„Enough is enough“, hat Theresa May nach dem letzten Londoner Terroranschlag gesagt. Genug ist genug, hätte sie zwar auch schon vorher sagen können, nach Manchester zum Beispiel oder davor. Es gab ja genügend islamistisch motivierte Scheußlichkeiten. Aber in diesem späten Genug-ist-genug steckt immerhin der Wille, energischer als bisher gegen islamistische Mörder vorzugehen.
Das Gegenstück ist die schlaffe Banalität, die man sonst nach jedem islamistischen Terrormord hört: „Eine absolute Sicherheit kann es nicht geben.“ Da kann ich nur sagen: Vielen Dank für diese bedeutungsleere Feststellung. Wie wär's mit etwas mehr Sicherheit? Die gängige absolute Belanglosigkeit hat natürlich ihre tiefere Ursache. Sie ist Ausdruck purer Hilflosigkeit. Die Hilfslosigkeit bezieht sich vor allem auf den Terror, der im eigenen Land seinen Ursprung hat. Wenn man also mit Blutbädern konfrontiert ist, angerichtet von Leuten, die nicht eingewandert sind sondern Geburtsrecht haben. Dieses Problem kann man, selbst wenn man wollte, nicht durch Abschieben in eine irgendwo angesiedelte alte Heimat lösen. (Auf nostalgische Alternativen komme ich noch zurück.)
Aber selbst wenn es eine alte Heimat gäbe: Eingewanderte „Gefährder“ werden ja auch nicht zügig abgeschoben oder in Gewahrsam genommen. Das haben die letzten beiden Anschläge in Deutschland gezeigt, deren Täter ja fröhlich durch die fasziniert zuschauenden Sicherheitsapparate geflutscht sind. Abgeschoben wird zwar. Aber wie. Seltsamerweise schmeisst man mit großem Aufwand immer wieder auch gut integrierte Leute raus, als wolle man demonstrieren, dass eine perfekt geölte Behörde mit sicherem Griff bei den Falschen zulangt.
Das ist eines der Ärgernisse unserer sogenannten Zuwanderungspolitik: Dort wo es bitter notwendig wäre, lässt man die Arme hängen. Dann aber, um staatliche Stärke zu zeigen, geht man mit aller Härte gegen arme Seelen vor. Das verstehe, wer will. Aber man kann bei diesem heißen Thema wohl kein vernunftgesteuertes Handeln erwarten. Etwa nach dem Grundsatz: Die, die sich hier gut einleben, lassen wir auch hier leben. Und die, die unsere Lebensart verachten oder gar hassen, schmeißen wir raus. Irgendwie kriegt man das einfach nicht hin. So sind mal wieder die Anständigen die Dummen und die Gauner die Schlauen. Das ist bei uns so und in England offenbar auch.
Jede Menge Nachbarschaftspolizisten eingespart
Aber zurück zu den eingeborenen gewaltbereiten Islamisten. Was kann man gegen die überhaupt tun? In England entdeckt man jetzt die Tatsache, dass man – wie übrigens auch bei uns – jede Menge Nachbarschaftspolizisten eingespart hat, also genau die Ordnungshüter, die vor Ort mit eigenen Augen und eigenen Ohren sehen und hören, was um sie herum vor sich geht. Genau die aber braucht man, wenn man den Sumpf, dem die eingeborenen Terroristen entsteigen, trocken legen will. Man muss den Sumpf zuerst einmal entdecken. Wenn keiner hinschaut, kann man den teils entsandten, teils einheimischen Verführern in Moscheen und Islam-Vereinen auch nicht das Handwerk legen.
Wer genauer hinschaut, läuft natürlich Gefahr, als Islamophob gescholten zu werden. Mal sehen, ob Theresa May mit ihrem „Genug-ist-genug“ dieser Gefahr kühn ins Auge schauen wird. Bei uns hat noch keiner in Verantwortung „genug ist genug“ gesagt. Umso häufiger hört man das deutlich weniger energische Wort von der absoluten Sicherheit, die es nicht gibt.
Weil das alles so unerfreulich ist, hier nun, wie angekündigt, ein Stück Nostalgie: Die Briten hatten in ihrer Geschichte eine hochinteressante Alternative zur heimischen Behandlung unerwünschter Zeitgenossen. Sie hieß Botany Bay. Schwer- oder auch Leichtverbrecher wurden einfach auf Nimmerwiedersehen nach Australien geschickt. Und auch die französische Kolonialmacht hatte ihre etwas kleinere Version der Botany Bay: die Teufelsinsel, bekannt aus Film und Fernsehen. Die Isle du Diable in Französisch Guyana ist allerdings berühmt dafür, dass dort auch Unschuldige wie Alfred Dreyfus untergebracht waren. Und bei den alten Engländern wurden schon armselige Diebe rabiat vor die Wahl gestellt: Galgen oder Botany Bay. Dieser Export hatte also eine ziemlich dunkle Schattenseite.
Ein geographisches Outsourcing ist nicht mehr möglich
Heute gehören solche Verschiffungen nicht mehr zum Katalog des zivilisierten Strafvollzugs, obwohl es Fälle gibt, in denen man diesen Verlust an Möglichkeiten durchaus bedauern kann. Die Briten haben ihren Straftäter-Versand nach Australien schon vor langer Zeit aufgegeben. Und „Down Under“ hat sich zu einem der erfolgreichsten, freundlichsten und zivilisiertesten Länder der Welt entwickelt. Ein Idealfall der Resozialisierung.
Die französische Verschickung auf die Teufelsinsel hat sich bis in die 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gehalten, ist seither aber ebenfalls aus der Mode. Heute erfreut Französisch-Guayana uns Europäer als Weltraumbahnhof. Eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur also.
Deutschland, nur kurzfristig und ruhmlos Kolonialmacht, hat den Straftäter-Fernversand nie richtig entwickeln können. Man mag es bedauern: Aber ein geografisches Outsourcing des Islamisten-Problems ist heute aus zivilisatorischen Gründen nicht mehr möglich. Und selbst wenn: Es fehlt auch an Aufnahme-Angeboten. Nicht mal Nordkorea scheint bereit zu sein.
Bleiben wir allesamt also im Lande und trösten wir uns mit der wunderbaren Erkenntnis, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt. Oder, wer gerne etwas weniger Binse und etwas mehr Verbal-Power möchte: Ein kräftiges, dreifaches „genug ist genug“.