Peter Grimm / 20.04.2019 / 12:30 / Foto: Marty Portier / 18 / Seite ausdrucken

Die Klimakohle-Karussellforschung

Eigentlich sind die „Klimarettung“, die Energiewende und überhaupt die „Klimaziele“ in Deutschland ja quasi sakrosankt. Aber da das auch viel Geld kostet und nicht alle, die dafür bezahlen müssen, das dafür nötige Verständnis aufbringen, muss das zuständige Bundesministerium immer noch und immer wieder für die gute Sache werben. Und das kostet natürlich die eine oder andere Million. Dank einer Anfrage der Grünen gibt es jetzt eine kleine Aufstellung all der sinnvollen und wichtigen Studien dazu, doch lassen wir uns zunächst noch in ein paar Zeilen Ministerialprosa erklären, wie gut das Geld angelegt ist:

„Um die politischen Diskussionen zur Überprüfung der europäischen und deutschen Klimaziele oder der Energiewende fachlich fundiert für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) begleiten zu können, bedarf es einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen. Eine wissenschaftliche Betrachtung durch Studien bildet oftmals die Datengrundlage, die zu einer umfassenden Analyse und Vorbereitung von politischen Entscheidungen unverzichtbar ist. So werden Studienergebnisse beispielsweise genutzt, um die Rahmengesetzgebung inhaltlich ausgestalten zu können. Die aus Studien gewonnenen Erkenntnisse sind somit hilfreich bei der Diskussion von Handlungs- und Entscheidungsalternativen, auch wenn das BMWi sich die Studienergebnisse nicht in jedem Fall zu eigen macht und auch mögliche Handlungsempfehlungen nicht unreflektiert übernommen und umgesetzt werden können. Die jeweils aus den Studien resultierenden Ergebnisberichte werden jedoch intensiv ausgewertet und damit auch bei den daraus folgenden Entscheidungen berücksichtigt.“

Ein paar Beispiele? Selbstverständlich ist eine "Analyse der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung (u.a. EEG) angesichts eines stetig wachsenden Anteils erneuerbarer Energien mit dem Ziel, Handlungsoptionen für die zukünftige Gestaltung des Finanzierungsmechanismus für erneuerbare Energien zu entwickeln" enorm wichtig und ihre 1,1 Millionen Euro bestimmt wert. Im August soll sie fertig sein, und wir werden die Ergebnisse vielleicht erfahren, weil dann neue Finanzierungsmodelle vorgeschlagen und kommuniziert werden.

„Gesellschaft für angewandtes Recht“

Auch der Betrieb einer Clearingstelle ist verständlicherweise unerlässlich.

„Die Clearingstelle EEG|KWKG klärt Streitigkeiten und Anwendungsfragen im Bereich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) und Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG). Hierzu bieten wir verschiedene Verfahren für die Beteiligten, vornehmlich Anlagenbetreiber/innen und Netzbetreiber, an“, beschreibt die RELAW GmbH diese kleine Institution, die sie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums betreibt.

Dafür, dass sie diese Clearingstelle unterhält, bekommt die Firma in den nächsten vier Jahren 9.249.761,88 Euro. Das Unternehmen nennt sich selbst „Gesellschaft für angewandtes Recht der Erneuerbaren Energien“, was so klingt, als sei es eigens für den Betrieb der Clearingstelle gegründet worden. Warum die Klärung von Streitigkeiten ein Privatunternehmen übernehmen muss und dass nicht Ministerialbeamte oder – falls nötig – Gerichte übernehmen (die ja eigentlich die Profis in Sachen „angewandtes Recht“ sein sollten), bleibt in dieser Aufstellung eine unbeantwortete Frage.

Im Mai 2021 bekommt das Wirtschaftsministerium für 1,5 Millionen Euro eine „Analyse der Wechselwirkungen zwischen der industriellen Entwicklung einerseits und der Entwicklung der Energieversorgung andererseits unter Berücksichtigung energie-, klima- und industriepolitischer Ziele“. Das ist zweifellos eine wichtige Aufgabe, nur wäre die Analyse vielleicht vor einschneidenden Beschlüssen, die bis dahin zu erwarten sind, sinnvoll.

Aber es gibt ja auch vorausschauende Studien. Ebenfalls für 1,5 Millionen liefern Prognos, FhG-ISI, GWS und IINAS "Empirisch-analytische Arbeiten im Sinne von Projektionen über die weitere Entwicklung im Energiesystem bis 2030/2050 auf Grundlage derzeitiger Maßnahmen und möglichen künftigen Maßnahmen einschließlich darauf aufbauender Folgenabschätzungen". Consentec GmbH und FhG-ISI liefern für 2, 2 Millionen Euro eine "Untersuchung der Anforderungen an die Infrastrukturen im Rahmen der Energiewende in Abhängigkeit unterschiedlicher „Szenariowelten“ auf Basis einschlägiger Energieszenarien". Und die gleichen Unternehmen blicken auch noch mit einer anderen Studie in die Zukunft. Für ebenfalls 2,2 Millionen Euro gibt’s "Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung sowie regionaler Aspekte". Was da geboten wird, klingt wie die Lösung vieler Probleme. Die Aufstellung verspricht eine "Szenarienbasierte Analyse zur kosteneffizienten Transformation des Energiesystems in Deutschland zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2050".

Öffnung der deutschen Fördersysteme für Auslands-Strom

Für 1,2 Millionen Euro beantworten Experten dem Ministerium die Frage: "Welche technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten und Grenzen der Treibhausgasminderung stehen in der deutschen Industrie zur Verfügung und welche Politikinstrumente stehen für die Mobilisierung der jeweiligen nationalen Emissionsminderungspotentiale zur Verfügung bzw. welche Auswirkung haben sie auf die nationalen Minderungsziele und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie kurz- und langfristig?" Es ist wahrscheinlich nur der Eindruck eines laienhaften Nörglers, dass etliche Vertreter der Bundesregierung in den Medien immer so auftreten, als würden sie die Antwort auf diese Frage längst kennen, weshalb sich ja die Bevölkerung keine Sorgen machen müsse.

Aber das ist vielleicht etwas kleinlich. Möglicherweise ist es auch nur der Neid des kleinen Steuerzahlers, weil er nicht immer versteht, dass so mancher Millionenbetrag schlicht aufgewendet werden muss. Wer, wenn nicht ein auf die Energiewende spezialisiertes Beratungsunternehmen wie die Ecofys Germany GmbH sollte für 2,57 Millionen Euro mit einer „Unterstützungsleistung bei der Ausgestaltung eines Ausschreibungssystems für erneuerbare Energien“ dienen können? Wissen wir denn, welchen Umfang diese Unterstützungsleistung hat? Nein, wissen wir nicht. Die Vorstellung, dass sich um eine Ausschreibung nur die Verantwortlichen gekümmert haben, die auch den Auftrag erteilen, ist einfach antiquiert. Ohne Beratungsunternehmen geht das nicht mehr.

Schließlich stehen wir an der Spitze einer Bewegung, und das wirft auch neue Fragen auf, die einer fachkundigen Antwort harren. Sollen die deutschen Stromverbraucher nur für die Förderung der heimischen Erneuerbaren Energien zahlen? Warum in überholten Grenzen denken? Wenn die für 2,6 Millionen Euro zu erbringenden "Unterstützungsleistungen bei der Ausgestaltung zur Öffnung von Fördersystemen für Strom aus Erneuerbaren Energien für im Ausland erzeugten Strom " erfolgreich sind, dürfen wir sicher auch bald die Windräder im Ausland finanzieren.

Der Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Leserpost

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Gert Köppe / 20.04.2019

@Claudius Pappe: Bin dabei. Langsam frage ich mich aber warum noch eine Untersuchung? Sollten wir denn den Schwund des gesunden Menschenverstandes nicht gleich als gegeben voraussetzen? Wir haben es hier in der Politik mit Tätern zu tun. Anders kann ich diese Typen nicht mehr bezeichnen. Die richten vorsätzlich das Land und seine Bürger zu Grunde. Normalerweise gehören die, nicht erst bei der nächsten Wahl, sondern sofort rausgeschmissen. Allein schon wegen der Schadensbegrenzung. Ich möchte nur mal wissen wann der deutsche Michel das endlich mal in seine hohle Hirnblase gerafft kriegt? Das Volk hat das Sagen und nicht diese selbstgerechten Möchtegern-Feudalherren. Da muss der Michel endlich auch mal handeln. Haaaandeln!!! Hallo, kapiert?!

Leo Hohensee / 20.04.2019

@ Sabine Schönfelder, boow,  den Text müssen Sie noch überarbeiten. Nichts für ungut. Sonst suche ich Ihre Beiträge immer.

Andreas Rochow / 20.04.2019

Das ist die Dokumentation einer ausufernden und nachhaltigen Veruntreuung von Steuergeldern für deren Vorbereitung und “Verstetigung” bereits Millionen von Steuer-Euros an eigens dazu gegründete Kampagneninstitute gezahlt werden. Vorreiter-D beweist, dass dieser Wahnsinn Methode hat. Und das Jahr 2050 als Zielmarke für “analytisch-empirische Projektionen” der Energiewirtschaft einer GmbH zu übertragen, die sich den Namen “Consentec” gegeben hat, zeigt, für wie unwahrscheinlich ein Dissens gehalten wird: Keine ergebnisoffene Forschung also.

Jutta Faerber / 20.04.2019

Das wird sicher demnächst von Oliver Welke in der heute-show und Christian Ehring bei Extra3 satirisch verarbeitet. CE zeigt ja auf seine “bissig, freche, witzige” Art den politischen Irrwitz. (Google) OW kommentiert “satirisch, witzig, bissig, ironisch, respektlos”. (Google) Dieser Irrsinn ist doch ein gefundenes Fressen für die beiden, sie könnten den ihnen zugeschriebenen Eigenschaften als Comedians mal gerecht werden. Das greifen die bestimmt auf…

Norbert Melcher / 20.04.2019

@Claudius Pappe Ich bin dabei!

Klaus Plöger / 20.04.2019

Umweltministerium. Die Priester der Apokalypse predigen hier den Untergang der Welt. Doch, Halleluja, sie werden euch retten. Dazu brauchen sie nur euren Glauben und euer Geld.

M. Schneider / 20.04.2019

Der ganze teure Irrsinn der Energie - und Umweltpolitik wird mit einem eben solchen Irrsinn von Begründungen, lückenhaften und linientreuen Gutachten für gerechtfertigt und notwendig erklärt, obwohl die Verantwortlichen genau wissen, wo das hinführt, aber ungern auf ihre lukrativen Geschäfte verzichten. Und der treue Steuerzahler hinterfragt nichts, glaubt fast alles und zahlt und zahlt….

Karla Kuhn / 20.04.2019

Herr Claudius Pappe vergessen Sie nicht die dazu nötige Steuergeld Unterstützung zu beantragen, in dem Sie dem ganzen ein e.V. voransetzen.

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