Als Reaktion auf das Flüchtlinsdrama in Ungarn und in den verschiedenen diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik, reagiert Bundeskanzler Kohl mit einer offiziellen Erklärung. Er sagt, dass die deutsche Frage auf der Tagesordnung der internationalen Politik steht. Das sind neue und ungewohnte Töne in Bonn.
In Budapest ist kurz nach Eröffnung des ersten Flüchtlingslagers durch Csilla von Boeselager ein zweites Camp von der ungarischen Regierung eröffnet worden. Es befindet sich in einem ehemaligen Pionier-Ferienlager in Zugliget. Auch dieses Lager ist schon am Eröffnungstag bis auf den letzten Platz gefüllt. Die ungarische Regierung bemüht sich um ein Einverständnis mit der DDR, die Flüchtlinge ausreisen zu lassen.
Die SED-Machthaber bleiben stur: über Ausreise kann nur in der DDR entschieden werden. Sie sichern Rückkehrern Straffreiheit zu. Aber kaum jemand unter den Ausreisern traut den Zusagen. Sie bleiben lieber in Ungarn. Die ungarischen Reformpolitiker müssen erkennen, dass nur sie das Problem lösen können.
Während Budapest nachgrübelt, ob die Öffnung der Grenze, um die Flüchtlinge loszuwerden eine Verschlechterung der Beziehungen mit der DDR rechtfertigt, versucht es Staatsicherheitsminister Mielke auf die harte Tour. Durch Schikanen gegen die daheimgebliebenen Angehörigen, versucht er, Ausreiser zur Rückkehr zu bewegen. Besonders Jugendliche fühlen sich unter druck gesetzt, wenn sie erfahren, wie ihre Eltern wegen ihrer Flucht schikaniert werden.
Die SED-Fortsetzungspartei setzt darauf, dass die Vorgänge vor 20 Jahren vergessen sind. Sie haben heute einen erneuten Vorstoß unternommen, um sich für eine Regierungsbeteiligung in Thüringen und im Saarland ins Gespräch zu bringen. Natürlich soll das nur eine Empfehlung für den Bund sein. In Thüringen würde Spitzenkandidat Bodo Ramelow sogar auf das Ministerpräsidentenamt verzichten, um eine Regierungskoalition mit der SPD eingehen zu können. Die CDU unter Althaus hat dem wenig entgegenzusetzen. Sie liegt bei 34%. Wenn es nicht für schwarz-gelb reicht, wird die CDU erstmals seit 1990 nicht mehr an der Regierung sein.