Wieder Montagsgebet in Leipzig von mal zu mal werden es mehr Teilnehmer, trotz der Schikanen der Staatsicherheit. Wie bei den letzten Gebeten hat die Volkspolizei einen Cordon sanitaire um die Kirche herum gebildet. Als die Besucher des Montagsgebets das Gotteshaus verlassen, werden wieder alle angehalten und registriert. Danach wird jeder Einzelne von den Uniformierten verwarnt. Die Gebete würden als gegen den Staat gerichtete feindliche Akte angesehen. Jeder , der sich daran beteilige, laufe Gefahr als Feind des Volkes behandelt zu werden. Das Volk allerdings unterstützt die Gottesdiensteilnehmer aus sicherer Entfernung mit Pfiffen und Buhrufen gegen die Volkspolizisten und die Stasimänner in Zivil. Die Stimmung wird immer mehr angeheizt, die Stasimänner werden immer gereizter. Bei dem Versuch, einige der Buh-Rufer festzunehmen, kommt es zu tumultartigen Szenen. Einige der vorübergehend Festgenommenen berichten hinterher, sie seien geschlagen worden.
Kurras und kein Ende. Der Fall wirft auch Fragen nach der Arbeitsweise der Stasiunterlagenbehörde auf. Die Akten über Kurras waren schon mal angefordert und für die Herausgabe vorbereitet worden. Allerdings dauerte das 9 Monate, so dass sie nicht mehr benötigt wurden, weil das Forschungsprojekt, das die Einflussnahme der Staatssicherheit auf Westdeutsche und Westberliner Politik untersuchte, bereits abgeschlossen war. Marianne Birthler hatte vor wenigen Tagen noch erklärt, die Akte Kurras sei noch nie angefordert worden. Da fragt man sich, wie gut die Chefin über Vorgänge in ihrem Haus informiert ist. Und die zweite Frage ist, warum ein Forschungsvorhaben hintertrieben wird, das sich mit dem brisanten Thema der Stasiaktivitäten im Westen befasst. Wer in der Behörde hat ein Interesse daran und warum? Fest steht, dass die Geschichte der 68er Bewegung neu beleuchtet werden muss.