Vera Lengsfeld / 23.08.2009 / 12:04 / 0 / Seite ausdrucken

Doppeltagebuch 1989/2009- 23. August

Mehr als 2Millionen Menschen bilden eine Kette von Vilnius nach Tallin, um für die Unabhängigkeit der baltischen Sowjetrepubliken zu demonstrieren. Sie haben sich ein historisches Datum dafür ausgesucht. Es ist der 58. Jahrestag des berüchtigten Hitler-Stalin-Paktes. Dieser Pakt ist ein Lehrstück für die Außenpolitik totalitärer Systeme.
„ Er kam nicht trotz der Unterschiede zwischen den ideologisch verfeindeten Diktaturen zustande, sondern aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten der beiden Führerstaaten.
Für viele westeuropäische Intellektuelle, die an die Sowjetunion geglaubt hatten, war der Pakt ein Schock. Für Millionen Menschen in Osteuropa wurde er zu einer Tragödie.
Die beiden Außenminister Vja?eslav Molotov und Joachim von Ribbentrop einigten sich nicht nur auf die Aufteilung Ostmitteleuropas. De facto agierten das nationalsozialistische Deutschland und die stalinistische Sowjetunion vom 23. August 1939 bis zum 21. Juni 1941 als Verbündete. Den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag auf die Abgrenzung von Einflusssphären zu reduzieren ist daher euphemistisch. Die Handlanger der Diktatoren machten den Weg frei für die Zerschlagung Polens, für die Besatzung des Baltikums, der nördlichen Bukowina und Bessarabiens, für Terror und Deportationen, für Völkermord und Klassenmord. Das geheime Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt nahm große Teile der territorialpolitischen Ordnung in Osteuropa vorweg,
die in Jalta festgelegt wurde und zum Fundament der Spaltung Europas wurde. Daher stand die Klage über das Unrecht des Hitler-Stalin-Pakts im Zentrum der Unabhängigkeitsbewegungen im Baltikum. Und erst als die Staaten Ostmitteleuropas ihre Freiheit und Souveränität wiedererlangten, traten sie aus dem langen Schatten dieses Pakts.
Bis heute ist die Erinnerung an den Hitler-Stalin-Pakt in Europa sehr unterschiedlich.
In Polen und im Baltikum ist das deutsch-sowjetische Abkommen ein zentraler Bezugspunkt der nationalen Erinnerungskulturen. Mit dem Pakt verbindet sich die Erfahrung eigener Machtlosigkeit angesichts der Verschwörung der Teilungsmächte sowie das Gefühl, von den Bündnispartnern im Stich gelassen worden zu sein. In Westeuropa dagegen spielt die Erinnerung an den Pakt kaum eine Rolle. In Deutschland geht sie im Gedenken an den 1. September unter. Dass die Wehrmacht und die Rote Armee 1939 im besetzten Polen gemeinsame Paraden abhielten, dass der NKVD und die Gestapo dort Koordinierungstreffen durchführten, all dies gehört nicht zum deutschen Geschichtsbild. Die Bedeutung des 17. September 1939 – des Tags, an dem die Rote Armee vom Osten in Polen einmarschierte – bleibt der deutschen Öffentlichkeit immer noch verschlossen.“
Das schreibt die Zeitschrift “Osteuropa“, deren Einschätzung ich nichts hinzuzufügen habe.


Während die „Rettung“ von Opel auf sich warten lässt, weil General Motors dem von der Bundesregierung bevorzugten Erwerber Magna bisher kein grünes Licht gab, hat die so genannte „Umweltprämie“, ehrlicher Abwrackprämie genannt, den Gebrauchtwagenmarkt ins Chaos gestürzt. Es werden nicht nur kaum noch Gebrauchtwagen verkauft, sondern die freien Werkstätten, die von der Reparatur älterer Autos leben, haben kaum noch Kunden. Selbst die Schrotthändler, die massenhaft fahrtüchtige Wagen verschrotten müssen, machen wenig Gewinn. Vor der Abwrackprämie wurden Altautos erst ausgeschlachtet und gut erhaltene Teile wiederverwertet, was sehr umweltfreundlich ist und dem Händler einen Zusatzverdienst einbrachte. Jetzt gibt es keinen Bedarf mehr für die Wiederverwendung alter Teile. Gut erhaltene Autos kommen sofort in die Schrottpresse. Der Nebenverdienst durch Wiederverwertung fällt weg.
Nicht mal alle Autohäuser sind trotz traumhafter Verkaufszahlen ganz glücklich. Sie müssen die Staatsprämie vorschießen, was die Finanzkraft mancher Unternehmen übersteigt. Die Banken geben kaum noch Geld , oder nur für Wucherzinsen. Insgesamt ist die „Umweltpämie“ eher ein Desaster, als eine Erfolgsgeschichte. Aber wie zu seligen DDR-Zeiten wird lieber ein Erfolg behauptet, als ein Fehler eingestanden. So sieht keine zukunftsfähige Politik aus.

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