Da muß ich Herrn Esser widersprechen. Meine eigenen Enkel heißen. Paul, Alexander, Kilian, Korbinian. Die Kinder, bzw. Enkelkinder von Freunden, Bekannten und Nachbarn haben die Namen: Christiane, Maria Anna, Maria Sophia, Lukas, Johannes, Karl, Friedrich, Gustav, Wilhelm, Julia, Michael, Rebecca etc.pp. Noch nie mußte sich jemand verteidigen, weil diese Namen peinlich sind. Es wurden auch niemals Erklärungen verlangt. Man muß auch keinen Bezug zur Kirche haben, um solche Namen schön zu finden. Und gleich gar keinen Bekennermut. Es gibt von den verschiedenen Autoren sehr gute, realistische, zum Teil herrlich satirische Artikel auf der Achse. Dieser gehört leider nicht dazu.
Ich weiß nicht, worauf der Autor hinaus will, aber seine Argumentation beißt sich hier gewaltig in den eigenen Schwanz. Anna, Marie und Hannah bei den Mädchen, Elias, Noah, Paul, Lukas bei den Jungs - christlicher geht es wohl kaum. Aber da ihm das offenbar entgeht, muss er es in sein Koordinatensystem pressen, nach dem die jungen, dekadenten Großstädter natürlich völlig entwurzelt leben, oberflächlich denken (“Wohlklang”) und keinen Bezug zur “christlich-jüdischen” Grundierung mehr haben. (Ich habe noch in der Schule gelernt, dass Christen gegenüber den Juden in Europa jahrhundertelang nicht gerade freundlich gesinnt waren, aber seit ein paar Monaten ist seltsamerweiser diese Bindestrich entstanden). Wie wäre wohl die Empörung des Autors 1990 ausgefallen? Damals tummelten sich noch so “undeutsche” Namen wie Patrick, Jennifer, Jessica und Dennis in den Top 10. Die DDR wurde scheinbar in den Achtzigern noch nicht erfasst, sonst wäre der Schock noch größer: Steve, René, Maik, Roy, Danilo, Jacqueline, Sandy, Mandy, Janine. Die Pauls, Johannes, etc. kamen hingegen erst in den Jahren danach in großer Zahl. So schlimm kann es also nicht sein. Mohammed taucht übrigens nicht in den Top 50 auf und liegt damit sogar noch hinter “Liam”: Sagt uns das nun aus, dass es in Deutschland mehr Oasis-Fans als Moslems gibt? Auch frage ich mich, in welchem Land der Autor lebt. Bekennermut fürs Schweinefleisch essen? Die Metzgereien sind voll und erfreuen sich weiterhin großer Kundschaft, gegrillt wird draußen auch noch. Es täte auch der “Achse” mal gut, Alltagshandlungen weniger zu politisieren.
Man möge dem Autor zurufen: Heul doch! Ganz erhrlich, Eltern, die sich selbst über den Namen des Kindes verwirklichen (s. “anecken”) tun dem Kind auch nicht immer wirklich was Gutes. Wobei ich noch niemanden getroffen habe, der einen “Christian” verteidigen oder erklären musste. In welchen Sphären auch immer der Autor sich bewegt, das normale Leben scheint es nicht zu sein. Meine Kinder heißen Jan (friesische Kurzform von Johannes) und Leo (so hießen schon Päbste), was sagt das denn jetzt über mich? Viel Spaß beim Raten! Martin Krieger
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