Kamala gegen Nikki – ein Traum

Statt der beiden betagten Kontrahenten Joe Biden und Donald Trump wünsche ich mir eine ganz andere Konstellation im Kampf um das Amt des US-Präsidenten. Man wird ja noch träumen dürfen!

Ich hab mal wieder einen Traum. Einen amerikanischen Traum. Und der geht so: Die beiden Oldies Donald Trump und Joe Biden schaffen es wider Erwarten doch nicht in die Endrunde ums Weiße Haus. In normalen Zeiten könnte dieser Traum Wirklichkeit werden. Oder ist es normal, dass beide Präsidentschaftskandidaten dem zweifelnden Publikum immer wieder erklären müssen, dass sie geistig noch voll auf der Höhe sind? Nehmen wir also einfach mal an, Joe Biden wirft aus Altersschwäche das Handtuch und Donald Trump wird nicht nur aus Altersgründen schwach, sondern auch wegen seiner vielen Anklagen und Strafverfahren. Was dann? Dann tritt mein Traum in Aktion: ein Frauenkampf ums Weiße Haus. Im Ring: Kamala Harris gegen Nikki Haley, die plötzlich ihre Chance erhielte. Und eine von beiden zieht ins Oval Office. 

Machen wir uns also an die Traumdeutung. Wer ist Nikki, wer ist Kamala? Nikki Haley ist 52 Jahre alt. Das ist eine wichtige Feststellung, weil auch der Herr, der ihr im Weg steht, mit seinen 77 Jahren mitten hinein in die Altersdebatte gehört, die den 81-jährigen Präsidenten täglich begleitet. Hat man mal die Zulassung zu einer Ü-75-Party erreicht, kommt es auf die paar Jährchen nicht mehr an. Das kann ich als Joe Bidens Jahrgangsgenosse aus persönlicher Erfahrung sagen. Nikki Haley ist also im Vergleich eine junge Hüpferin. Genau in dem Alter, das einem in normalen Zeiten die Türen für das Weiße Haus öffnet.

Politisch ist sie ein weiblicher Donald mit indischen Wurzeln. Sie gehört(e) mitten hinein in die MAGA-Gruppe der Republikaner. Aus diesem Kreis wurde sie nur deswegen verstoßen, weil sie es wagte, gegen den Guru anzutreten. Und einfach weiterzumachen, obwohl dieser ihr empfahl, Schluss mit der Majestätsbeleidigung zu machen. Früher war die ehemalige Gouverneurin von South Carolina ihm so lieb, dass er sie als Botschafterin zu den Vereinten Nationen geschickt hat. Und für sie gilt weiterhin, obwohl Donald Trump sie verstoßen hat, dessen Motto: „Make America Great Again“.

Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied. Sie spricht in zusammenhängenden Sätzen und leidet nicht unter den verwirrenden Plaudersprüngen, mit denen Trump das etwas kritischere Publikum in Furcht und Schrecken versetzt. In ihrem verzweifelten Konkurrenzkampf gegen den alten Herrn hackt sie auch gerne auf dessen intellektuellen Problemen herum. Beispiel: „Wenn man mit dem Druck der Präsidentschaft umgehen muss, darf sich nicht die Frage stellen, ob man geistig dazu in der Lage ist.“

Knochenharte Staatsanwältin von San Francisco

Und Kamala Harris? Ist sie eine jüngere Version ihres Chefs? Jünger auf jeden Fall, wenn auch mit ihren 63 Jahren nicht so taufrisch wie die geträumte Konkurrentin. Als erste Frau im Vizepräsidenten-Amt hat sie Historisches schon geschafft. Und sonst? Wie Joe Biden gehört die frühere US-Senatorin in die Mitte der demokratischen Partei. Als ehemalige, knochenharte Staatsanwältin von San Francisco und kalifornische Justizministerin, bekannt für ihren Kampf gegen die kriminelle Drogenszene, gehört sie eher zu den konservativeren Demokratinnen. Als Frau mit afrikanischen und asiatischen Vorfahren kann sie sich aber auch links sehen lassen.

Was auch sie, wie ihre republikanische Traumkonkurrentin, von ihrem Chef unterscheidet, ist die Tatsache, dass man bei ihr nicht die ständige Sorge haben muss, dass sie sich beim Reden verheddert und auf jeder zweiten Treppe stolpert. Bei ihr gibt es aber eine andere Sorge: das Hillary-Clinton-Syndrom. Sie ist bisher kein Renner beim Publikum. Allerdings aus anderem Grund: Hillary Clinton war zu verbissen ehrgeizig, Kamala Harris ist hinter dem alten, aber politisch breiten Rücken ihres Präsidenten kaum hervorgetreten. Einen ihrer publikumswirksamsten Auftritt hatte sie jetzt in München bei der Sicherheitskonkurrenz. Immerhin hat sie neulich gesagt: „Ich bin bereit zu dienen.“

Der Traum bietet also die für Amerika revolutionäre Wahl zwischen zwei jüngeren weiblichen Personen, die politisch eine große Ähnlichkeit mit den Senioren haben, die sie ablösen würden. Auffallend neu wäre bei beiden nur, dass man sich bei ihnen keine Sorgen um ihre körperliche und geistige Stabilität machen müsste.

Und dann? 2028? Ein neuer amerikanischer Traum.

So, es ist Zeit, aus diesem Traum wieder aufzuwachen. Denn nichts deutet darauf hin, dass die beiden Platzhirsche den Weg für den Nachwuchs freimachen. Donald Trump denkt nicht im Traum daran. Joe Biden denkt wohl daran, aber ohne Eile. Er ist der Überzeugung, dass nur er Trump stoppen und für die Demokraten im Weißen Haus bleiben kann. Ob er dann – sagen wir mit 84 – der Jugend weicht und seiner dann – sagen wir 66-jährigen – Vizepräsidentin den Platz im Oval Office überlässt, muss kein Traum sein, sondern könnte Realität werden.

Ganz anders Donald Trump. Sein Bannstrahl gegen die hartnäckige, wenn auch nicht sehr aussichtsreiche Konkurrentin wird über die Wahl im November hinaus wirken. Nikki Haley hat, wenn Trump seine zahlreichen Strafverfahren politisch überlebt, keine Chance. Zieht Donald Trump wieder ins Weiße Haus ein, findet sich Nikki Haley in der politischen Wüste wieder und muss aus der Ferne einen anderen oder eine andere Vize beneiden. Aber wer auch immer das sein wird: Trump wird seine zweiten vier Jahre bis zum letzten Tag durchziehen und keinem Vize weichen.

Und dann? 2028? Ein neuer amerikanischer Traum. Wohl mit bekannter demokratischer Besetzung, also mit Kamala Harris, oder aber mit neuem republikanischen Personal. Es sei denn, Donald Trump schafft es irgendwie, die vorgeschriebene Acht-Jahres-Grenze zu durchbrechen, wie seinerzeit Franklin D. Roosevelt, der es bis in eine vierte Amtszeit hinein gebracht hat. Danach verliehen die Amerikaner der Acht-Jahres-Tradition allerdings Verfassungsrang. Gilt das auch für Trump? Nun, er hat in einem Interview versprochen, dass er nur für einen Tag Diktator werden möchte. 

 

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: Montage Achgut.com/ Lawrence Jackson via Wikimedia Commons / Renee Ittner-McManus via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Petra Horn / 22.02.2024

OMG! Eine ist eine schlimmere Kriesgtreiberin als die andere. Beide lassen ohne jede Grenze und Hemmungen Millionen von teilweise gewaltätigen Migranten ins Land. Beide sind Marionetten des herrschenden Systems. Beide verachten den “gemeinen” Amerikaner. Beide würden sich sofort in irgendeinen Krieg verstricken. Beide würden die Demokratie, also die echte Demokratie = Herrschaft des Volkes, noch weiter aushöhlen. Und die Europäer, insbesondere die Deutschen würden noch stärker ausgebeutet. Irgendwann muß es damit auch mal zu Ende sein!

Werner Bürstel / 22.02.2024

Also diese Einschätzung kann ich nicht teilen: Haley (eigentlich Nimarata Randhawa) ist keine MAGA-Republikanerin, sondern eine klassische Neocon-Scharfmacherin, die am liebsten auf der ganzen Welt Krieg führen würde. Dass Trump sie einst nach vorn gebracht hat, sagt nicht viel, er ist notorisch schlecht in der Personalauswahl. Und Kamala Harris ist - und da sind sich selbst die demokratischen Granden einig - strohdumm und hat eventuell sogar ein Alkohol/Drogenproblem. Warum wohl hält man weiter am offensichtlich dementen Biden fest? Weil Harris automatisch seine Nachfolgerin wäre und sich selbst eingefleischte Demokraten davor fürchten (offenbar ist sie auch weniger leicht zu handlen als Biden…) Warum man sie 2020 zur Vizepräsidentin gemacht hat ist ein Rätsel - nach ihrer Demontage in einer Vorwahldebatte durch Tulsi Gabbard (auch indischstämmig, aber im Gegensatz zu den Beiden wirklich ein kleiner Lichtblick), hätte man sie nie in die Nähe des weißen Hauses lassen düfen….

Volker Kleinophorst / 22.02.2024

Eher ein Alptraum.

Stephan Schwarz / 22.02.2024

Nein danke. Nach Margot, Rita, Angela, Claudia, Annalena, Marie-Agnes, Lisa, Nancy, Dorothee, Ricarda sowie Hillary und Kamala drüben dürfte der Bedarf an weiblichen Politikern bei vielen inzwischen gedeckt sein.

Robert Schleif / 22.02.2024

Während die Entscheidung zwischen Trump und Biden eigentlich nur gut ausgehen kann (entweder zerstört Trump den „demokratischen“ Filz oder es stirbt mit Biden an Altersschwäche), wüsste ich nicht, welche von den beiden Hexen nun das kleinere Übel oder gar mein Traum sein soll. Außen- und kriegspolitisch hat sich Haley als eine republikanische Hillary Clinton geoutet und beide Damen sind Fleisch vom Fleische des Establishments. Unter beiden würden Deep State, Weltoligarchen und radikale Zeitenwendler wunderbar ihr Werk weitertreiben können.

Frank Bitterhof / 22.02.2024

Der US-Senator, der Fauci auf den “heißen Stuhl” gesetzt hat und welchem ich Integrität und Aufrichtigkeit unterstelle, Rand Paul, hat eine eigene Webseite “Never Nikki” [Haley] geschaltet, auf der er stichpunktartig erläutert, warum diese Dame von allen Bewerbern um das Präsidentenamt die schlechteste Wahl wäre. Wenn die US-Präsidentin wird, baue ich mir besser einen Atomschutzbunker.

Dr. Joachim Lucas / 22.02.2024

Mir wären kompetente Kandidaten lieber.

RMPetersen / 22.02.2024

Wie der Herr B. sich noch Hoffnungen auf bessere Regierungen durch Frauen machen kann, nur weil es Frauen sind, ist mir unbegreiflich. Weder Merkel noch Faeser noch Baerbock noch Lang sind Positiv-Beispiele. Ausser Golda Meir und Margaret Thatcher fällt mir keine ein, die Respekt abnötigt. Während Frau Harris in der Politik ihre Unfähigkeit nachgewiesen hat, kann Frau Haley geltend machen, daß sie als Gouverneurin und Botschafterin keine grösseren Fehler gemacht hat. Reicht das?

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