Ein kompliziertes und ethisch hochbrisantes Thema, über das sich trefflich streiten lässt. Nützt nur den betroffenen Frauen nichts, die sich aus welchen Gründen auch immer gegen das Kind entscheiden. Interessanterweise bleiben die Väter wie immer aussen vor. Warum eigentlich? Sie könnten sich doch ebenfalls verpflichten, alleine und vollumfänglich für das Kind zu sorgen, wenn sie grundsätzlich gegen die Tötung von ungeborenem Leben sind. Oder sehe ich da was falsch?
Was für das Verständnis der US-amerikanischen Situation vielleicht noch wichtig ist: In den meisten Bundesstaaten ist (bzw. war) eine Abtreibung bis in die 24. SSW möglich, in manchen gibt es wohl gar kein Limit. Ich denke, auch einige europäische Abtreibungsbefürworter wären geschockt, würden sie erfahren, unter welchen Bedingungen in manchen Bundesstaaten der USA Abtreibungen möglich sind - ohne Beratung, ohne Bedenkzeit, u. U. nicht mal von einem Arzt durchgeführt, Minderjährige benötigen nicht die Zustimmung der Eltern… Zudem wurde “Roe vs. Wade” im Jahre 1973 wohl in den USA von vielen als Top-down-Entscheidung empfunden, die der Gesellschaft ohne vorherige breite Debatte einfach aufgenötigt wurde (ähnlich wie bei der Entscheidung zur Homo-Ehe). All das sind gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die sich von denen in Europa fundamental unterscheiden und die m. E. wichtig sind, um die jetzige Situation in den USA besser einordnen zu können. Das, was uns Europäern möglicherweise als völlig überzogen vorkommt (Abtreibungen sollen z. B. in Texas künftig nur bis zur 6. SSW möglich sein), ist z. T. auch eine (Über-)Reaktion auf die ausgesprochen “großzügigen” Bedingungen in einigen Blue States (“Abtreibung” bis nach der Entbindung möglich, so sah es zumindest mal ein Gesetzesentwurf vor).
Frau Kaus, Sie postulieren, “das Narrativ der Linken ist die Unterdrückung eines Kollektivs durch ein anderes Kollektiv”. Lassen Sie mich darauf detaillierter eingehen, bevor Gewitter hier die Parkbank, auf der ich gerade in der Nachglut der Tageshitze sitze, erfrischen wird. Ich wähle das Beispiel des Fahraddiebes: Er sieht sich ausgeschlossen vom Privateigentum anderer durch deren Vorhängeschloss. Der Linke, der Sozialist, sieht sich dagegen eingekerkert von denselben Fahrradketten! Für den Sozialisten sind die Güter der anderen seine Kerkermauern! Der gewöhnliche Dieb respektiert das Prinzip des Privateigentums. Sobald er sich eine fremde Sache angeeignet hat, teilt er sie nicht mehr mit anderen, sondern erfreut sich an ihrem ausschließlichen Besitz. Der Sozialist ist ein Räuber anderer Denkungsart. Seine Perspektive auf sein Leben ist das einer gesellschaftlich organisierten Gefangenschaft von Geburt an. Darum ist der zentrale sozialistische Kampfslogan auch der von der “Befreiung”.
Am 8. November sind mid term elections. Bisher sagen die Prognosen eine deutliche Abfuhr für die Demokraten voraus. Dieses Urteil des SCOTUS könnte zu einem Meinungsumschwung führen und dem Wahlkampf einen ganz neuen spin verleihen. Die republikanischen Senatoren von Alabama,Louisiana,South Dakota,Kentucky, Alabama,Arkansas und Utah stehen zur Wiederwahl an. Zudem die Gouverneure von Alabama,Arkansas und Texas. Mal schauen, ob die Frauen (wie überall die Mehrheit der Wahlberechtigten, hier im Senat und im Repräsentantenhaus eine Wende zu Gunsten der Demokraten herbeiführen.
ich möchte mich bedanken für diesen sehr ruhigen und klugen Text! es gibt Wahrheiten,die können linke auf den Tod nicht ab…Biologie gehört nun einmal dazu und wo es den “Feministinnen” passt,wird diese dann wieder benutzt,um Vorteile zu erlangen. mein eigener, rein persönlicher Punkt bei der ganzen Aufregungsgeschichte,ist eigentlich der,das neben der richtigen Zurückweisung an die Bundesstaaten zur dort angesiedelten Gesundheitspolitk,ein gravierender Unterschied zwischen den USA und den “feministischen” BRD bestand…. dort konnte bis zum sechsten Monat völlig zwanglos abgetrieben werden(man bedenke,das in dem Alter “Frühchen” geboren und in Brutkästen aufgepäppelt werden),während in der BRD nur eine dreimonatige Straffreie Frist gilt… also WO waeren die USA nach deutscher links-vision selbst nach dem Urteil rückständiger als die linke BRD?
Mieterschutz für Ungeborene
“Dass man schwanger werden kann und Männer nicht, ist das Streichholz, dass man als Frau in der Losung der Natur gezogen hat.” man stelle sich vor, das man als mann auch noch schwanger werden könnte. dann hätten wir als männer ja qua heutigem vorurteil das “einzige privileg” der frau geschleift… beim besten willen Frau Kaus, aber sind sie tatsächlich der meinung, dass die exklusive möglichkeit als frau schwanger werden zu können und damit auch exklusiv reales leben zu ermöglichen, dass dies ein nachteil ist? spannende ansicht…, vor allem da sie damit das vorurteil “der schwachen frau” mit ihrer aussage (ungewollt?) bestätigen.
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