und Badenser und die Hamburger. Wohlgemerkt: Keiner hat etwas dagegen, vom Strukturwandel betroffene Regionen zu unterstützen.

Also scheint verschämtes Schweigen zu diesem Thema das Gebot der Stunde, und Herr Söder wirkt hoffnungslos geschichtsvergessen, und, sagen wir’s offen, knauserig gegenüber unseren nördlichen Brüdern und Schwestern. Ohne die Hilfen von Rhein und Ruhr säßen wir immer noch auf unsern Misthäufen und Kartoffeläckern und würden grimmig Weißwürste mit Weizenbier hinunterspülen, anstatt von Red Bull beschwingt mit dem BMW gen Italien zu brettern.

Sinnvolle Investitionen ultrarechter Teufel

Leider, leider, leider gibt’s da ein Gegenargument. Die jahrelangen Hilfen haben im Falle Bayerns durch offenbar sinnvolle Investitionen ultrarechter Diaboli – wie Franz-Josef Strauss – zu einem merklichen wirtschaftlichen Aufschwung geführt, der den Freistaat jetzt zum größten Nettozahler macht. Man könnte also von Hilfe zur Selbsthilfe sprechen und geradezu von einem erfolgreichen Entwicklungsprogramm.

Manche Bundesländer scheinen sich aber auf eine Art von Daueralimentierung eingestellt zu haben und missbrauchen die Förderung zur Finanzierung immer neuer sozialer Wohltaten oder sinnloser Projekte, die letztlich nur der herrschenden parteipolitischen Kaste zur Wiederwahl verhelfen, ohne das Ziel einer zunehmenden Selbstständigkeit anzustreben.

Ich zitiere hier mal wieder meinen Schrauberbruder (wir haben beide einen landwirtschaftlichen Familienhintergrund): „Einen verarmten Anverwandten zu unterstützen, halte ich für wichtig. Ich halte es aber für falsch, ihm regelmäßig die Fleischpakete und die Kartoffeln zu bringen, weil er dann auch noch Schokoladenpudding oder Tiramisu fordern wird. Vernünftiger finde ich es, einen Spaten oder ein Kalb zu finanzieren und auszumachen, dass bei guter Ernte die Salatköpfe geteilt werden und dass, nachdem die Kuh dann so weit ist, ein Fleischpaket auch an den Geber geht. Das regt die Empfänger an, sich wieder auf eigene Beine zu stellen und nicht auch noch ein Federbett zu fordern, in dem man beruhigt auf die nächsten Lieferungen wartet. Daher denke ich, das Prinzip der Investitionen in eigene Wertschöpfung muss gefordert werden. Beteiligungen an Investitionen und Projekten, das ist auf Dauer die Lösung.“

Wäre es nicht besser, Berlin wäre statt „arm, aber sexy“ „reich und sexy“. Wir würden es den Preußen nicht neiden. Im Grunde wollen wir nur unsere „Ruh’“ (vor der lästigen Verwandtschaft! Ironie aus.)

Subventionierung von Kitaplätzen und von Radwegen ins Nowhere kann da nicht die Lösung sein. Und: Ich habe jahrelang in Bremen gelebt und liebe diese Stadt. Aber dass da einiges auch schiefläuft, nicht zuletzt in elementaren Bereichen, wie der Bildungspolitik, ist offensichtlich.

DDR ausnahmsweise vorbildlich

Nun zu einem anderen Thema: Wir haben versprochen, auf die doch sehr differenzierten Leserbeiträge zu unseren Vorschlägen zur Bildungspolitik vom 18.2. zu reagieren. Wir sind geradezu gerührt von den vielen interessanten Zuschriften. Ohne jetzt auf einzelne Beiträge eingehen zu können, wurde der Gedanke, in die Schule verstärkt Elemente berufspraktischer Bildung einzuführen, für gut befunden. Viele Leser verwiesen auf das – bei allen sonstigen Defiziten – in dem Punkt jedoch überlegene System der DDR. Interessant waren die Hinweise auf eine Schule bei Hannover, die das Konzept bereits erfolgreich praktiziert. Solche Beispiele sollten in den Medien deutlicher dargestellt werden. 

Ich selbst kenne die Hiberniaschule in Herne, die ein derartiges Konzept seit Jahrzehnten erfolgreich umsetzt. Eine durchgreifende Reform der Bildungspolitik verlangt unserer Meinung nach eher eine dezentrale Organisation auf lokaler Ebene. Der große Hemmschuh für Reformen, die föderale Organisation von Schule könnte da sogar ein Vorteil sein, wobei sich immer die Frage stellt, ob Bildung beim Staat wirklich in guten Händen ist. Wir bezweifeln das und glauben in dem Fall mit Mao, dass man tausend Blumen blühen lassen sollte. Ein Schritt dahin wäre eine gerechtere Finanzierung freier Schulen. Aber es fragt sich, ob Verbesserung wirklich gewollt ist, oder ob es letzten Endes nur um die Selbsterhaltung eines zunehmend ineffektiven Apparats geht. Dagegen müssten Interessierte, wie Eltern und Wirtschaft, deutlicher auf die Barrikaden gehen. Sonst geht‘s von nun an immer weiter bergab.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Günter H. Probst / 13.03.2023

Mit der Entwicklungshilfe, wie mit dem Länderfinanzausgleich, sichern sich die jeweils Herrschenden die Wiederwahl oder das Weiterregieren. Die bayrische Entwicklung vom Kuh- zum Maschinenland war die berühmte Ausnahme. Das Fördern und Fordern funktioniert nicht. Das Fördern schon; es führt in die Sozialstaatssklaverei.

Ralf Berzborn / 13.03.2023

Daß Investitionen sich rentieren sollen , im sozialistischsten Deutschland aller Zeiten , eher unwahrscheinlich , genauso unwahrscheinlich ist es durch eine private Bildungsinitiative Anreize zu einer substanzwertschöpfenden Tätigkeit zu bewirken . Staatsschuldenfreie kapitalverpflichtende basissoziale Marktwirtschaft , und das Ganze mit nationaler Prägung , solange nur ein Hauch von Sozialismus im System verbleibt , bleibt auch das Geschwür nur in Wartestellung . 800 € und eine kostenlose medizinische Grundversorgung für alle gleich von der Wiege bis zur Bare , auch für Schrauber und alle Öffentlichen , den Rest kennt Ihr sicher schon , den Sozialismus muß man im gesunden aber restlos entfernen , und durch politische Bildung allen Bürgen die Befähigung zu geben alle vier Jahre eine Chemo an der Urne zu injizieren .

sybille eden / 13.03.2023

Franz Josef Strauss war NICHT ultrarechts ! Er war ein glühender Demokrat und Patriot !

Immo Sennewald / 13.03.2023

Dezentralisiert, praxisorientiert, mit deutlicher Orientierung auf Selbständigkeit: das wären Grundimpulse einer Bildungspolitik, die leistungsbereite, mündige Bürger zum Ziel erklärte, statt Ausbeutungsobjekte einer-, “anspruchsberechtigte”  Mitläufer für die Parteienoligarchie andererseits. Die DDR bewies nur, dass so etwas in einer Planwirtschaft mit ausgerottetem Unternehmertum nicht funktioniert. Mir zeigte die Berufsausbildung neben dem Abitur damals zwar, wie wenig kreativ und zukunftsorientiert ein Schrauberleben im Sozialismus aussah, aber der Respekt vor den Leuten, die oft mit Improvisationsgabe und Einfallsreichtum die Mangelwirtschaft am Laufen hielten, kam mir nie abhanden. Leider wird der Jugend seit langem suggeriert, dass verschulte und angepasste Hochschul- und Medienkarrieren erstrebenswerter seien als ein erfolgreiches Leben im Handwerk oder in der Industrie, geschweige in der Landwirtschaft. Die Folgen sind offensichtlich. Es gehört schon die auffällige Realitätsferne derzeit herrschender Politbürokraten dazu, sie zu ignorieren. Danke Hubert Geißler, dass Sie dafür eintreten.

M. Corvinus / 13.03.2023

Sollte sich Bayern jemals selbständig machen, wäre ich der erste, der dort Asyl beantragt. Und noch besser könnte es werden, wenn sich mit Österreich und Slowenien zusammenschlösse ...

Helmut Driesel / 13.03.2023

  In einem System, wo das ganze Staatsgebilde nicht seriös finanziert wird, kann von einzelnen Mitspielern nicht erwartet werden, dass sie mit dem traurigen Schlachtruf des Verzichts in die Bresche springen. Das ist auch in Europa so. Und wenn der Staat den Verzicht administrieren will, muss er natürlich mit gutem Beispiel voran gehen. Als Peer Steinbrück Finanzminister war, hatte er sowas angedeutet. Bei den mutigen Gesten ist es aber geblieben. Heute sind wir meilenweit weg davon. Was ich vor Jahren als Hellenisierung befürchtet hatte, ist auf dem bestem Wege. Und dann wollen uns noch die Ukrainer mit ihren Schulden beglücken. Bundeskanzler Scholz glaubt an den großen Wirtschaftsaufschwung, wahrscheinlich pflegt er den Kontakt zu den geheimen Quellen der Weisheit. Ich glaube an die universelle Macht der Ökonomie. Das heißt: Im Mittel ärmere Leute brauchen vorzugsweise Dinge, die mit weniger Aufwand hergestellt werden können.

jan blank / 13.03.2023

Das ist speziell mit klassisch sozialdemokratischen Bundesländern genau so wie in den failed states of Afrika. Da könnense noch so viele Reissäcke abwerfen- wenn die Kleptokraten nicht vertrieben werden, kommen die da hüben wie drüben nie auf die Beine. Wie schon mein Opa sagte: “De Sozen könn mit Geld nich umgehn”....  Deshalb brauchen sie ja auch immer mehr. Jetzt gehts deshalb mal wieder um die Schuldenbremse. Um “Projekte” zu finanzieren. Also Auskommen schaffen für die, die der Meinung des Gebers sind.  Nichts anderes tut ein Warlord im Kongo, der den “Seinen” Mehlsäcke, Speiseöl und Kalaschnikoffs zuteilt. Die lang anhaltende Diskreditierung alles “Bürgerlichen” offenbart den streng tribalistischen Kern rot - grüner Politik. Alles für uns - Posten , Knete, Einfluß. Wer draußen bleibt, ist eben Nazi…..

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