Bereits am 15. Januar, am Tag seiner Niederlage am Runden Tisch, bat Ministerpräsident Modrow die Opposition, in seine Regierung einzutreten. Das stellte die Bürgerrechtsgruppierungen vor eine schwere Entscheidung, die eine wochenlange Diskussion auslöste. Es war klar, dass die Beteiligung der Opposition der abgewirtschafteten SED-Regierung neue Legitimation verschafft. Überlegungen, eine Oppositionsregierung zu bilden, mussten bald ad acta gelegt werden, dafür war die Opposition personell zu schwach und zu gespalten. Vor allem wurde mit jedem tag klarer, dass die Menschen in der DDR keine Verlängerung der Agonie der SED-Macht wollten.
18.1. Auf Großdemonstrationen in Gera und Erfurt wird die SED-PDS scharf angegriffen. Die Demonstranten fordern eine Auflösung der Partei.
19.1. Während die DDR zerfällt, versuchen sich ihre Institutionen in die Zukunft zu retten: die DDR-Fluggesellschaft Interflug möchte eng mit der Lufthansa zusammenarbeiten.
20.1. Als Reaktion auf die Forderung der Demonstranten werden die unbeliebtesten Altkader wie Egon Krenz und elf weitere Politbüromitglieder aus der Partei ausgeschlossen.
21.1. Das Manöver der SED-PDS-Spitze vom Vortag ist selbst treuen Genossen zu viel. Der Hoffnungsträger der Partei, der Oberbürgermeister von Dresden Berghofer, verlässt die SED und fordert ihre Auflösung. Er ist angewidert von den taktischen Manövern, mit denen Gysi und Modrow versuchen, nach außen den Anschein von Erneuerung zu wecken, nach innen den alten Kern aber stabil halten. Leider zeigt der Austritt Berghofers wenig Wirkung. Die Medien wollen an den Reformeifer des Vielredners Gysi glauben.
22.1. Die DDR-Bürger sind skeptischer als die Medien. Auf den Montagsdemonstrationen in Leipzig und anderen Städten fordern sie unüberhörbar die schnelle Vereinigung. An einer Reform der SED und ihrem Staat sind sie nicht interessiert. Eine Losung in Leipzig lautete: „Es wird langsam zur Qual- wir brauchen im März die Wahl“. Wie so oft in den letzten Wochen gibt die Straße das Tempo der Politik vor. Die Modrow-Regierung und der Runde Tisch werden sich dem Verlangen fügen müssen.
