Stephan Kloss, Gastautor / 02.04.2021 / 13:34 / Foto: Imago / 83 / Seite ausdrucken

Geimpfte in Sachsen als Infizierte getestet

In einem internen Rundschreiben an seine Mitarbeiter teilte das Universitätsklinikum Leipzig kürzlich Erstaunliches mit. Darin heißt es:

„Aktuell kann nicht von einer sterilen Immunität als Ergebnis der Schutzimpfung ausgegangen werden. Geimpfte können weiterhin ansteckend sein und das Virus weitergeben. Es ist natürlich erfreulich, dass die Impfung gut vor der COVID-Erkrankung schützt, aber die dann meist asymptomatischen Verläufe sind für Übertragung und mögliche Ausbreitung des Virus umso tückischer. Das bedeutet, dass trotz Impfungen die Schutzmaßnahmen wie die AHA-L-Regeln auch in internem Umgang miteinander weiterhin aufrechterhalten werden müssen. Das gilt auch und vor allem für die Pausen. Auch im privaten Umfeld sollten Kontaktbeschränkungen weiterhin ernst genommen werden. Seien Sie weiterhin vorsichtig und aufmerksam!“

Was war passiert?

Der Rundbrief wies darauf hin, dass es Einzelfälle gegeben habe, wo beobachtet worden sei, dass symptomfreie Mitarbeiter trotz „vollem Impfschutz“ im regulären SARS-CoV-2-Screening positiv getestet worden seien. Da in dem betroffenen Bereich die Schutzmaßnahmen nicht vollständig eingehalten worden wären, seien sieben Mitarbeiter in Quarantäne.

Auf meine Nachfrage beim Uniklinikum bezifferte eine Sprecherin die Zahl der positiv Getesteten mit zwei. Diese seien gemäß Vorschrift an das Gesundheitsamt Leipzig als Neuinfektionen gemeldet worden. Das wiederum bestätigte, dass das Gesundheitsamt jetzt bei jedem Erkrankten auch den Impfstatus erfasse.

Warum behält das Uniklinikum wichtige Erkenntnisse für sich?

Auf eine weitere Nachfrage an die Uniklinik, ob die Erkenntnis, dass bei der Impfung derzeit von keiner sterilen Immunität ausgegangen werden kann, auch per Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gegangen sei, hieß es in der Antwort, dass der Fakt keineswegs neu sei und aktuell ja international wissenschaftlich untersucht werde. „Ein Anlass zu einer Kommunikation unsererseits per Pressemitteilung war daher nicht gegeben“, so die Uniklinik und sie verwies auf einen Link mit Mitteilungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zum Thema Covid-19 und Impfen.

Im Rahmen guter wissenschaftlicher Publikationspraxis dürfte man bei einer hauptsächlich mit Steuermitteln finanzierten universitären Einrichtung eigentlich davon ausgehen, dass wichtige eigene Erkenntnisse bezogen auf eine Virus-Impfung automatisch mit der Öffentlichkeit geteilt werden. Und man dürfte nicht davon ausgehen, dass diese Erkenntnisse in einem internen Rundschreiben „untertauchen“, das nur Mitarbeitern zugänglich ist, während  sich „draußen“ täglich tausende Sachsen impfen lassen in dem Glauben, dass sie danach nicht nur immun sind, sondern außerdem niemanden aus ihrem Umfeld mehr anstecken können.

Treiben positiv getestete Geimpfte die Inzidenzen hoch?

Die Episode wirft grundsätzliche Fragen auf. Wie viele Geimpfte, die nach der Immunisierung positiv getestet wurden, sind als Neuinfektionen in die Statistiken eingeflossen und haben damit die Inzidenzen hochgetrieben? Und damit Lockerungen unwahrscheinlicher gemacht?

Für den Freistaat sieht es so aus (vollständig geimpfte und positiv auf SARS-CoV-2 getestete Personen):

Erzgebirgskreis:         29

Landkreis Leipzig:     8

Landkreis Meißen:     4

Landkreis Mittelsachen:        3

Landkreis Nordsachsen:        4

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge:        6

Vogtlandkreis:           20

Stadt Chemnitz:         6

Stadt Dresden:            10

Stadt Leipzig:             4

Gesamt:                      94

Die Neuinfektionen von vollständig Geimpften verteilen sich auf folgende Altersgruppen:

20 bis 29         5

30 bis 39         11

40 bis 49         15

50 bis 59         15

60 bis 69         3

70 bis  79        4

80 bis 89         25

90 und älter    16 

(Quelle: Sozialministerium Sachsen, Zeitraum 1.1. bis 29.3.2021)

Dem Sozialministerium sollte angerechnet werden, dass diese Zahlen überhaupt erhoben werden. Hinterfragungswürdig scheint, warum diese relevanten Informationen nicht wirksam mit der Öffentlichkeit geteilt werden. Und wird beziehungsweise wurde jeder vor der Impfung darüber aufgeklärt?

Geimpfte als Superspreader?

Die Folgen angesichts der oben genannten Zahlen, bezogen auf die Immunisierung, könnten schwerwiegend sein. Zum Beispiel:

1. Geimpfte, die positiv getestet wurden, könnten bereits vorher zu Superspreadern geworden sein, z.B. in Pflegeheimen.

2. Geimpfte, die positiv sind, es aber nicht wissen, könnten als Superspreader über einen relativ langen Zeitraum ihr privates und berufliches Umfeld anstecken. Gleiches gilt für asymptomatische Fälle, obwohl die hier möglicherweise nicht entscheidend sein könnten. 

3. Da offenbar immer klarer wird, dass Geimpfte andere anstecken können, ist ein Ende von Maskenpflicht und Lockdown nicht möglich.

4. Sollte sich herausstellen, dass die Wirksamkeit der Immunisierung nur einige Monate anhält und danach erneut geimpft werden muss (ähnlich der Grippeschutzimpfung), wiederholt sich der Vorgang und wird zur Endlosschleife.

5. Wie viele Personen haben sich bisher bei Geimpften, die positiv sind, angesteckt?

In einer Antwort legte das Sozialministerium kürzlich noch eine weitere Erkenntnis offen, die bemerkenswert ist und hier nicht fehlen sollte: 

„Kein Impfstoff schützt zu 100 Prozent und gerade ältere oder immungeschwächte Personen entwickeln oft nicht die gewünschte Immunantwort. Dies ist für alle Impfungen und nicht nur für die SARS-CoV-2-Impfung bekannt. Selbstverständlich werden SARS-CoV-2-Impfdurchbrüche näher untersucht. Das RKI führt eine entsprechende Studie durch, an der auch die sächsischen Gesundheitsämter beteiligt sind.“

Erstaunlich ist, wie sich das Wording verändert hat. Am Anfang der Impfkampagne dominierten eindringliche Aufrufe, nicht nur der Staatsregierung Sachsen, Ältere möglichst schnell und umfassend durchzuimpfen. Aussagen wie die obige waren kaum zu vernehmen, obwohl Mediziner darauf hingewiesen hatten. Kommt jetzt plötzlich eine leise Kehrtwende? 

Leipziger Uni-Professoren teilen kräftig aus

Um einen weiteren Rundbrief soll es am Ende noch gehen. Titel „Warum wir uns impfen lassen“, unterschrieben von 12 Professoren der Uniklinik Leipzig. Darin werden alle Mitarbeiter aufgefordert, sich impfen zu lassen. Auf vier Seiten werden die Vorteile der mRNA-Impfung erklärt. Gegen diese Meinungsäußerung ist in keiner Weise etwas einzuwenden. Ein bitteres Geschmäckle entwickelt sich beim Leser, wenn er den letzten Absatz auf Seite 1 des Briefes liest:

„Bei der Diskussion der Nebenwirkungen haben sich auch einige Ärzt*innen geäußert, denen wir als Wissenschaftler hier deutlich widersprechen. Wir wissen alle aus der Schule, dass nicht alle Lehrer*innen kompetent sind. Das gleiche gilt natürlich auch für Anwält*innen, Elektriker*innen und Ärzt*innen“.

Sie haben richtig gelesen. Das steht in dem Rundschreiben in gendergerechter Ausführung. Eine Sprecherin des Uniklinikum Leipzigs hat die Echtheit des Dokumentes bestätigt. Die Erwähnung der Namen der 12 Professoren erspare ich uns hier, Andersdenkende bzw. andere Berufsgruppen zu diskreditieren, ist kein Teil wissenschaftlicher Publikationspraxis. Es darf daran erinnert werden, dass nur ein sachlicher Diskurs die Wissenschaft vorangebracht hat. Deshalb halten wir die Erde auch nicht mehr für eine Scheibe, die von der Sonne umkreist wird.

Zu den o.g. Zeilen der Professoren fällt mir spontan ein: 

Wir alle wissen, dass die 33.000 Lehrer im Freistaat Sachsen zur Zeit einen schweren Job machen und Mehrfachbelastungen meistern: Online-Unterricht, Vorbereitung von Lehrmaterial für Homeschooling, ständige neue Anforderungen umsetzen etc.

Wir alle wissen, dass Elektriker u.a. auch dafür sorgen, dass in den Büros und OP-Sälen der Professoren die Lichter brennen.

Wir alle wissen, dass Anwälte in einem Rechtsstaat Organe der Rechtspflege sind, nachzulesen in der Bundesrechtsanwaltsordnung.

Dass nicht alle Ärzte kompetent seien, schrieben die 12 Professoren und ließen offen, ob sie sich inkludiert haben oder nicht.

Nullius in verba.

 

Stephan Kloss ist freier Journalist. Er lebt in Leipzig und studiert Psychologie.

Foto: Imago

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W. Hoffmann / 02.04.2021

Es werden Antikörper-Schnelltests für einen Befund herangezogen. Hat jemand die Krankheit durchgemacht, verfügt er über Antikörper, logisch. Bei dem Test gilt er aber als infiziert. So funktioniert das heute.

Michael Wilde / 02.04.2021

„ Dass nicht alle Ärzte kompetent seien, schrieben die 12 Professoren und ließen offen, ob sie sich inkludiert haben, oder nicht.“ Treffer und versenkt!

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