Der Smog über Südostasien ist nicht zuletzt dem Palmöl-Boom zu verdanken. Aber in der EU ist man schon wieder dabei, die Energiegewinnung aus Feldfrüchten noch weiter zu forcieren. Der Film zum Thema: “Climate Crimes”
Eines der traurigsten Kapitel, die uns die Diskussion um Klimawandel und Klimapolitik bescherte, ist das Thema Biosprit, der angeblich unser Klima schützen soll. Auch wenn sich langsam aber sicher selbst in der Szene der Weltuntergangspropheten die Einsicht breit gemacht hat, dass der massive Ausbau von Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen auch hierzulande, aber vor allem in den Tropenländern schwerste ökologische Probleme mit sich bringt, scheint die Walze kaum noch zu stoppen zu sein. Monokulturen verdrängen bäuerlichen Nahrungsanbau und – zumindest indirekt – auch den Regenwald. Ein bemerkenswerter Film zum Thema, der in den vergangenen Monaten von sich Reden machte, „Climate Crimes“ (und hier im Blog besprochen wurde), wurde am Freitag Berlin in den Hackeschen Höfen gezeigt, mit anschließender Diskussion unter anderem mit dem Autor Ulrich Eichelmann.
Das Thema könnte aktueller nicht sein. Gerade hören wir in den Abendnachrichten, dass Singapur im Smog erstickt, weil im benachbarten Indonesien der Urwald für Palmölplantagen durch Feuer gerodet wird. Noch ist die Nahrungsindustrie Hauptabnehmer auf dem Palmöl-Markt, doch die Biosprit-Branche drängt sich immer stärker in den Vordergrund. Als wäre diese Problematik nicht längst bekannt, hat die EU in einem Beschluss von Donnerstag abend noch Öl ins Feuer gegossen. Der Industrieausschuss der Gemeinschaft hat einen Beschluss gefasst, nach dem der Biosprit-Anteil im Autobenzin von fünf auf sechseinhalb Prozent erhöht werden soll, damit die EU ihren zweifelhaften Klimazielen näher kommt. Der Ausschuss für Handel und Transport hatte am Dienstag bereits das selbe Votum abgegeben.
Der Hamburger Umweltverein „Rettet den Regenwald“ beklagt, dass die EU dabei nicht einmal gegenrechnet, ob ihre eigenen Klimakriterien trotz gesteigertem Biospritanteil durch die so geförderte Landnutzungsänderung in Tropenwaldgebieten womöglich konterkariert werden. Egal ob die EU ihren Sprit oder den Rohstoff dazu in Indonesien oder anderswo einkauft, den Markt für Energiepalmöl wird der Beschluss beleben, direkt oder indirekt, und deshalb wird in Indonesien und anderen Regenwaldländern gerodet. Die EU-Kommission hatte sich aufgrund starker Kritik am Biosprit im vergangenen Jahr eigentlich auf ein Limit von fünf Prozent Beimischung geeinigt, was die immer mächtigere Lobby inzwischen aber längst zu untergraben versucht. Der Umweltausschuss wird nächsten Monat tagen.
Gerade haben Artenschützer auf ein besonderes Problem bei der Urwaldrodung zugunsten von Plantagen hingewiesen: Der Sumatra-Elefant, der weltweit am meisten gefährdete seiner Art, dürfte Opfer unseres Hungers nach Palmöl werden. Mindestens 65 Prozent des tropischen Regenwaldes von Sumatra müsse für sein Überleben erhalten werden, heißt es, die staatlichen Masterpläne sehen aber nur mehr 45 Prozent vor. Hier noch Weiterführendes dazu von “Rettet den Regenwald”.
All dies reicht noch nicht? Dann schauen Sie sich den Film „Climate Crimes“ an. Es gibt ihn auch im Internet, und zwar hier.
Zuerst erschienen auf Ulli Kulkes blog bei der WELT.