Vera Lengsfeld / 30.11.2009 / 17:33 / 0 / Seite ausdrucken

Doppeltagebuch 1989/2009- 30. November

Die tschechoslowakische Regierung gibt den sofortigen Abbau aller Sperranlagen an ihrer Westgrenze bekannt.
Die DDR-Regierung kann sich freuen: Frankreich will für die DDR ein richtiger Partner sein. Mit diesem Versprechen zeigt der französische Staatschef Mitterand, was er von einer möglichen Vereinigung hält: nichts.

Nichts von der Vereinigung hielten auch der Stasi- Vernehmer von Hohenschönhausen Herbert Kierstein und der Stasi-Oberst Gotthold Schramm. Aber sie mussten sie erdulden und haben sich anschließend im vereinten Deutschland ein warmes Plätzchen gesichert. Hier konnten sie gut versorgt von Rechtsstaat ihre Sicht der Dinge in Artikeln, Vorträgen und Büchern publizieren. Das neueste Elaborat ist: „Freibeuter des Rechtsstaates- Wem nützen Stasiunterlagen und Gedenkstätten? Die Autoren entblöden sich nicht, so zu tun, als wären das Stasigefängnis Hohenschönhausen eine Erfindung von Hubertus Knabe und die Stasiunterlagen von den ehemals Verfolgten gefälscht worden. Das „U-Boot“, von der sowjetischen Geheimpolizei in den Keller der ehemaligen Großküche auf dem Gelände Genslerstraße gebaut und nach 1951 zehn Jahre von der Staatsicherheit der DDR als Zentrales Untersuchungsgefängnis genutzt, in den u. a. der erste Leiter des Aufbau-Verlags Walter Janka saß, sei ein von Hubertus Knabe veranlasster nachträglicher Einbau. Politische Verfolgung hätte es in der DDR gegeben, aber nur , wenn gegen die Gesetze der DDR verstoßen worden wäre. Da muss ich nicht in der DDR gelebt haben, sondern in einem Albtraum des jungen Hubertus Knabe. Denn ich wurde am 17. Januar 1988 auf dem Weg zu einer staatlich organisierten Demonstration verhaftet. Ich hatte ein Transparent bei mir, auf dem der erste Satz von Artikel 27 der Verfassung der DDR stand: „ Jeder Bürger der DDR hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu äußern“. Ich hatte gegen kein Gesetz verstoßen und landete trotzdem im Stasigefängnis Hohenschönhausen, wurde vor Gericht gestellt und unter Bruch der DDR-Gesetze schließlich wegen „versuchter Zusammenrottung“ verurteilt.
Die beiden Stasimänner wollen ihr Buch als „Politikberatung“ verstanden wissen und legen es besonders ihren Brandenburger Genossen als Argumentationshilfe ans Herz.
Vielleicht landet es bei Mathias Platzeck auf dem Nachttisch und er sagt sich bei der Lektüre, dass er Recht hatte, den Genossen der Autoren den Weg an die Macht zu ebnen. Das Potsdamer Stasi- Gefängnis Lindenstrasse ist vielleicht nur eine Erfindung der Landes- CDU.

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