Gastautor / 09.08.2020 / 10:00 / Foto: Osarius / 54 / Seite ausdrucken

Lasst meinen Jim Knopf in Ruhe!

Von Franziska Weißgerber.

Soeben wurde mir ein Artikel der „Zeit“ zugeschickt, mit dem Titel „Jim Knopf wird leider noch oft gelesen“. Schon beim Lesen des Titels wusste ich, dieser Artikel bedeutet Stress für mich. Möchte man tatsächlich eine meiner Lieblingskindergeschichten verbannen? Und wenn ja, aus welchem Grund wäre dies angemessen?

Wer kennt die Geschichte nicht? Ein kleines Baby strandet auf einer Insel, ein Baby, anders aussehend als die Inselbewohner. Doch seine Hautfarbe ist kein Punkt dafür, sich nicht um den kleinen Jungen zu kümmern. Im Gegenteil, er wird sofort lieb und warmherzig aufgenommen, integriert in ihre Gesellschaft, als wäre er einer von ihnen. Was heißt wäre? Er ist einer von ihnen.

Er erhält weder eine Anders-Behandlung noch erfährt er Diskriminierung. Er wird mit großer Zuneigung und Fürsorge aufgezogen und ist schnell jedermanns Freund. Nicht nur Freund, ja sogar ein Held wird er im Laufe der Geschichte. Er ist mutig, freundlich und gutherzig, seine Hautfarbe spielt dabei keine Rolle.

Was also ist daran Rassismus? Ist diese schöne Kindergeschichte nicht ein Paradebeispiel für Integration und Anti-Rassismus? Inwiefern liefert sie Kindern ein rassistisches Denken? Der kleine schwarze Junge wird zum Helden!

Nicht eher ein Zeichen der Wertschätzung und Gleichbehandlung?

Was passiert hier nur? Ist es tatsächlich Rassismus, überhaupt Charaktere mit anderer Hautfarbe darzustellen? Im Zuge der Anti-Rassismus-Debatte wird die Integration anderer Herkünfte gefordert, es wird gefordert, diese Menschen so zu sehen und zu behandeln, dass sie in unsere Gesellschaft gehören, wie wir es tun und sie eben nicht anders beäugt werden. Dieser Forderung stimme ich definitiv zu, so wie die meisten Menschen es tun.

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz)

Also, wenn wir sagen, jemand mit schwarzer Hautfarbe gehört zu uns, warum darf er dann nicht in Kindergeschichten auftauchen? Macht das Sinn? Wenn ja, so bitte erkläre man mir diesen Sinn. Ist es tatsächlich Rassismus, in Deutschland Straßennamen zu haben, welche nach ausländischen Bürgern oder Staaten benannt sind? Ist dies nicht eher ein Zeichen der Wertschätzung und Gleichbehandlung?

Spaltung und extremes Denken vorantreiben

Warum darf ich Menschen, deren Wurzeln offensichtlich nicht in Deutschland liegen, nicht danach fragen? Warum frage ich sie danach? – Weil es mich interessiert. Ich hoffe dann nämlich auch, diese Menschen können mir im besten Falle von ihrer oder der Heimat ihrer Eltern berichten und Bilder des anderen Landes skizzieren. Warum ich das möchte? – Weil es mich interessiert. Ich kann nun mal nicht in jedes Land dieser Erde reisen und dort Monate lang leben und alle Sprachen lernen. Genau das ist doch das Schöne an der ganzen Sache. Durch Menschen mit anderen Wurzeln, die in Deutschland leben, habe ich die Möglichkeit, die verschiedenen Länder und Kulturen unserer Erde kennenzulernen.

Indem wir Straßennamen ändern und ungefährliche, ja sogar Herkunftsintegrations-Kinderbücher umschreiben, so verbannen wir die Integration und Gleichbehandlung. Diese Dinge bringen uns doch ständig vor Augen, wie normal andere Herkünfte und Hautfarben sind. Liegt nicht der wahre Rassismus in der Forderung, all diese Dinge zu beseitigen und abzuändern?

Ich frage mich immer öfter, wer hier die wirklichen Rassisten sind. Sie mobilisieren scheinheilig ihre Mitmenschen gegen rassistisches Denken, während sie tatsächlich Spaltung und extremes Denken vorantreiben.

Franziska Weißgerber, 23 Jahre, ist Soziologie-Studentin aus Leipzig und als freie Journalistin tätig. Politik und Gesellschaft sind ihre Leidenschaft,

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Pedro Jimenez / 09.08.2020

In Berlin wurde eine Skulptur “hockende Negerin” geköpft und der Kopf geklaut. Sie sollte sowieso ins Museum. Könnte es sein, dass die angeblich so antifaschistischen Bessermenschen in echt miese Rassisten sind? Es handelte sich um eine harmlose Skulptur aus den Zwanzigern, die eine knieende Schwarze zeigt. Ist diesen Leuten Schwarzsein an sich schon etwas Schlechtes?

Peter Ackermann / 09.08.2020

@ Robert Hartmann: Ich will nicht drängeln, aber die Quelle wäre dann schon recht interessant. Erwiese die sich als plausibel, müsste ich meine biologisch eingefahrene Auffassung von Selektion dann wahrscheinlich revidieren. Vielleicht finden Sie dabei auch noch den link der Studie mit den 300 Frauen.

Andreas Rühl / 09.08.2020

Naja. Warum sich aufregen. Ich bin Rassist. Und das ist gut so. So kann man ganz gelassen dem Wahnsinn ins Auge schauen.

B.Rehfeldt / 09.08.2020

Den im Text genannten Artikel habe ich auch gelesen, das heißt, ich habe ihn zweimal gelesen und mir danach ungläubig die Augen gerieben. Die Autorin des Artikels ist Leiterin einer Kindertagesstätte in Hamburg, bietet für ihre Kolleginnen und Kollegen und ganz sicher auch für alle Beschäftigten ...diversen… Mitarbeiter Kurse an, die gegen Rassismus sensibilisieren sollen. Sie meinte unter anderem auch Rassismus in diversen Kinderliedern zu entdecken, zum Beispiel # Drei Chinesen mit dem Contrabass und irgendein Abzählreim, in dem es um eine Katze ging, war auch gaaanz böse.. Am meisten aber hat mich die Äußerung der Dame erschüttert, dass sie für sich befand, dass die Kindereinrichtung ein politischer Ort sei…. Alle Alarmglocken gingen bei mir an, denn das ist original DDR Sprech und Denke. Ich habe sofort eine E-Mail an die Einrichtung versendet, bisher aber keine Antwort erhalten. Ich frage mich, ob sich die Eltern, die ihre Kinder in diese Einrichtung geben, bewusst sind, was diese Aussage bedeutet.

Markus Baumann / 09.08.2020

Die grundsätzliche Falle, in die restlos alle sich edel gebenden Rassismus-Aufspürerinnen tappen, ist das Nicht-Akzeptieren-Wollen, dass wir Menschen - und damit meine ich ALLE Menschen aller Farben - immer wieder „die Welt einteilen, indem wir unterscheiden“. Wir tun das automatisch. Es ist der Normalmodus, den wir von der Evolution mitbekommen haben, um uns in der Welt orientieren und überleben zu können. Wir tun das täglich mit allem: dem Raum, den darin vorkommenden Gegenständen und Menschen, dem Essen undsofort. Diese Unterscheidungs-Orientierung ist nicht per se rassistisch. Sie wird uns heute aber in Bezug auf anders farbige Menschen als IMMER rassisitisch verkauft. Es wird so getan, als ob „der Weisse“ quasi wegen seines Weiss-seins Rassist sei. Das ist natürlich intellektueller Müll, da Rassismus jeglicher Couleur, der sich im Verlauf von Tausenden von Jahren auf der Erde ereignete, dabei einfach ausgeblendet wird. Dass dieser intellektuelle Müll jetzt auch auf „alte“ Kinderbücher oder Literatur angewendet wird, beelendet nur noch. Wenn Ignoranz und die Unfähigkeit zur Differenzierung von emotional äusserst minder bemittelten „Rassismus-Inquisitorinnen“ nicht mal mehr vor „Jim Knopf“ halt machen, bleibt einem der Atem weg. Gottseidank habe ich „Jim Knopf“ als Kind in einer Zeit kennenlernen dürfen, in der sich diese Geschichten-Dementorinnen noch nicht mal im Embryonalstadium befanden. Noch immer bin ich der Geschichte und ALLEN ihren Figuren emotional in naiver Art und Weise herzlich verbunden. Und das lass ich mir nicht nehmen.

Robert Hartmann / 09.08.2020

Liebe Franziska, aus deinen Worten erkenne ich, dass unsere Zukunftshoffnung auf eine menschliche Welt durchaus plausibel ist. Ja, genau so stelle ich mir das vor: Menschen gehen miteinander um wie Menschen! Ohne irgendwelche trennenden Eigenschaften. Mir kommt gerade die schon etwas ältere Studie in den Sinn, in der untersucht wurde, ob die Menschen von Natur aus friedlich sind oder eher zu Konflikten neigen. Dazu wurden 300 Männer aus verschiedensten Kulturkreisen zusammengebracht. Sie sollten auf engem Raum ohne Ablenkung von außen eine gewisse Zeit verbringen. Dabei war die Beobachtung sensationell. Innerhalb kurzer Zeit begannen diese Männer miteinander Fußball zu spielen. Die Atmosphäre war durchweg positiv und von Freude und Humor geprägt. Leider habe ich keine Idee, woher die Quelle stammt, vllt. lässt es sich ja noch recherchieren. Mir jedenfalls war dieser Bericht ein Meilenstein in meinem Leben, was mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen sehr geprägt hat.

A. Ostrovsky / 09.08.2020

Genossin und Genossen! Es geht hier um den Klassenstndpunkt, ja. Und da stehen wir an der Seite des heldenhaften Kampfes, ja. Des Kampfes gegen Apartheit und Ausbeuterei. Wir distanzieren uns von den amerikanischen Imperialisten und ihren Helfershelfer*lnnen. Wem könnte das entgehen, ja, Genossen, dass der Jim Knopf ein ausbeuterischer US-Amerikaner ist. Das ist Rassismus, Genossen, und wir werden nicht ruhen, bis der heldenhafte Kampf, ja, Genossen, der afrikanischen Völker, ja, gegen Imperialismus und Krieg, ja, zum Sieg geführt wurde. Pseudolinke Puppenstuben-Intellektuell*innen, ja, Genossen, die sich dem heldenhaften Kampf entgegenstellen, ja. Es geht hier um den Klassenstandpunkt, ja, Genossin und Genossen. Alle Menschen, Genossen.

Coran Garter / 09.08.2020

@ Karla Kuhn Die Bücher gut aufheben und verstecken, denn wer Fahrenheit 451 kennt, wird das Heraufdämmern diverser aktueller Entwicklungen in einem anderen, beängstigendem Licht sehen.

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