Uwe Jochum, Gastautor / 11.11.2023 / 16:00 / 23 / Seite ausdrucken

Maskentheater: Es geht wieder los

Die BILD-Zeitung meldet gerade, dass Deutschland wegen Grippe, Corona und sonstigen Atemwegsviren flach liegt. Und das Blatt mit den großen Buchstaben lässt uns wissen: Die Inzidenzzahlen sind höher als zu Zeiten der Maskenpflicht, weil ebendiese Maskenpflicht im öffentlichen Raum abgeschafft wurde.

Und schon sieht man, wie da und dort dem einen und der andern der Schreck in die Glieder und die Maske aufs Gesicht fährt. Da schimpft es auf Twitter-bzw-X, wie unhöflich und unachtsam es sei, jetzt bei beginnender Grippe-und-Corona-Saison in Bus und Bahn und sonstwo keine Maske zu tragen; schließlich gehe es darum, sich und andere zu schützen. Eine Stadträtin aus Chemnitz erklärt ihren Followern, dass sie nach negativem Corona-Test jetzt mit FFP2-Maske in eine Stadtratssitzung geht. Und dem Schweizer Blick erzählt der oberste Kantonsarzt des Kantons Zug, dass er auch ohne behördliche Empfehlung zum Maskentragen rät und sicherheitshalber auch immer einen Infektionslappen bei sich trägt. Und was der Arzt aus Zug nur erst rät, hat Lauterbach in Berlin streng im Blick: Er lässt uns via „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ wissen, dass das Maskentragen das Infektionsrisiko dann am wirkungsvollsten senkt, wenn möglichst alle anwesenden Personen eine Maske tragen.

Ja, sie sind wieder da: die angeblich achtsamen Damen im Supermarkt und der Arztpraxis, die angeblichen Virenexperten und die angeblichen Qualitätsmedien, die uns in eine Zange nehmen wollen. Der eine Schenkel dieser Zange ist das schlechte Gewissen, das man uns macht; und der andere Schenkel ist die Corona-Expertise irgendeines Menschen, der uns als Fachmann angedient wird. Aber machen wir uns nichts vor: Sie alle sind „Idioten“ im ursprünglichen Sinn des Wortes, nämlich in dem Sinn, den das griechische Wort idiótes auf den Begriff bringt: einzelne Bürger, die zwar mit einer Meinung auftrumpfen, aber das Insgesamt des Gemeinwesens aus dem Blick verloren haben und ihre Privatmeinung samt ihrer Privatangst in den öffentlichen Raum so hineinspielen, als sei das, was sie sagen, verallgemeinerbar.

In Wahrheit ist es aber bloß die Privatmeinung von Laien – auch das meint das griechische Wort idiótes. Sie sehen auf die Sache aus einer sehr beschränkten Perpektive und haben von den gesellschaftlichen Folgen ihrer Meinung keinen Begriff. Es sind daher idiotische Meinungen ohne Rückhalt in der Wirklichkeit, es sind Ängste, Phobien und Neurosen in Kombination mit Großmannssucht und Eitelkeit, die sich eine Ausdrucksform gesucht und in der Maske gefunden haben. Jeder, der sich die Mühe gemacht hat, durch eigenes und genaues Beobachten und durch eigene Lektüre sich zur Wirklichkeit durchzuarbeiten, weiß durch den Blick in sein Umfeld und dank einer empirischen Studie mit Schülern aus Katalonien, dank eines Vergleichs von Nord- mit Süddakota, dank einer empirischen Studie aus Dänemark und dank der Cochrane-Review vom Februar diesen Jahres, dass es keine Evidenz dafür gibt, dass durch das Tragen von Masken egal welcher Machart sich der Infektionsverlauf in einer Population ändern lässt.

Unsere Sesselkleber sind hochgradig lächerlich

Das wird die idiótai – ich muss hier griechisch sprechen, damit mich unsere hyperaktiv gewordenen Staatsanwält:Innen nicht missverstehen – also: das wird die idiótai nicht hindern, weiter Masken zu empfehlen und auch selbst zu tragen. Denn für sie ist es die Fortsetzung eines dreijährigen Erfolgsrezepts, mit dem sie öffentlich als die besseren Menschen auftreten durften. Und wir, die wir in diesem Spiel die Rolle der Schlechten und Bösewichter zu spielen hatten? Was machen wir jetzt, da sie wieder sichtbar werden mit ihren Masken? Sollen wir sie bedauern, weil wir in viel zu vielen Fällen sehen, wie sehr hier die Angst die Seele aufgefressen und das Denken gelähmt hat?

Das hieße, diejenigen davonkommen zu lassen, für die die Maske nur das Versteck war, hinter der sie ihre wahren Absichten verbergen und aus dem heraus sie ihre Mitmenschen zynisch manipulieren konnten. Was also können wir tun angesichts solcher Zyniker der Macht, die von der Angst der Anderen profitierten und immer noch profitieren und immer noch in Amt und Würden sind?

Nun, gegen die Klebekompetenz dieser Menschen können wir vorerst nichts machen. Sie kleben an ihrem Sessel fest. Aber ihre Amtswürde können wir infrage stellen, indem wir die Sesselkleber als das nehmen, was sie am wenigsten sein wollen: Wir nehmen sie als Politdarsteller, die so tun als ob, und das zumeist auch noch schlecht; als Politdarsteller, die sich um das Volk nicht scheren und nur an sich denken und an den nächsten „Deal“, der ihnen nützt.

Als solche sind unsere Sesselkleber hochgradig lächerlich, und das muss man dann auch so sagen. Nicht im Allgemeinen, wo es wolkig verpufft, sondern im Konkreten, wo es als Lösungsmittel für den Klebstoff wirkt, mit dem sich der Politdarsteller in seinen Amtssessel geklebt hat. Von der Sache her ist es ganz einfach: Wir müssen uns nur daran gewöhnen, denjenigen, der wieder einmal besonders schneidig auf Maske macht, mit seinem Namen und als den zu nennen, der er ist: ein idiótes.

 

Uwe Jochum arbeitete von 1988 bis 2023 als wissenschaftlicher Bibliothekar an einer süddeutschen Universitätsbibliothek. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zur Bibliotheks- und Mediengeschichte und zur Theologie, zuletzt „Landnahme“ (Wien, Leipzig: Karolinger, 2022). Dieser Beitrag erschien zuerst als Kommentar bei Kontrafunk.

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Gus Schiller / 12.11.2023

Wer es immer noch nicht weiss: FFP2 Masken sind Staubschutzmasken für Handwerker ( Maler, Tischler). Die Poren sind so gross, dass Viren bequem durchgehen. Ausserdem sollen sie nur 2 Stunden ohne Pause getragen werden.

Bertram Scharpf / 11.11.2023

Bei der derzeitgen Inflation, bei den derzeitigen Eindringlingszahlen und bei der generellen Stimmung im Volk kann ich mich auf eine erneute Maskenpflicht nur freuen. Diesmal werden die Politiker allerdings keine verhängen, denn sie sind von nichts getrieben als von Feigheit.

Torsten Hopp / 11.11.2023

Mist, jetzt werden wieder die Filtertüten für Kaffee knapp. Der Schutz ist aber nur da, wenn man immer gebückt läuft.

Karl-Heinz Böhnke / 11.11.2023

Die Chirurgenmaske ist ein medizinischer Filter zum Fremdschutz, denn sie ist auf Druck durch Ausatmen und -sprechen ausgelegt. Die FFP2-Maske hingegen ist ein Staubfilter zum Selbstschutz, weil sie nur bei Sog durch Einatmen wirkt, beim Ausatmen jedoch von der Haut abhebt und somit dabei nicht abdichtet. Diese wirkt zum einen durch ihre Maschenweite zur Gewährleistung der Zuluftmenge nur gegen Partikel, nicht jedoch gegen die kleinen Viren. Zum anderen allerdings bindet sie auch aufgrund der Befeuchtung durch das Atmen den Staub, weshalb sie je nach dem recht schnell verstopft ist und zügig ausgewechselt werden muß. Fatal ist nun, daß das feuchtwarme Gewebe den ausgeworfenen und anheftetenden Viren der Mitmenschen eine Verweildauer direkt vor den Atemöffnungen erlaubt, sodaß sie verzögert eingeatmet werden, wohingegen ohne Maske bei Näherung an Mitmenschen durch kurzfristige Schließung von Mund und Nase die Aufnahme verhindert werden kann. Somit ist die FFP2-Maske keine Virenbremse sondern ein Virenfänger. Leider läßt sich das kein Maskenjünger, nicht einmal ein Arbeitsmediziner, erklären, weil es nicht um Logik, Physik und Naturgesetze geht, sondern um einen Gottesdienst.

Rainer Hanisch / 11.11.2023

@Gerhard Schäfer: “... Es gibt unter den Ärzten einige “idiótai”, und diesen sollte man in fachlicher Hinsicht nicht allzu viel zutrauen! ...”  Nicht nur einige! Es ist die überwiegende Zahl der “Ärzte”! Die bereifen nicht mal, was man denen erzählt. Aus diesem Grund meide ich diese “Experten” wie der Teufel das Weihwasser. Schließlich will ich gesund bleiben. Und wenn doch krank, können mich diese Quacksalber eh nicht kurieren. Da fehlt was zwischen den Horchlöffeln.

Ulla Schneider / 11.11.2023

Meine Landsleute mit Maske haben eine Angststörung - eindeutig! Da spart man sich das Vorgespräch zu einer vorläufigen Diagnose.  -

Thomas Szabó / 11.11.2023

Das Maskenvirus vermehrt sich in letzter Zeit wieder und immer jüngere Menschen erkranken am akuten Maskeritis. In der Firma läuft ein junger Mitarbeiter als einziger mit der Maske herum, die er falsch trägt. Ich sollte ihn streng ansehen und ernst ermahnen die Maske gefälligst richtig aufzusetzen. (Ich bin nicht der Chef, ich sehe nur so aus.)

Gerhard Schäfer / 11.11.2023

Loben Sie doch einmal die gespritzten Maskenträger für die gesellschaftliche Verantwortung, die sie mit ihrer Maske öffentlich zum Ausdruck bringen! Immerhin stellen diese (um uns besorgte) Menschen sicher, daß wir “Ungeimpften” uns nicht bei den “Geimpften” anstecken können! Wir sparen uns dadurch auch in Zukunft die modRNA-Behandlung und unsere eigene Maske! Wenn Masken so wirksam sind, dann genügt doch sicherlich nur eine Maske! Also,- freundliche Worte und Dankbarkeit sind angebracht! Liebe Kommentatoren, versucht es doch beim nächsten Mal, wenn Ihr einen Maskenträger seht!

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