Zu David Bowie gab es auf der Achse einen hinreißenden Nachruf. Hiermit gilt es nicht zu konkurrieren, er ist Maßstab. Nein, es geht mir darum, eine offene Frage zu stellen. Stellt der Nachruf den Verstorbenen, sei er Künstler, Politiker oder sonst was in den Fordergrund oder ist es nur Selbstbespiegelung des Schreibenden.Ich denke Letzteres.
Genau wie in den USA das „oh, my God“ als leere Floskel kennt, die gar keinen Gottesglauben voraussetzt, obwohl von Gott hier explizit die Rede ist, setzt der Nachruf gar nichts voraus, nicht mal die Kenntnis des Verstorbenen oder den Glauben an das Gesagte. Man stelle sich jetzt folgende Frage: ich will auf Twitter oder Facebook möglichst viele Leser befriedigen, dann mache ich es mir einfach. Ich antizipiere ihre Erwartungen. „Prince, wer?!, ach ja, oh Gott, ja tot ist der Mann, wie schlimm. R.I.P. Aber bitte ohne Smiley.“
De mortuis nihil nisi bene – also über die Toten nur Gutes. Dann kann man sich prima einklinken, schreibt, man sei immer Fan gewesen und schockiert, das glaubt dann jeder andere, man steht gut dar. Hiermit will man sozusagen Normalitäten definieren und Standards setzen. Ob nun Genscher, von Weizsäcker, Udo Jürgens (aber bitte mit Nase), Helmut Schmidt, Michael Jackson, David Bowie oder nun Prince verschieden: der Nachruf dient der Darstellung des Schreibenden/Twitternden/Redenden und ist total austauschbar.
Durch soziale Medien will ja jeder ein kleiner Bundespräsident sein. Ein Bekannter, dem ich von Udo Jürgens` Tod schrieb, nannte ihn „nicht musikalisch, aber menschlich ein Vorbild“, woraufhin ich ketzerisch fragte: „Was meinst Du – Vielweiberei?!“. Der Kollege konnte gar nichts mit Jürgens anfangen und ich zog ihn mit seiner persönlichen Vorliebe auf, der Nachruf, meist ideenlos, verrät mehr über den Schreibenden – frivol im Angesicht des Todes, aber warum nicht. Es schadet ja keinem, man kann gar mit der Kenntnis von Menschen angeben, von deren Existenz man kaum wusste, ist das nicht toll?! R.I.P. kann jeder schreiben. Das hat ein Prince nicht verdient. Also bitte nicht: „R.I.P., T.A.F.K.A.P.“
Einen Tag vor seinem Tod schaute ich selbst bei eventim, wann der Mann endlich mal wieder auf Tour nach Deutschland käme, sein letztes Konzert in Berlin, von dem ich mitbekam, war mit 200 Euro für die günstigste Karte zu teuer – oder ich zu geizig – na jedenfalls bedaure ich sehr, zu geizig gewesen zu sein. Aus dem Sarg wird er nie wieder die Gitarre so geil bedienen wie zuvor. So schnell kann es gehen.