Rainer Bonhorst / 22.07.2018 / 10:00 / 19 / Seite ausdrucken

Liebeserklärung an Donald

Kürzlich habe ich mir erlaubt, eine Satire über Donald Trump als Deutsch-Amerikaner zu schreiben. Der eine und die andere hat – das ist das Schicksal von Satiren – das Schmunzelstück erstaunlich ernst genommen. Kein Problem. Im Gegenteil: Als Spaßmacher ernst genommen zu werden, ist eine besondere, wenn auch unverdiente Ehre. Das Leben selber ist ja auch ernst, und Donald Trump – das Opfer meiner satirischen Bemerkungen – ist auch ein sehr ernster, um nicht zu sagen, humorarmer Mann. Auch das könnte mit seinen deutschen Genen zu tun haben.

Da ich mich nun aber an Donald Trump humoristisch vergriffen habe, ist es mir ein Bedürfnis, als Wiedergutmachung eine kleine, wenn auch indirekte Liebeserklärung an den amerikanischen Präsidenten zu formulieren. Dabei handelt es sich um die Liebe, die der Mensch nun mal zur grausam verfolgten Kreatur empfindet. 

Donald Trumps Schicksal ist, dass er ein Gottesgeschenk für alle ist, die Amerika sowieso nicht mögen. Die einen mögen Amerika nicht aus kulturellem Hochmut. Ähnlich den Griechen, die hochmütig, wenn auch in gebeugter Haltung, auf die Römer hinabblickten, nachdem sie von ihnen erobert worden sind. Arroganz der Schwäche – ein uraltes Phänomen. Und oft verbirgt sich hinter dem Hochmut der blanke Neid auf eine jüngere, noch nicht von Altersschwäche eingeschnürte, und überaus dynamische Kultur.

Da ist es wunderbar, diesen Donald zu haben, der genau die Karikatur des Amerikaners abgibt, wie wir sie schon immer im Sinn hatten. Ein Prol. Stinkreich, aber ohne Manieren. Zu lange Krawatte und offenes Jackett. Ein Mann zum Draufhauen. Zum Draufhauen, ohne dass man sich Gewissensbisse machen muss.

Ja, da schalte auch ich dann gerne auf Verteidigung. Aber wie kann man den unermüdlichen Donald-Draufhauern antworten? Zur Politik komme ich noch. Mein – unpolitisches – Lieblingsinstrument ist der Spiegel. Wenn meine lieben Landsleute, was ja ständig geschieht, mal wieder über Trump herziehen, ist meine Reaktion seit langem: „Ach, du meinst den von Deutschamerikanern gewählten Deutschamerikaner?“ Ich finde, das ist eine prima Verteidigungsstrategie. Den billigen Draufhauern zu sagen: „Vorsicht, der Bursche ist einer von uns.“ Das ist auch der Hintergrund meiner Satire über Donald, den Deutschen. 

Der Schuldner findet den Gläubiger gerne unanständig

Überhaupt vergessen die meisten Heimatdeutschen, wie deutsch Amerika ist. Umfragen zeigen immer wieder, dass deutsch die von Amerikanern am häufigsten genannte Wurzel ist, vor den Briten und den Iren. Nur die Lateinamerikaner sind den Deutschen bei der Wurzel-Befragung dicht auf den Fersen und werden sie wohl bald überholen. Viele Amerikaner mit deutschen Wurzeln wiederum sehen sich als die Nachfahren von Leuten, die damals das große Abenteuer gewagt haben und nicht ängstlich daheim geblieben sind. Auch dies eine Form von Hochmut. Man kann auf vielerlei Weise gegenseitig aufeinander herabblicken.

Kurz und gut: Ja, es ist inzwischen billig, tagaus, tagein auf Donald Trump einzuschlagen. Er ist zwar selber kein Friedensengel, aber manchmal machen es sich die Kritiker zu leicht. Manches, worüber man hier verständnislos den Kopf schüttelt, ist alles andere als schlecht für die Amerikaner. 

Dass wir uns militärisch von den Amerikanern aushalten lassen, stimmt einfach. Dass wir dann über sie schimpfen, ist ein Klassiker: Der Schuldner findet den Gläubiger gerne unanständig, wenn der sein Geld zurückfordert. Oder nehmen wir die Steuersenkungen, die Trump veranlasst hat. Unsere nimmersatten Regierungspolitiker, die nicht mehr wissen, wohin mit den Steuergeldern, sind einfach zu gierig, um sich von unserem Geld zu trennen. Sie könnten in Sachen Volksnähe von Trump etwas lernen. Und sogar bei den Handelsbarrieren sind wir Europäer nicht die Unschuldslämmer, als die wir uns gerne geben, wenn wir Trumps Handelskrieg beklagen.

So, das muss jetzt reichen. Mehr Lob gibt es nicht. Sonst entsteht noch die Gefahr, dass ich Donald Trump zum Säulenheiligen erhebe, der er offenbar in den Augen des einen oder anderen längst ist. Meine Liebeserklärung an Trump hat ihre Grenzen. 

Bleibt die Frage: Ist dieser Text eine Satire? Na ja, hier und da, aber über längere Strecken darf man ihn ernst oder wenigstens als ernst gemeint nehmen. Das Wort „Liebeserklärung“ hat allerdings stark satirische Züge. Denn, ehrlich gesagt, mein Fall ist dieser Mann nicht. Ich würde es noch etwas deutlicher ausdrücken, möchte aber keinem Trump-Verehrer zu nahe treten. Ach, was soll's. Eigentlich finde ich den Mann unmöglich. So, jetzt ist es mir rausgerutscht. Soll ich jetzt noch schnell anfügen: Aber lieb ist er doch? Nöö.   

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Leserpost

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Marion Weisser / 22.07.2018

Gut, Trump ist kein Sympathieträger. Muss er auch nicht. Aber er ist erfrischend. Keine Worthülsen, kein Geschwurbel, immer direkt und mitunter voll in den Fettnapf. Und seine Handlungen sind in meist nachvollziehbar - z.B. UNO, Iran, Nato, Handel. Man denkt sich: endlich! Was er in den USA veranlasst oder nicht, ist Sache der Amerikaner. Wir haben mit dem Irrenhaus Deutschland und EU mehr als genug zu tun.

klaus Blankenhagel / 22.07.2018

Entschuldigung angenommen: und richtigerweise meine Posts gelesen. Na dann whats going on…

Sabine Schönfelder / 22.07.2018

Es ist wirklich nett von Ihnen unser aller Lesekompetenz zu schulen, und ihre Satire über Mister Trump noch einmal näher zu erläutern! Als echter ‘Achgutfan’ bin auch ich manchmal etwas konsterniert, wie unbarmherzig manche Foristen die ( mehr oder weniger) erklärte Meinung eines Kommentierenden replizieren. Wie befinden uns innerhalb dieses Blogs ohnehin schon in einem Algorithmus, will sagen vertreten gemeinsam mehr oder weniger eine alternative Mainstreamhaltung,  glauben sogar die richtige und intelligentere Meinung zu vertreten, pluralistischer und toleranter zu sein, dennoch sind auch hier mitunter deutlich intolerante, empörte, auch auf Mißverständnis beruhende Äußerungen, zu finden. Das ist nicht tragisch, sondern menschlich aber angesichts der hier so zahlreich vorgetragenen gesellschaftlichen Mißständen sollten wir die gegenseitige Kritik klein halten, und uns der gemeinschaftlichen Aufgabe der gesllschaftlichen Aufklärung widmen….und Herr Bonhorst ich finde Trump soooo cool, unmöglich finde ich Merkel und lieb habe ich nur meinen Mann.

Felix Schlesinger / 22.07.2018

Ich hatte mir 2016 wirklich jede Wahlkampfveranstaltung komplett und nicht übersetzt angesehen. Außenpolitisch schwankte Trump von Zeit zu Zeit. Ich war kein Trump-Gegner, aber auch kein irrer Fan. Mittlerweile ist Trump - außenpolitisch gesehen nach Helsinki - nicht mehr als ein Clown. Zum Glück müssen das Ronald Reagan und Maggie Thatcher nicht mehr mit ansehen.

Fritz Blumer / 22.07.2018

„Eigentlich finde ich den Mann unmöglich. So, jetzt ist es mir rausgerutscht.“ Natürlich ist das so, und genau darum war der erste Beitrag eben keine Satire, sondern Trump-Bashing, was vom großen Teil der Achse-Leserschaft nicht besonders geschätzt wurde. Auch ich kann damit eher wenig anfangen. Weshalb Sie, Herr Bonhorst, sich jetzt aber mit der Satire-Theorie um Wiedergutmachung bemühen, das verstehe ich nun wirklich nicht. Sie mögen den Mann nicht (Ihre Worte!). Also behalten Sie‘s für sich, oder schreiben darüber im Spiegel oder in der SZ. Oder aber Sie stehen dazu und schreiben in der Achse. Die zu erwartenden Reaktionen müssen Sie dann halt einstecken. So what?

Paul Mittelsdorf / 22.07.2018

Den meisten Deutschen paßt es nicht, daß Trump Erfolg hat. Der Autor ist das beste Beispiel. Seine politische Korrektheit beschreibt er selbst, wenn er sich gezwungen sieht, sein auf Fakten basierendes Lob auf Trump zu unterbrechen, damit er nur ja nicht in den Verdacht kommt, ihn zu sehr zu mögen. Und jenen Hochmut, den Herr Bonhorst kritisiert, trägt er selbst ausreichend mit sich herum: Trump ist also ein “Proll”? “Kein Friedensengel?” “Stinkreich” (was soll diese sozialistische Kampfphrase?)? “Ohne Manieren”? Ja ja, ich weiß, alles wahrscheinlich Satire ...

Hjalmar Kreutzer / 22.07.2018

Der Achse gebührt dafür Dank, dass hier Reden von Trump lediglich mit Link zum Original als Übersetzung ohne Kommentare und Meinungen veröffentlicht wurden. Könnte man nicht ein Gleiches mit den Äußerungen Putins versuchen, soweit im Rahmen der russischen Informationspolitik möglich, speziell zum Helsinki-Gipfel? Es gibt bestimmt genug Russlanddeutsche, die weit entfernt davon sind, Putin-Apologeten zu sein, die man um Übersetzung bitten könnte. Warum nicht Herrn Kaminer fragen? Warum will unsere deutsche Regierung nicht deutsche Interessen vertreten, so wie es für Putin selbstverständlich ist, russische, wie für Trump, amerikanische Interessen zu vertreten?

Michael Lorenz / 22.07.2018

Vor Regierungen,  die Politik für diejenigen machen, die sie gewählt haben, scheinen wir ja zum Glück gut geschützt zu sein!

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