Wolfgang Meins / 21.03.2021 / 15:00 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Gendermedizin – Antreten zur Schulung!

Einer alten Gewohnheit folgend, lande ich beim Durchblättern des Deutschen Ärzteblatts auch heute noch gelegentlich bei den Stellenanzeigen. Jüngst stieß ich dabei auf ein Inserat (Heft 9/2021) der städtischen Münchner Kliniken (MünchenKlinik), die eine(n) „Ärztin/Arzt für ein Schulungsprojekt im Bereich Gendermedizin im Notfallzentrum (w/m/d)“ für 20 Std./Woche suchen, befristet auf drei Jahre. Wozu soll das gut sein? „Zur Erstellung und Durchführung eines Schulungsprogramms über geschlechterspezifische Aspekte der notfallmedizinischen Versorgung für alle an der Notfallversorgung beteiligten Berufsgruppen im Bereich der Stadt München“. Gemeint sind damit im Wesentlichen Ärzte und Pflegepersonal.

Leser, die sich unter Gendermedizin nicht so recht etwas vorstellen können, finden hier einige weiterführende Erläuterungen; für potenzielle Bewerber gilt dieser Link. Aber Obacht: Die dortige Behauptung, „Geschlechterunterschiede bei Gesundheit und Krankheit sind bedeutender als bisher angenommen“, hört sich zwar gut an, ist aber reine Propaganda, also ohne gesichertes wissenschaftliches Fundament. In Wirklichkeit ist dieses Thema ein alter Hut. Was wiederum nicht heißt, dass es hin und wieder nicht doch noch neue Erkenntnisse gibt. 

Wenn die Fachreferentin für Gendermedizin in der MünchenKlink, Dr. Hildegard Seidl, interessanterweise eine Volkswirtin und promovierte Humanbiologin, befiehlt, „(a)ktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse [zur Gendermedizin] müssen laufend zur Kenntnis genommen werden“, impliziert das zuvorderst eine, ebenfalls nicht belegte, Behauptung: Ärzte würden dazu neigen, diese Forschungsergebnisse systematisch zu ignorieren. Die Lösung dieses Problems soll nun darin bestehen, ihnen den Stoff mittels verbindlicher Schulungen einzubimsen. 

Auf dem Stand der Fachdiskussion

Nun ist es aber geradezu ein Wesenszug der Medizin, dass ihre Akteure sich immer wieder den Stand der Fachdiskussion anzueignen haben, was das Fach in Verbindung mit dem raschen Wissensfortschritt und der gleichzeitigen Nähe zu Tod, Gesundheit, Leiden und Behinderung so ambitioniert macht. Allerdings kommt es angesichts der Publikationsflut von „wissenschaftlichen Forschungsergebnissen“ weniger darauf an, sie zur Kenntnis zu nehmen, als vielmehr die Spreu vom Weizen zu trennen und bei bestimmten Problemen vielleicht besser eine Bestätigungsstudie oder zumindest die Meinung von ausgewiesenen Experten zu diesem Thema abzuwarten. 

In ihrem Bestreben, auf dem aktuellen Stand der jeweiligen Fachdiskussion zu bleiben, benötigte die Medizin bisher allerdings keine Erziehungsversuche in Form von Schulungen – schon gar nicht durch irgendwelche Genderaktivisten. Und wer sollte sich sonst auf so eine Anzeige melden? Vielleicht auch noch einige Kandidaten, die sich vom harten Krankenhausalltag überfordert fühlen und jetzt den Kollegen mal zeigen können, wo der Genderhammer hängt. Ignoriert wird von der Referentin für Gendermedizin und ihrer Vorgesetzten, einer Juristin, dass im Krankenhaus – wo ja das Gros der Ärzte die Facharztweiterbildung absolviert – bereits eine meist gut funktionierende Fortbildungskultur etabliert ist. Speziell dem Facharztnachwuchs helfen diesbezüglich Oberarzt- und Chefarztvisiten. Ansonsten wären noch zu nennen: interne Fortbildungen, die Lektüre von Lehrbüchern, Fachzeitschriften und Leitlinien, die Facharztprüfung und vor allem die Vorbereitung darauf sowie der Besuch von teils verpflichtenden Fortbildungsveranstaltungen oder Kongressen – nicht zu vergessen das gelegentliche kollegiale Gespräch zwischendurch. 

Fehlendes Vertrauen

Wieso vertrauen die Gendermedizin und ihre Vorkämpfer nicht auf diese bewährten Fortbildungsinstrumente, sondern beabsichtigen stattdessen, ausgerechnet die ärztlichen Kollegen in den Notfallzentren – wo der Zeit- und Entscheidungsdruck besonders hoch ist – mit ihren Schulungen zu traktieren? Warum wird nicht – bis zum Beweis des Gegenteils – davon ausgegangen, dass die ärztlichen Kollegen die für ihre Arbeit relevanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen kennen und beherzigen und die oben genannte Fortbildungskultur auch bei diesem Problem hilft, auf dem aktuellen Stand zu bleiben? 

An Tatsachen sind die Protagonisten der Gendermedizin eher wenig interessiert. Für sie reicht der Glaube, etwas zu wissen: dass die medizinischen Unterschiede zwischen Mann und Frau von ganz besonderer, geradezu einzigartiger Ausprägung und Relevanz sind und diese Unterschiede von der immer noch männerdominierten Medizin natürlich systematisch ignoriert werden. Kurz gesagt: Die Frauen sind mal wieder Opfer, und dieser Status rechtfertigt in Verbindung mit der ganz besonderen Wichtigkeit des Anliegens spezielle Interventionen.

Das Übliche reicht bei diesem Abgrund von Geschlechterungerechtigkeit nicht mehr aus. Und das Verlockende dabei: Ist ein Gender-Schulungssystem erst einmal etabliert, ergeben sich doch praktisch von alleine weitere Unterrichtsthemen, wie kultursensibles, diskriminationsfreies Verhalten gegenüber Migranten und „Diversen“ oder auch die klimabewusste Verordnung von Medikamenten. Schließlich hinterlässt auch jede Tablette oder Infusion einen CO2-Fußabdruck.  

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Leserpost

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Harald Unger / 21.03.2021

Daß sich die Medizin gerne in den Dienst des Faschismus stellt, davon geben der Sozialismus braun/rot im 20. Jh. Auskunft. Seit 2015 zeigt sich die Synthese der beiden vorherigen Faschismen, diesmal in der totalitären, chinesischen Version des Marxismus. Wobei wir, medizinisch betrachtet, noch ganz am Anfang eines unvorstellbaren Horrors stehen, dessen barbarischer Zynismus in Nichts seinen historischen Vorbildern nachsteht. - - - Der Tag wird kommen, an dem die ‘medizinischen’ Genderverbrechen als das benannt werden, was sie sind. - - - Unterdessen trachtet die CCP mit allen! Mitteln danach, die globale Führungs- Deutungs- und Definitionsmacht im Bereich der Medizin zu übernehmen. Ganz besonders haben es den Chinesen die Gen Datenbanken westlicher Bürger und Militärangehöriger angetan, die zum Ziel großer Cyber Beutezüge wurden. Völlig klar, daß wir heute natürlich weder wissen noch ahnen können, warum die das machen.

Arthur Sonnenschein / 21.03.2021

Trofim Denissowitsch Lyssenko gefällt das.

Bjoern M. Nagel / 21.03.2021

Wenn in einer Demokratie ~80% Tyrannei und Niedergang sexy finden, was ist die Antwort der restlichen ~20% Vernünftigen?

giesemann gerhard / 21.03.2021

“Die Lösung dieses Problems soll nun darin bestehen, ihnen den Stoff mittels verbindlicher Schulungen einzubimsen”. Auf dem Foto sehe ich nur Kerle.  Sollen die getrimmt werden, der Humandingens was ein zu bumsen? A Gaudi wars scho’, host mi?

Bernd Meyer / 21.03.2021

Mit Ihnen möchte ich mich nicht duellieren, Herr Meins. Nennen Sie es Instinkt.

Sebastian Weber / 21.03.2021

Zu diesem Thema gleich ein paar Fragen: 1. Gibt es biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Wenn Frage 1 bejaht wird: 2. Geht die Medizin auf diese Unterschiede ein? Ja, es gibt z.B. die Frauenheilkunde und Geburtshilfe, außerdem Andrologen. 3. Wenn jetzt das Gendergedöns auch auf andere Gebiete der Medizin aufgesetzt werden soll, kann es sein, dass da einige ExpertINNEN scharf auf sonst nicht erreichbare wissenschaftliche Meriten aus sind und/oder sogar eine gut bestallte Professur für “Gendermedizin” anstreben? Leute - ähh Leutinnen - kommt mal wieder runter von Eurem Genderstern ...

S. Barthel / 21.03.2021

>>Geschlechterunterschiede bei Gesundheit und Krankheit sind bedeutender als bisher angenommen“, hört sich zwar gut an, ist aber reine Propaganda, also ohne gesichertes wissenschaftliches Fundament<<  Bei allem Respekt, aber das ist doch nicht wahr. Natürlich ist bekannt, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Medikamente reagieren. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass bei Frauen beispielsweise Herzinfarkte übersehen werden, weil sie sich eher untypisch äußern - also nicht mit dem klassischen Engegefühl und dem Schmerz im linken Arm, sondern eher als allgemeines Unwohlsein, gepaart mit starker Übelkeit. Oder sind wir auf der Achse jetzt auch bei der Erkenntnis angelangt, dass Männer und Frauen biologisch identisch und Geschlechter nur ansozialisiert seien.

Michael Hinz / 21.03.2021

„Gendermedizin im Notfallzentrum“: Roßtäuscher unterwegs in der Lebenswelt bis an die Grenzen der Heimatliteratur und weiter. Nicht Geschlechterdifferenz ist in der Notaufnahme das Problem, sondern der auf Integrationsgipfeln herbeigesehnte Ethnopluralismus. Das Märchen von Frauen als Opfer lenkt von Verwerfungen tribalistischer (Un-)Kultur ab. Schafft Stellen für weitere Sicherheitskräfte, nicht für selbsternannte Humanitaristen, oder bringt den Ärzten und Pflegern Selbstverteidigung bei.

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