Als sich um 0.00 Uhr an der ungarischen Grenze unter rasendem Beifall und knallenden Sektkorken die Schlagbäume nach Österreich öffnen, hat sich schon eine unübersehbare Menschenmenge davor angesammelt. Seit Stunden war eine Blechlawine aus Budapest und anderen Landesteilen an die Grenze unterwegs. Die Menschen hatten am Abend die Ankündigung des ungarischen Außenministers, für DDR-Bürger die Grenze zu öffnen, im Fernsehen gesehen und sich sofort auf den Weg gemacht. Da sie ihre PKWs nicht mit nach Österreich nehmen konnten, ließen sie ihre Autos einfach irgendwo am Straßenrand stehen. Die Ralley nach Westen hat dann tagelang die Straße nach Hegyeshalom verstopft. Die Abfertigung verlief zügig, trotzdem mussten die Menschen stundenlang warten, bis sie endlich dran waren.
Die DDR-Regierung war unfähig zu begreifen, was hier vorging und warum. Sie ließ verlauten , in einer „Nacht-, und Nebelaktion“ hätte Ungarn „unter dem Vorwand humanitärer Erwägungen organisierten Menschenhandel betrieben.“ Ausgerechnet diejenigen, die ihre Landsleute seit Jahrzehnten gegen Bares an die Bundesrepublik verkauften, warfen den Ungarn vor, ein „Kopfgeld“ zu kassieren, für jeden DDR-Bürger, der die Grenze überschreite. Gyula Horn wies diese Beleidigung mit deutlichen Worten zurück.
Um sich selbst zu beruhigen, lässt die SED in Ostberlin 200 000 ihrer Mitglieder aufmarschieren, um ihre Treue zum Sozialismus zu geloben.