Von Alexander Gutzmer
Eine feine Bildbesprechung der aktuellen Marlboro-Plakatwerbung liefert Hans-Jürgen Linke in der Frankfurter Rundschau.
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=1293996
Die schiefe Landschaftsfotografie setzt er in Zusammenhang mit der aus der Bahn geratenen Welt der Tabakindustrie. Das verweist auf einen unterbeachteten Aspekt der Antirauchdebatte: Die Bedeutung von Zigaretten und Zigarettenwerbung für die Kultur. Werbeverbote wirken Kultur zerstörend. Ohne die Kippe im Mund schwermütiger (Lebens-)Künstler hätte das französische Kino nicht seinen Rang als Institution für alles gepflegt Weltschmerzige aufbauen können. James Dean? Nur mit Kippe denkbar. Auch in der Weltliteratur wird viel und bedeutungsschwanger geraucht, bei Thomas Mann ebenso wie bei Oscar Wilde…
Nachlesen kann man dies in Christa Jekoffs “Rauchzeichen”.
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Auch Tabakwerbung ist überaus kultur- und stilprägend. Allgemein akzeptiert ist ja noch die Hintersinnigkeit der Lucky Strike-Kampagne. Doch auch Camel-Kamel und HB-Männchen wurden kulturelle Ikonen – ebenso wie der Marlboro-Mann. Ohne die exzellent geschossenen Aufnahmen amerikanischer Ikonenlandschaft wird das Sujet “Kinowerbung” ärmer.
Bedauern sollten dies nicht zuletzt zeterfreudige Hardcore-Nichtraucher. Schließlich war für sie der Moment des Marlboro-Werbespots im Kino bisher immer ein überaus Identität stiftender. In demonstrativ zynischem Gegacker versicherten sie sich (und qua Dezibel den anderen 800 Kinobesuchern) der Ablehnung des Marlboromannes und damit zugleich des ganzen amerikanischen Imperialismus etc.. Also, ihr Gutmenschen dieser Welt: Wie wäre es mit einer Demo gegen Werbeverbote?