Gastautor / 07.08.2012 / 18:30 / 0 / Seite ausdrucken

Der Wirbelsturm: eine vom Aussterben bedrohte Windart.

Ulli Kulke

Erinnert sich noch jemand an das Jahr 2005? Damals im August wurde, in Blitzesschnelle, fast wie von Teufels Hand, ein Naturereignis als unverrückbares Menetekel für den baldigen Weltuntergang an der Wand gezeichnet: Der Hurrikan Katrina. Als Beweis für den menschlichen Frevel jeder Art, für den Eingriff von Homo sapiens ins kosmische Geschehen. Als Beweis dafür, dass wir angekommen sind im Anthropozän, im neuen Erdzeitalter, in dem der Mensch den Globus ins Unglück stürzt.

Einer tat sich damals besonders hervor, den tropischen Wirbelsturm, der in der Region New Orleans etwa 1800 Todesopfer forderte, mit einem menschengemachten Klimawandel in Zusammenhang zu bringen: Der US-Politiker Al Gore. In vielen Reden und…


…in seinem Film “Eine unbequeme Wahrheit” prophezeite er seinen sechseinhalb MIlliarden Artgenossen, dass soetwas nun immer öfter stattfinden werde, mit immer größeren, immer teureren, immer tödlicheren Folgen. Und sprach nicht die Entwicklung der Vorjahre für dieses Szenario, als – besonders in den späten 90er und frühen Nuller-Jahren – immer wieder mal Hurrikane auf die US-Küste trafen und Schaden anrichteten?

Wetterexperten mit Langzeiterfahrung, die damals schon vor allzu schnellen Schlüssen warnten und darauf hinwiesen, dass die Häufigkeit von Hurrikanen schon immer im Rhythmus von etwa 30 Jahren deutlich schwankt, stets schön parallel zu den Veränderungen der Atlantischen Oszilationen, wollte niemand hören. Zu sehr heizte sich in jenem Jahr die Debatte um die Klimaerwärmung an, die nur ein gutes Jahr später im spektakulären vierten Sachstandsbericht des Weltklimarates gipfelte, in dem ebenfalls die dramatisch wachsenden Gefahren solcher Wirbelstürme vorhergesagt wurden, und für den der IPCC sogar den Friedensnobelpreis erhielt - geradezu so, als wäre er in der Lage, mit seinen Warnungen solche Hurrikane künftig zu unterbinden und für Frieden an den Küsten zu sorgen. Man sollte nicht lachen über diese Vorstellung – vielleicht hat letzteres ja sogar geklappt. Kann der IPCC zaubern? Wenn, dann wohl eher ungewollt.

Tatsache ist jedenfalls, dass kurz nach Katrina, im Oktober, noch einmal ein größerer Hurrikan über Florida herfiel, und seither die Atlantikküsten der USA von weiteren schweren Wirbelstürmen verschont blieben, mitterweile im siebten, gar nicht mal so verflixten Jahr. Die Betreiber des Klimablogs “Kalte Sonne” haben errechnet, dass es sich dabei sogar um einen Rekord handelt: “Noch nie mussten die Vereinigten Staaten während der letzten 100 Jahre so lange auf einen starken Hurrikan warten!” schreiben sie in ironischer Umkehrung der Katastrophen-Prophezeiungen aus der Klimaforschung. Für den Zeitraum seit 1970 ergibt die Statistik der Hurrikane jedenfalls keinen Trend, nicht nach oben und nicht nach unten. Dabei ist die diesjährige – kalendarische – Hurrikan-Saison in vollem Gang, bislang noch ohne nennenswerten Treffer.

Gewiss, die letzten, nahezu hurrikanlosen sieben Jahre sind noch kein langer Zeitraum, aber es überascht schon, wenn aus dem Weltklimarat in eben diesen sieben Jahren ständig die Botschaft kommt, der Anstieg der globalen Temperatur, besonders auch derjenigen in den Ozeanen, aus der ja die Wirbelstürme ihre Kraft ziehen, würde sich nahezu täglich beschleunigen. Wobei gerade dies ja nicht nur von hartnäckigen Klimaskeptikern bezweifelt wird, sondern insgeheim auch von den Erwärmungspropheten, die sich gegenseitig schon mal mit der Frage: “Wo zum Teufel ist eigentlich die Erwärmung geblieben” ärgern - im internen Email-Verkehr wohlgemerkt, der im Zuge der “Climategate”-Affäre um den Weltklimarat an die Öffentlichgkeit kam.

Von Hurrikanen redet seither niemand mehr, andere Naturkatastrophen sind dafür ins Blickfeld gerückt und dienen nun als Beweis für die kommende Weltkatastrophe. Kann ja sein, dass sie auch irgendwie mit allfälligen veränderten klimatischen Verhältnissen zusammenhängen, aber sind die zwingenden Zusammenhänge, die einst mit den Hurrikanen aufgebaut wurden, einfach austauschbar, wenn die Wirbelstürme mal für einige Zeit ausfallen? Fluten, Dürren, Hitzewellen, alles dient mittlerweile als Beweis dafür, jeweils unter dem Begriff Extremereignisse. Und seit drei Jahren, seit die eisigen Winterperioden nicht mehr wegzudiskutieren waren, ist es so weit: Jetzt dienen auch sie als Beweis dafür, dass sich die Erderwärmung angeblich immer stärker beschleunigt – im Außenverkehr, wie man seit Climategate wohl hinzufügen muss. Da hat man doch den Eindruck, dass zwischen all den Gewittern eine heftige neue Beliebigkeit aufblitzt.

Wie sehr bei der Wahrnehmung von Naturkatastrophen in einer immer stärker in Echtzeit und multimedial vernetzten Welt der subjektive Faktor hineinspielt, zeigt die Statistik der Munich RE, eine der weltweit führenden Rückversicherungs-Gesellschaften. Danach waren die ersten sechs Monate 2012, in denen sich für manchen Beobachter Katastrophe an Kakastrophe reihte, einer der ruhigsten Halbjahreszeiträume der letzten Zeit. Volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von 26 Milliarden US-Dollar haben die Experten des Hauses weltweit zusammengezählt, der Durchschnitt der Vergleichsperioden in den vergangenen zehn Jahren lag beim Dreifachen. Dabei sind die Klimaexperten der Munich Re in der Vergangenheit bei Weltuntergangs-Prognosen nicht gerade durch Enthaltsamkeit aufgefallen. Das Jahr mit den geringsten Schäden durch Naturkatastrophen im vergangenen Jahrzehnt war übrigens 2009, und nicht etwa 2000. Der Hurrikan mit den meisten Todesopfern war übrigens der “Great Hurricane” aus dem Jahr 1780, der in der Karibik 12.000 Todesopfer forderte, in einem Jahr also, in dem im Vergleich zu heute nur ein Bruchteil der Menschen dort wohnte. und der Drittschlimmste suchte die US-Küste im Jahr 1900 heim (die Nummer 2 war 1998).

Der nächste Hurrikan kommt, keine Frage, es wird auch wieder sehr heftige geben. Und wer weiß, vielleicht hängen sie auch mit der Erderwärmung zusammen, die Wissenschaft ist sich da inzwischen recht unsicher. Aber eines ist klar: Für die Aussage “Immer stärker, immer heißer, immer katastrophaler gerade in den letzten Jahren”, wie es immer wieder heißt, liefert die Statistik kein Argument.

Zuerst erscheinen auf Ulli Kulkes großartigen Blog “Donner und Doria” bei welt.de

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