Michael Miersch / 05.08.2012 / 18:16 / 0 / Seite ausdrucken

Ein Schwabinger Monolog (2. Teil)

Wann immer ich mit Leuten aus dem Kultur-, Medien- und Erziehungsberufen zusammensitze, breitet irgendjemand sein Weltbild aus. Leider ist es immer das gleiche Weltbild. Es besteht aus vorgekauten Floskeln über „die da oben“, dumme Amerikaner, gesundes Essen, Sonnenenergie und den Verfall der Werte. Die so sprechen sind zumeist beruflich erfolgreiche Mittvierziger in schicken Altbauwohnungen, die ihre Kinder auf Waldorfschulen schicken. Ich habe mal alles zusammengeschrieben, was ich seit Jahren zu hören kriege:

“…Freiheit, ich höre immer Freiheit. Was ist denn das für eine Freiheit, die wir hier haben? Die Freiheit des Konsums uns der Verblödung! Und in der Dritten Welt ist das Freiheits-Geschwätz noch zynischer. Was nützt denn einem Hungernden die Freiheit?

Was ist Freiheit überhaupt?  Wie man es dreht und wendet, Freiheit bleibt ein undefinierbarer Begriff, ein Wischiwaschi-Wort. Es dient den Mächtigen als Kampfparole. George W. Bush marschierte im Namen der Freiheit in andere Länder ein. Wenn niemand weiß, was Freiheit ist, kann sich jeder etwas anderes darunter vorstellen.

Die Hungernden wollen essen. Freiheit kann man nicht essen. Und deswegen ist es für die vielen Afrikaner ganz egal, was für Debatten es im übergewichtigen Europa und den USA zu diesem Thema gibt. Natürlich ist es möglich, ein Regime zu stürzen und den Menschen zuzurufen, dass sie nun frei seien. Wenn nichts nachkommt, hätten sie vermutlich lieber ihre alte Ordnung zurück, die immerhin dafür sorgte, dass jeder etwas auf dem Tisch stehen hatte. 

Dass andere Kulturen andere Wege gehen, kann sich der Westen ohnehin nicht vorstellen. Aber das ist ihr gutes Recht. Westliche Freiheit hat nämlich viele Schattenseiten:  Menschen werden von ihren Traditionen entfremdet und mit überflüssigem Konsumkram zugeschüttet. Soziale Gefüge werden zerstören und der Einzelne vereinsamt vor der Glotze oder vorm Computer.

Es gibt auch andere Werte. Naturvölker leben solidarisch und nicht auf Ellbogen. Alle Entscheidungen werden im Einklang mit der sozialen Gemeinschaft getroffen. Solche Menschen wollen ihren Wurzeln und Traditionen treu bleiben. Sie vermissen kein iPad, keinen Nespresso und keine Freiheit…”

Wird fortgesetzt

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