Die Feminisierung der Unis und ihre Folgen

Obwohl aus wissenschaftlicher Sicht eigentlich Schnee von vorgestern, dominiert in Medien, Politik und weiten Teilen der Öffentlichkeit immer noch die Erzählung von den zahlreichen Karriere-Hemmnissen, denen Frauen an Universitäten ausgesetzt seien. Als härtester Beleg dafür gilt die weiterhin vorhandene Männerdominanz bei den Professoren: Nach Angaben des Statistischen Bundeamtes lag im Jahr 2018 der Männeranteil an allen Professuren bundesweit bei 75,3 Prozent. 

Eine in diesem Jahr publizierte, methodisch ausgesprochen sorgfältige und zudem sehr abwägend argumentierende schwedische Studie hat sich nun des Problems der vermeintlichen Benachteiligung von Frauen bei der akademischen Karriere angenommen. Dieses Thema stößt nicht überall auf Gegenliebe. So weisen die Autoren am Ende ihres Beitrags darauf hin, dass ihre Studie erst mit deutlicher Verspätung publiziert werden konnte, weil sechs wissenschaftliche Zeitschriften eine Veröffentlichung abgelehnt hatten – fünf davon führten keine Gründe an, sondern erklärten sich schlicht für nicht zuständig. Früher hätte man eine solch mehrfach abgewiesene Studie eher nur noch mit der Kneifzange angefasst. Heute, in Zeiten von politischer Korrektheit und Cancel Culture, kann das hingegen einem Ritterschlag entsprechen, wie im vorliegenden Falle. 

Ausgehend von einer empirisch entweder überhaupt nicht beziehungsweise nur sehr schwach belegten oder sich aus methodischen Gründen einer experimentellen Überprüfung entziehenden, aber dennoch immer wieder in Stellung gebrachten vermeintlich systematischen Benachteiligung weiblicher Wissenschaftler durch ein patriarchisches und männerdominiertes Umfeld, untersuchten die beiden Psychologen von der Universität Umeå folgende Hypothese: Wenn es sich tatsächlich so verhält, dass für Frauen der Weg zu einer Professur schwieriger und steiniger ist, sollten diejenigen, die das Ziel erreichen, wissenschaftlich mehr vorzuweisen haben als ihre männlichen Kollegen. 

Natürlich stellt sich die Frage, wie wissenschaftliche Leistungen sinnvoll und möglichst objektiv gemessen werden können. Hier durch drei Größen: die Anzahl der Veröffentlichungen als Erstautor in wissenschaftlichen Zeitschriften, die durch den Impact Faktor erfasste Qualität dieser Zeitschriften und schließlich die Häufigkeit, mit der die einzelnen Veröffentlichungen von anderen Wissenschaftlern zitiert worden sind. Diese drei Parameter wurden für diejenigen ermittelt, denen es während eines Sechsjahreszeitraums gelang, an einer der sechs größten Universitäten Schwedens auf eine Professur berufen zu werden. Die Ergebnisse stützen die Untersuchungshypothese nicht – im Gegenteil: Die berufenen Frauen hatten sowohl in der Medizin als auch den Sozialwissenschaften signifikant weniger Veröffentlichungen vorzuweisen und wurden auch signifikant seltener zitiert, was auf eine geringere Relevanz ihrer Forschungsergebnisse hinweist. 

Die Forschungslage ist recht eindeutig

Tatsächlich war es für die weiblichen Bewerber also leichter, an eine Professur zu gelangen. Diese Ergebnisse fügen sich nach Meinung der beiden schwedischen Autoren durchaus stimmig in den einschlägigen, wenngleich meist ignorierten Forschungsstand ein. Beispielsweise konnte vor vier Jahren bereits eine deutsche Studie nachweisen, dass Frauen, die im Fach Soziologie eine Lebenszeitprofessur erlangt hatten, 23 bis 44 Prozent weniger Publikationen vorzuweisen hatten als Männer. Doch damit nicht genug: Trotz dieser geringeren wissenschaftlichen Produktivität hatten weibliche Bewerber auch noch eine 1,4-fach höhere Chance, eine der begehrten Professuren zu bekommen. 

Ein anderes, auf eine systematische Bevorzugung von Frauen hindeutendes Forschungsresultat ist der besonders in den männlich dominierten Disziplinen ganz offensichtlich gewährte Bonus bei schriftlichen Leistungen von weiblichen Examenskandidaten. Dieser Frauenbonus verschwindet, wenn den Beurteilern das Geschlecht der Kandidaten unbekannt ist.

Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass Frauen auch bevorzugt werden bei Gehaltsverhandlungen, der Gewährung von Forschungsmitteln und der Beurteilung von zur Veröffentlichung eingereichten Manuskripten. Und wie verhält es sich mit den männlichen universitären Wissenschaftlern? Die zeichnen sich schlicht durch eine in mehreren Studien nachgewiesene höhere wissenschaftliche Produktivität aus, was ihnen aber eben nicht immer nützt. Es wäre sicherlich interessant, den Ursachen für diese bessere Performance der Männer nachzuspüren – was aber nicht unser Thema ist. 

Das Leistungsprinzip hat an Bedeutung verloren

Das alte und bewährte Leistungsprinzip, unabhängig von Geschlecht, Rasse und politischer Überzeugung die besten und fähigsten Bewerber zu fördern, hat an den Universitäten also ganz offensichtlich erheblich an Bedeutung verloren. Wobei heutzutage die beiden Themen Frauen und politische Überzeugung kaum mehr zu trennen sind – aber das nur am Rande. 

Die schwedischen Autoren diskutieren drei mögliche Erklärungen für die systematische Bevorzugung von weiblichen Bewerbern bei der Berufung auf Professuren. Erstens, eine bewusste oder auch unbewusste Bevorzugung durch diejenigen, die in Berufungsverfahren zu entscheiden haben, da diese – entgegen der überwiegenden wissenschaftlichen Evidenz – Frauen im Wissenschaftsbetrieb für benachteiligt halten.

Zweitens, durch eine Politik der „Geschlechtergerechtigkeit“, die Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt. Dabei komme es zwingend zu systematischen Verzerrungen zugunsten der Frauen, da die Qualifikation für eine konkrete Professur eben nicht genau und objektiv zu messen sei. Dieser Effekt werde noch deutlich verstärkt, wenn, drittens – was in Schweden von 2017 bis 2019 der Fall war – die Politik verlangt, den Anteil von weiblichen Professoren zu erhöhen und das möglicherweise auch noch belohnt.  

Wie fast alle regulatorischen Eingriffe ist also auch die systematische Bevorzugung von Frauen bei Berufungen auf Professuren mit relevanten Nebenwirkungen verbunden. Wird das Prinzip, die fähigsten und besten Bewerber oder Bewerberinnen auszuwählen, aufgegeben zugunsten einer systematischen Bevorzugung von Frauen, geht das – darauf weisen die Ergebnisse der schwedischen Studie und andere Befunde eindeutig hin – mit einem deutlichen und messbaren Qualitätsverlust einher. Natürlich nicht in jedem Einzelfall, aber eben doch im Mittel. Ganz abgesehen von der damit einhergehenden Benachteiligung von männlichen Wissenschaftlern.

Aber es kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Je länger eine Frauen bevorzugende Berufungspraxis gepflegt wird, desto schwieriger wird es, diesen Irrweg wieder zu verlassen. Zum einen werden das die sozialen Gerechtigkeitskrieger in und außerhalb der Universitäten mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Zum anderen besteht die Gefahr, dass professorale Under-Performerinnen in etlichen Fächern und Universitäten eine Kultur etablieren, in der wissenschaftliche Exzellenz tendenziell als Bedrohung erlebt wird, die es abzuwehren gilt.  

Berlin ganz vorneweg

Es versteht sich von selbst, dass in Deutschland bei diesem Schreddern von bewährten Qualitätsstandards das Land Berlin und seine Universitäten ganz vorneweg marschieren. So berichtet die Pressestelle der Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung am 18.2.2020, schon ganz (oder noch?) im Duktus ehemaliger Zentralkomitees: „Immer mehr Wissenschaftlerinnen in Berlin: Frauenanteil bei neuen Berufungen steigt 2019 auf 46 Prozent.“ Und: Diesen Weg der „Chancengleichheit“ und „Geschlechtergerechtigkeit“ wolle man fortsetzen, z.B. dadurch, dass „im Rahmen der leistungsbasierten Hochschulfinanzierung (…) die Erhöhung des Gesamtanteils von Frauen an besetzten Professuren auf Lebenszeit honoriert“ wird.

Wie die Senatsverwaltung in der entsprechenden Broschüre mitteilt, bedeutet diese „leistungsbasierte“ Finanzierung im Klartext unter anderem, dass „die Berufung einer Frau mit 35.000 bis 70.000 Euro belohnt“ wird – „je nach der bisherigen Besetzungsquote für Frauen“.  Über diesen Betrag kann dann das jeweilige Institut oder der Fachbereich verfügen und vielleicht eine zusätzliche wissenschaftliche Hilfskraft einstellen oder auch Kongressbesuche in San Diego oder Sydney finanzieren. Da kommen die Mitglieder der Berufungskommission sicherlich gelegentlich ins Grübeln, ob ihnen der besser qualifizierte männliche Bewerber wirklich 70.000 Euro wert ist. 

Foto: Solvay-Conference/Postincolor

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Ulli Hensen / 23.09.2020

Das Leistungsprinzip ist allgemein nicht nur ausgehebelt, sondern die “Gleichstellungspolitik” ist eigentlich nichts anderes als getarnte Frauenbevorzugung. Freie Entscheidungen in Berufswahl und unterschiedliche Work Life Balance wird ausgeblendet und Männer werden für die Entscheidungen von Frauen bestraft. Z.B. weniger Frauen studieren IT und in der Folge muss da natürlich massiv gegen Männer diskriminiert werden. Dies gilt dann für junge Männer als Strafe fürs Mann sein über die Entscheidungen mehrerer (Jahrgangs) Kohorten. Da ist nichts mit Gerechtigkeit und von Gleichberechtigung entfernen wir uns auch immer weiter! Es gibt auf Geschlecht bezogen nur Frauenbevorzugungsgesetze von Vorstand bis zur Behindertenförderung! Z.B. schließt Paragraph 1 (2) Nr. 4 III SGB Männer von der Zusicherung mindestens entsprechend ihrer relativen Betroffenheit an arbeitslosigkeit gefördert zu werden aus! Auf Basis ihres Geschlechtes! Dabei ist die klare Mehrzahl (123% vgl zu Frauen) der arbeitslosen sowie ingesamt 80% der Obdachlosen männlich! Tendenz steigend. Dies sind reale Gaps! Selbst in der Behindertenförderung sagt § 1 IX SGB dass Männer mit Behinderung auf Basis ihres Geschlechtes schlechter behandelt werden sollen! (bzw Frauen besonders berücksichtigt). Dies zeigt sich auch in Folgeparagraphen. (Z.B. 64 IX SGB). Dabei gibt es nur Frauenbevorzugungsinstitutionen und Gesetze. Und überall wo Frauen nicht in der Mehrzahl sind muss so getan werden als sei dies Diskriminierung! (UN)Gleichstellung in der Verfahrensweise zu Ende Gedacht bedeutet, nach der Ideologie dass daran gearbeitet werden muss dass für jede Frau die in einer Zugewinngemeinschaft in Wohlstand lebt, ein junger Mann arbeitslos werden soll! Der gleiche Wahnsinn (z.B. Behindertenförderung) nach unterschiedlicher Hautfarbe und wir wüssten ein Wort dazu. Dies ist nichts anderes. Frauen über alles (Gender) Faschismus

Richard Loewe / 23.09.2020

@Jimenez: wenn Sie Personal"berater” sind, sollten sie eigentlich wissen, dass etwaige Passage in Arbeitsvertraegen rechtlich unwirksam sind. Professorengehaelter sind in vielen Laender stark genormt und so weiss jeder, wieviel der Kollege verdient und das ist auch gut so. Aber das gender pay gap ist in zivilisierten Laendern kompletter Humbug.

Holger Sulz / 23.09.2020

Abschließend zum Thema wäre an den geschätzten Prof. Meins die Frage zu stellen, warum er von “Feminisierung” und nicht von “Feministisierung” redet, letzteres ist nämlich zutreffend. Fehlt mir auch so ein bißchen der Hinweis auf den größten “Sexualwissenschaftler” aller Zeiten, den selbsternannten Papst aller Körpersäfte Ernest Borneman, er ist längst vergessen. Millionen 68er- Adeptinnen haben seine Elaborate mit feuchtem Höschen verschlungen und ganz sicher hat er die Mode der soften Rüschenhemdchenträger in der Schlagerszene der 70er mitinduziert, denen das Sehnen nach zugerittenwerden aus jeder Pore quoll. Der gute Ernest sang nämlich das Hohe Lied auf die engelsgleiche Domina und belegte akribisch, daß sich im dekadenten Rom die Galane die Eier zerquetschen ließen, um den Gebenedeiten folgenlos zu Diensten sein zu können. Kurzum- ein Zeitgeist-Arschloch allererster Güte. Wie immer in Fällen medial unablässig rauschenden Applauses war unser Ernest schließlich so besoffen von seiner Wirkmächtigkeit, daß er sich für unwiderstehlich hielt und noch als Tattergreis sich in eine seiner Studentinnen unsterblich verliebte, die ihm allerdings völlig cool einen Korb gab. Das hat unseren Genius so erschüttert, daß er sich daraufhin die Kugel gab. Schade eigentlich, daß seinem Beispiel keine der Kreaturen der heutigen progressiven Szene mehr folgt.     

Wolfgang Richter / 23.09.2020

@ B. Landmesser - ““Ich habe es in meinem Arbeitsleben noch nicht erlebt, dass Männer bessere Arbeit geleistet hätten. Ich habe nur erlebt, dass Männer immer und immer wieder besser bezahlt werden.” Vielleicht leigts ja an der Branche, aber ich habe in meinen knapp 45 Jahren Berufsleben vor allem erlebt, daß sich “w” vor allem “vom Acker gemacht” haben, wenn unangenehme Tätigkeiten an unangenehmen Örtlichkeiten mit noch widerlicheren Objekten zu vergeben waren. Und weil es im Öffentlichen Dienst die Bevorzugs-quote für “w” gibt, bei Beförderungen und Pöstchenbesetzungen vorgezogen zu werden, blieb und bleibt selbiges Verhalten nicht nur folgenlos, sondern wird auch noch belohnt. Wenn schon Quote, so sollte wenigstens und midnestens zukünftig gedrittelt werden, m/w/ und vor allem d,  bis dahin bleibt viel zu tun, für m / und w Stillstand.

Pedro Jimenez / 23.09.2020

@Bettina Landmesser: die Veröffentlichung der Studie wurde nicht durch fünf von sechs Wissenschaftspublikationen abgelehnt, weil sie von, sondern ÜBER Frauen geschrieben wurde. Die Autoren sind nämlich männlich (Guy Madison und Pontus Fahlman). Ich bin jetzt seit fast zwanzig Jahren Personalberater, aber ein Job, wo jeder Kollege weiß, was der andere verdient, ist mir nicht bekannt. Wäre mal interessant. Haben die männlichen Kollegen Ihnen ihre jeweiligen Abrechnungen gezeigt? In den meisten Dienst- und Arbeitsverträgen ist das verboten. Sollte aber im Sinne von equal payment (gibt kein dt. Wort dafür :-) sogar mal Vorschrift werden. Wegen mir gerne. Hat man dann aber gelassen, weil es nämlich zeigen würde, dass für gleiche Arbeit gleiches Geld gezahlt wird. Schließlich will kein AG zu viel bezahlen (Kosten) oder zu wenig, denn dann geht der MA sobald er ein besseres Angebot bekommt. Wenn Frauen wirklich weniger Geld, trotz gleichwertiger Arbeit bekämen, wäre die Hälfte der Männer arbeitslos (Kosten!). Ist aber eher anders herum.

Reinhold Schmidt / 23.09.2020

Ich bin ein absoluter Verfechter der Quote, aber dann die Quote bitte konsequent anwenden. Kein Spielertransfer mehr bei den Clubs der 1. Bundesliga solange nicht die Quote von 50 % Spielerinnen erreicht ist. Sofortiger Einstellungstop von Frauen in Kindergärten, Krankenhäusern, Seniorenheimen, Frauenhäusern, Grundschulen, Lebensmittelmärkten, Modeläden, Gastronomie, Call-Centern, als Flugbegleiter, als Medizinische oder Zahnmedizinische Fachangestellte, als Steuerfachangestellte usw. usw. bis eine Männerquote von 50 % erreicht ist. Sofortiger Einstellungstop von Männern bei der Feuerwehr, in Baufirmen, bei der Müllanfuhr, als Installateur, in Autowerkstätten, in Gießereien, bei der Straßenreinigung, in Stahlwerken, in Bergwerken, im Straßenbau,, usw. usw.  bis eine Frauenquote von 50 % erreicht ist. Außerdem fordere ich eine 50 % Quote bei Männern und Frauen für Hodenkrebs, Brustkrebs und Gebärmutterkrebs. Wenn wir schon gesetzlich die 50 % Quote für Vorstände und bald für den Bundestag regeln können, müsste es doch für die o.a. Bereiche ein leichtes sein, das auch gesetzlich zu regeln. Oder ist etwa der ganze aus dem Feminismus geborene Quotenfaschismus nur ideologischer Quatsch, der unserer Gesellschaft schadet?

Gudrun Dietzel / 23.09.2020

Der wichtigste Gedanke dieses Aufsatzes: Das Leistungsprinzip hat an den Universitäten an [erheblicher] Bedeutung verloren. Nicht nur an den Universitäten! Das Adjektiv erheblich ist wegzulassen, denn das Leistungsprinzip gibt es nirgends mehr. Deshalb: Jede Frau, die heute in Positionen gehievt wird, braucht keine Leistung nachzuweisen. Sie müßte sich auf ihrem Stuhl in Grund und Boden schämen. Doch das zu können, setzte Leistung voraus.

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