Von Rolf W. Puster
Dieser Tage berichten diverse Medien übereinstimmend darüber, dass der anhaltende Winter
Schäden in zwei- bis dreistelliger Milliardenhöhe verursacht hat. Solche Summen werden
glaubhaft, wenn man die Kilometerzahlen der defekten Straßen und Autobahnen zur Kenntnis
nimmt (allein in Berlin sollen es über 5.000 km sein, für die Reparaturkosten von 100
Millionen Euro veranschlagt werden) und wenn man bedenkt, dass über 55.000
Haftpflichtschäden zu verzeichnen sind. Soweit der — flüchtige, aber ausreichende — Blick
auf die Fakten. Befremdlich an den besagten Berichten ist allerdings ihr larmoyanter Tenor:
Wie furchtbar, dass ausgerechnet in Zeiten leerer Kassen der öffentlichen Hand und des
Angstsparens zukunftsbesorgter Bürger solche kaum vermeidbaren Zusatzbelastungen
auftreten! Am lautesten jammern die Kommunen, denen die Instandsetzung der öffentlichen
Wege zuvörderst obliegt.
Doch den mühseligen und beladenen Stadtkämmerern kann Trost werden, und zwar durch die
Re-Mobilisierung desjenigen ökonomischen Sachverstandes, durch den die deutsche Politik
erst jüngst brilliert und an dem sich so manches ferne Land sogar ein Beispiel genommen hat.
Erinnern wir uns: Lächerliche 1,5 Milliarden Euro wurden zur Verfügung gestellt, damit
600.000 mal 2.500 Euro für die Verschrottung eines Altautos gezahlt werden konnten. Der
geniale Hintergedanke war dabei, die lahmende Konjunktur anzukurbeln und quasi aus dem
Nichts einen sektoralen Boom zu entfachen, dessen volkswirtschaftlicher Nutzen die
aufgewandten Abwrackprämien locker übersteigt. Nur phantasielose Kleingeister wandten
damals ein, dass die Zerstörung brauchbarer Güter Schäden und nichts als Schäden bedeute.
Die bloße Erinnerung an diesen intellektuellen Lichtblitz der neueren deutschen
Wirtschaftspolitik sollte eigentlich genügen, um die verbreitete winterdüstere Sicht auf
Schlaglöcher und Fahrbahnrisse aufzuhellen: Welch großartiges Konjunkturprogramm hat
uns doch Mutter Natur mit diesem harten Winter beschert! Auf Jahre hinaus — manche
Schätzungen reichen bis 2020 — sichert unsere scheinbare Misere Straßenbaufirmen und
ihren Zulieferern volle Auftragsbücher, die Massenarbeitslosigkeit wird gebremst, und ein
merkantiler Impuls von der zig-fachen Stärke des letztjährigen Verschrottungsprogramms jagt
durch den schlaffen Wirtschaftskörper der Bundesrepublik. Erwägt man schließlich, wie
unbürokratisch der weise und gütige Wettergott sein frostiges Füllhorn heuer über uns
ausgeschüttet hat, dann weicht die kurzsichtige Betrübtheit und macht der ökonomischen
Einsicht Platz: Viel Glück und viel Segen auf all euren Wegen.