Peter Grimm / 06.12.2021 / 12:29 / Foto: Stefan Klinkigt / 188 / Seite ausdrucken

Karl und die „starken Frauen”

Die SPD gab nun heute bekannt: Der Genosse Lauterbach, Deutschlands bekannteste Panik-Sirene, wird Bundesgesundheitsminister, der Rest wurde bestens quotiert. Diese Kabinettsliste hätte allenfalls als Satire etwas getaugt.

Die SPD-Führung hatte die Verkündung ihrer Ministerliste für das kommende Bundeskabinett passenderweise auf den Nikolaustag gelegt. Man tut so, als könnte man die Massen mit einer allgemein erwarteten Gabe ein wenig überraschen, aber selbst das tatsächlich Überraschende schmeckt irgendwie angestaubt und abgestanden.

Wir bekommen nun Karl Lauterbach als Bundesgesundheitsminister. Immerhin eine Personalie, mit der wohl niemand, der noch alle Sinne halbwegs beieinander hat, einen Anflug lebensbejahender Hoffnung verbinden kann. Dafür hat der künftige Genosse Minister selbst mit vielen Worten nachhaltig gesorgt. Seit einer Weile wurde ja vor allem darüber diskutiert, ob nun Karl in dieses Amt kommt oder nicht. Noch kurz vor der Bekanntgabe orakelte ein Hörfunkkollege, dass die Chancen von Sachsens Sozialministerin Köpping – eine Frau die auch nicht viel mehr Lebenslust als Karl Lauterbach vermittelt – besser stünden. Denn sie sei, im Unterschied zu Lauterbach, eine Frau und Scholz hatte ja Geschlechterproporz im Kabinett versprochen.

Daraus folgte nun in der Logik von Quoten-Regeln, dass vier der verbleibenden sechs Kabinettsposten von Frauen besetzt werden mussten. Als Olaf Scholz am Montagvormittag seine SPD-Kabinettsliste präsentierte, garnierte er die weitere Postenvergabe mit dem schönen Satz: „Sicherheit liegt in der künftigen Regierung in den Händen starker Frauen". So berichtet es nzz.ch.

Der erste Teil des Satzes erschließt sich einem ja noch, denn es geht hierbei vor allem um das Innen- und das Verteidigungsministerium. Es gibt selbstverständlich nichts gegen Frauen an der Spitze dieser Häuser einzuwenden, wenn man denn neben dem richtigen Geschlecht auch eine hinreichende Eignung mitbringt. Im Verteidigungsministerium hatte man diesbezüglich ja nicht immer eine glückliche Hand bewiesen. Im Innenministerium wird jetzt die erste Frau an die Spitze rücken.

Die leidgeprüfte Bundeswehr wird auch diese Ministerin überstehen

Ihr Name ist Nancy Faeser. Dass sich die hessische Landespolitikerin keiner bedeutenden überregionalen Popularität erfreut, muss ja noch nichts bedeuten. Und wer, wie der Autor dieser Zeilen, nicht gleich weiß, wer Frau Faeser ist, kann ja schnell mal unauffällig im Netz nachschauen, um dann mit dem Wissen um ihre Kompetenzen zu glänzen.

Gut, so viele Informationen, die sie sofort als die richtige Bundesinnenministerin erscheinen lassen würden, drängen sich auf den ersten Blick nicht auf. Juristin, Rechtsanwältin und seit etlichen Jahren im Politikbetrieb – das spricht weder zwingend für noch gegen sie. Regierungserfahrung scheint sie nicht zu haben, immerhin wäre sie vielleicht beinahe hessische Landesministerin geworden, wenn es Andrea Ypsilanti – die Älteren werden sich erinnern – ins Amt der Ministerpräsidentin geschafft hätte. So wurde sie immerhin Nachfolgerin von Thorsten Schäfer-Gümbel im Landes- und Landtagsfraktionsvorsitz.

Verteidigungsministerin wird nun die bisherige Justizministerin Christine Lambrecht. Glücklicherweise liegt an der Spitze dieses Hauses die Kompetenzlatte alles andere als hoch. Die leidgeprüfte Bundeswehr wird auch diese Ministerin überstehen. Warum ist eigentlich nicht Frau Lambrecht ins Innen- und Frau Faeser ins Verteidigungsressort gegangen? Solche Frage beantwortet einem niemand, weil sie auch keiner, der sie stellen könnte, stellt.

Würde es sich nicht ums eigene Land handeln, könnte man sich amüsiert der Vorstellung hingeben, wie wohl Verteidigungsministerin Lambrecht mit Außenministerin Baerbock heikle Fragen unserer Außen- und Sicherheitspolitik diskutieren. Dass Klara Geywitz, die an der Seite von Olaf Scholz einst für den Parteivorsitz kandidiert hatte, Bauministerin und Svenja Schulze künftig Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, hat angesichts der bisherigen Personalien kaum noch Unterhaltungswert. Der Vollständigkeit halber bleibt nachzutragen, dass Hubertus Heil in seinem Amt als Arbeitsminister bleibt und Scholzens Vertrauter Wolfgang Schmidt zum Chef des Kanzleramts wird. Daran ist nichts Überraschendes mehr.

Nun ist also die Sicherheit in der Hand der „starken Frauen“. Ob man die künftige Ministerliste insgesamt eher als Gruselkabinett oder als gelungene Realsatire begreift, ist sicher individuell verschieden und zuweilen auch stimmungsabhängig. Vielleicht wird man in den nächsten Monaten von den „starken Frauen“ kaum etwas vernehmen. Im Corona-Ausnahmezustand wird Genosse Lauterbach allen die Show stehlen, vielleicht sogar Annalena Baerbock. Vielleicht entwickelt sich so ja auch ein interessanter Wettbewerb zwischen Karl und den „starken Frauen“. Politisch darf man sicher nicht viel erwarten, muss aber vieles befürchten. In punkto Unterhaltungswert dürfte das neue Kabinett das alte aber sicher mühelos schlagen. Wenn das kein Fortschritt ist.

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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Joachim König / 06.12.2021

Ich habe fertig.

D. Brauner / 06.12.2021

Karl Lauterbach, ein Lügner und Hochstapler! - Beste Voraussetzungen für dieses Amt…

Gerald Pesch / 06.12.2021

Deutschland wird von den Muppets regiert….

Dr. Olaf Borkner-Delcarlo / 06.12.2021

Wir, die vom Jahrgang 1944 bis 1965 waren die Glücklichen, ich möchte sogar sagen, wir waren die einzige Generation in der Geschichte der Menschheit, welche die Chance hatte, ein glückliches Leben zu führen. Wir mussten keinen Krieg erleben, die Notzeiten nach dem Krieg erlebten unsere Eltern, wir Kinder merkten nicht viel davon. Ja, die Zeit nach dem Krieg und der Besatzung war sogar ziemlich aufregend. Kein Erwachsener kümmerte sich um uns, wir konnten herumtollen und spielen, ohne Kita, und ohne Kindergarten. Es gab kaum Verkehr auf den Straßen, wir riefen sogar alle Kinder zusammen, wenn, was selten geschah, ein Auto die Straße daherkam. Die Älteren waren alle damit beschäftigt, uns die Mäuler zu stopfen. Wir Kinder haben Erlebnisse gehabt, welche die heutige Jugend nie haben wird. Natürlich lebten nicht alle ein aufregendes Leben, aber die meisten von uns hatten alle Chancen und konnten sie nutzen. Ich selbst wurde mit 14 Jahren in die Kochlehre nach Reit im Winkel geschickt, damit meine Eltern einen Esser weniger zuhause hatten. Aber ich hatte eben auch die Chance, später meine Schulbildung nachzuholen und habe es dann geschafft, ein MINT-Fach zu studieren und auch zu promovieren. Ich habe die Welt sehen dürfen, Curacao, Panama, Argentinien, Rio de Janeiro, Buenos Aires, Port Moresby, Noumea, Tahiti, Punta Arenas und viele viele andere schöne Orte habe ich gesehen und das nicht nur als Tourist. So lebte ich lange in Australien und einige Zeit in Rio und wäre auch dort geblieben, wenn ich nicht meine wunderbare Italienerin kennengelernt hätte, die mich nach Italien verschleppte. Unser beider Leben war fortan voller Abenteuer, die Wert wären, niedergeschrieben zu werden. Wir hatten die geöffnete Schatztruhe vor uns und brauchten nur hineinzugreifen. Dies alles, so ein Leben, gehört der Vergangenheit an und die Kinder, die heute groß werden, werden arm aber glücklich sein.

K.D.Weber / 06.12.2021

Nun ja, eigentlich ist es doch egal, welche Pappnasen wichtig in den Dienstlimousinen rumfahren und die Gefälligkeitsfragen beim ÖRR beantworten. Zu sagen haben die Marionetten doch sowieso nichts. Die Entscheidungen werden ganz wo anders getroffen und dann gibt es Order für die armseligen Politdarsteller. Das Dumme ist nur, dass wir die Suppe immer auslöffeln müssen. Herr Lindner sollte aber seine Zeit genießen. Ich glaube nicht, dass die Verräter von der FDP nochmal an einer Regierung beteiligt sein werden. Hoffentlich kommen die nie wieder in den Bundestag. Die Witzfiguren der SPD und Grünen im Kabinett sind nicht kommentierbar. Aber der Michel will es ja genau so.

Wolfgang Nirada / 06.12.2021

Bei dieser “Regierung” braucht Deutschland wirklich keine zusätzlichen Feinde mehr…

Volker Wache / 06.12.2021

Für die nächsten 4 Jahre heißt’s in ‘schland “Immer lustig in Bullerbü!”

Roland Stolla-Besta / 06.12.2021

Danke, Herr Grimm, für diesen herrlich ironischen Text. Ja, man kann diesen Berliner Polit-Affen*innen-Zirkus, diese Schmierenkommödie, tatsächlich nur noch mit Sarkasmus ertragen! Wenigstens den dürfen wir uns noch in diesem Land erlauben.

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