Vera Lengsfeld / 17.04.2012 / 13:31 / 0 / Seite ausdrucken

Geschichtsfälschung in Potsdam

Ganz in der Nähe des idyllischen Neuen Gartens befand sich in der Potsdamer Leistikowstrasse ein KGB-Gefängnis. Hier wurden die Häftlinge des KGB in den vierziger Jahren unter Folter zu Geständnissen gezwungen, die ihre Deportation in den Gulag rechtfertigen sollten. Vor ein paar Jahren hatte Memorial Deutschland in den weitgehend original erhalten gebliebenen Räumen eine vielbeachtete Ausstellung über Haftbedingungen und Häftlingsschicksale gezeigt. Zu realistisch offenbar für den Geschmack der Rot-Roten Regierung in Brandenburg. Deshalb wurde der Beschluss gefasst, mit immerhin 900 000 € eine Gedenkstätte zu errichten, mit einer „wissenschaftlichen“ Ausstellung.
Die Leitung des Projekts wurde Frau Ines Reich übertragen. Nachdem die neue Leiterin ein Jahr mit der Einrichtung von Büros und Schulung von Personal verplempert hatte, wurde in den folgenden zwei Jahren ein Gedenkstättenkonzept entwickelt, dass eine glatte Verfälschung des Ortes und seiner Geschichte ist. Spionage im „Militärstädtchen“, wie die Umgebung im DDR-Jargon verniedlichend getauft wurde, steht jetzt im Mittelpunkt. Die Funktion als Haft-, und Folteranstalt wurde zu einer Nebensache. Dabei wurden auch bauliche Veränderungen am denkmalsgeschützten Gebäude vorgenommen.
Bei der Sanierung wurden die Zellenfenster vergrößert und die ursprünglich vorhandenen Verdunkelungen entfernt. Damit ist die Totalisolation, mit der die Häftlinge zu Geständnissen gezwungen wurden, nicht mehr nachzuvollziehen. Des Weiteren ist eine Isolationszelle im Obergeschoß, die so eng war, das sich die Gefangenen darin kaum bewegen konnten, nicht mehr zugänglich, angeblich wegen “Einsturzgefahr”. Nach erfolgter Sanierung!
Auf den aus Brandschutzgründen notwendigen Notausgang im Keller wurde dagegen aus “Denkmalschutzgründen” verzichtet. So ist zu befürchten, dass der Keller demnächst für Besucher nicht mehr zugänglich sein wird.
In der Ausstellung wurden Berichte von Zeitzeugen inhaltlich manipulativ verkürzt und anonymisiert, so dass die schrecklichen Erinnerungen weniger schlimm erscheinen. Der Protest der ehemaligen Insassen wurde von der verantwortlichen Leiterin , Frau Ines Reich, seit Jahren ignoriert. Wenn Frau Reich jetzt behauptet, zwei Jahre seien nicht ausreichend gewesen, sich mit allen Aspekten gründlich zu befassen, zeigt das , freundlich gesagt, ihre Inkompetenz, wenn man deutlicher werden will, ist diese Aussage ein Beweis für ihren Willen zur Geschichtsklitterung. Denn wenn die Zeit knapp ist, konzentriert man sich auf die wichtigsten Aspekte. Im Falle der Leistikowstraße ist es die Tatsache,daß hier die Häftlinge zu Geständnissen gezwungen und in den Gulag verbracht wurden.
Morgen soll die Gedenkstätte im Beisein von Kulturstaatsminister Neumann und Ministerpräsident Platzeck eröffnet werden. Das wäre dann die staatliche Unterstützung der Geschichtsfälschung.
Dagegen laufen die ehemaligen Insassen der Leistikowstrasse Sturm. Sie haben eine Gegenausstellung in der nahe gelegenen Villa Quand organisiert und bilden ab 13.00 Uhr eine Menschenkette zum Protest gegen die Verharmlosung von KGB und Sowjetdiktatur. Man darf gespannt sein, auf wessen Seite sich der Kulturstaatsminister und der Ministerpräsident stellen.

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