Parteiübergreifend wird angesichts der derzeitigen Rassenunruhen in den USA darüber diskutiert, den Begriff „Rasse“ aus Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen, da dieser Begriff als wissenschaftlich “längst überholt” und problematisch angesehen wird. Wir laufen damit Gefahr, ein neues Zeitalter des Rassismus zu befeuern. Warum?
Zunächst sei festgestellt, dass Rassismus, altmodisch gesprochen, eindeutig eine Entäußerung des Bösen im Menschen darstellt.
Was aber ist Rassismus? Es ist die auf Menschengruppen bezogene Zuschreibung negativ bewertender Eigenschaften aufgrund äußerlich sichtbarer genetischer Merkmale dieser Gruppen. Beispielsweise haben Menschen aus Schwarzafrika eine dunkle Hautfarbe und es ist rassistisch, ihnen ohne Beweise als Gruppe eine hohe Gewaltbereitschaft zuzuschreiben. Oder Kaukasiern ungerechtfertigte Privilegien et cetera.
Offensichtlich haben sich in unserer Species seit der Entstehung von Homo sapiens durch Migration und räumliche Trennung, sogenannte Segregation, genetische Unterschiede herausgebildet, die man Menschen sofort ansehen kann. Am auffälligsten sind die Unterschiede zwischen Asiaten, Schwarzafrikanern und Kaukasiern, aber es gibt weitere durch Segregation entstandene, genetisch und äußerlich abgrenzbare Gruppen wie die Inder, die Aborigines in Australien oder die Menschen der Stammländer der semitischen Sprachen. Diese durch die sichtbaren Unterschiede abgrenzbaren Gruppen von Menschen fasst man geheimhin als Rassen zusammen. Da schon lange bekannt war, dass körperliche Eigenschaften genetisch vererbt werden, war auch lange klar, dass die Unterschiede zwischen den Rassen genetische Ursachen haben.
Doch erst seit der Sequenzierung des humanen Genoms Anfang der 2000er Jahre kann man biomathematisch den Zusammenhang von Gensequenz und äußerlichen Merkmalen der Rassen genau untersuchen. Zum ersten Mal wurden diese Untersuchungen 2004 einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit im Sonderheft “Genetics for the human race” der renommierten Zeitschrift Nature Genetics vorgestellt. Die Arbeiten zeigten klar und deutlich, dass die untersuchten Genomsequenzen von Angehörigen verschiedener Rassen sich so deutlich unterscheiden, dass sich mindestens vier Rassen abgrenzen lassen: Schwarzafrikaner, Kaukasier, Asiaten und Inder, wobei man bei diesen auch die Kasten voneinander unterscheiden kann, da sich hier genetische Unterschiede durch soziale Segregation herausgebildet haben. Ebenfalls abgrenzen lassen sich Aborigines und Semiten sowie Eskimos. Diese Ergebnisse wurden in den letzten 15 Jahren vom International Genome Sample Resource Programm bestätigt und verfeinert. Wissenschaftlich ist es absolut eindeutig, dass es aufgrund genetischer Segregation Rassen gibt und dass die Kenntnis der Rassenunterschiede extrem wichtig ist.
Denn diese Kenntnis ist für die Medizin essenziell, da die genetische Varianz der Rassen zu unterschiedlicher Wirkung und Metabolisierung von Arzneimitteln führt. Bei der Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln ist es daher zwingend vorgeschrieben, in globalen klinischen Studien ausreichend Asiaten und Schwarzafrikaner einzuschließen, wenn man eine Zulassung für Menschen dieser Rassen erhalten will. Berücksichtigt man die Unterschiede nicht, sind die Medikamente im besten Fall wirkungslos, im schlimmsten Fall aber tödlich.
Beispielsweise leiden 10 Prozent der männlichen Schwarzafrikaner an Favismus, das ist die häufigste erbliche Stoffwechselkrankheit des Menschen. Es erkranken nur Männer, da die Krankheit X-chromosomal-rezessiv ist. Es kommt bei diesem Erbleiden durch die Einnahme von einigen Nahrungsmitteln, aber vor allem bei den sehr häufig genutzten Medikamenten Acetylsalicylsäure (Aspirin®), Sulfonamiden und Nitrofuranen (beides Antibiotika) und vielen Malariamitteln zu einer lebensbedrohlichen hämolytischen Anämie (Zerfall der roten Blutkörperchen). Man muss also jeden schwarzen männlichen Patienten auf Favismus testen, bevor man ihm eines dieser Medikamente gibt. Die Rasse ist ein essenzieller Hinweis darauf: Wenn man auf den Rassebegriff verzichten und dann folgerichtig, da Rassen ja laut Dekonstruktivisten und BLM ein "soziales Konstrukt" sind, einer Population in Schwarzafrika einfach flächendeckend Aspirin geben würde, stürben bis zu 10 Prozent der männlichen Bevölkerung an Hämolyse einen qualvollen Tod.
Wir wissen nicht, woher manche Unterschiede kommen
Auch aus kommerzieller Sicht ist die Berücksichtigung der Rassen essenziell. Nimmt man keine Asiaten in den Pharmastudien auf, kann man im zweitgrößten Pharmamarkt der Welt Japan und auch im rasch wachsenden China keine Arzneimittel vermarkten.
Es gibt also aus biologischer Sicht Rassen, nämlich genetisch unterschiedliche Menschengruppen mit dadurch bedingten unterschiedlichen körperlichen Eigenschaften. Die Kenntnis dieser Unterschiede ist für die Medizin essenziell. Der Begriff Rasse ist keineswegs veraltet, sondern er beschreibt ein reales Phänomen. Allerdings hat die wissenschaftliche Gemeinschaft der Biologen und Mediziner unter dem Druck der Political Correctness der Geisteswissenschaftler den Begriff seit 2005 zunehmend vermieden und verwendet heute die Wendung “human genome variation”.
Dies ist allerdings in vielen Zusammenhängen umständlich, und eine Umbenennung ändert dennoch nichts daran, dass es in der Wirklichkeit Rassen gibt. Wenn Geisteswissenschaftler argumentieren, es gäbe keine Rassen, negieren sie einfach die Realität. Dies ist allerdings in den Geisteswissenschaften seit dem Erfolg des nominalistischen Dekonstruktivismus in den 1990ern absolut üblich. Laut dieser Denkrichtung bestimmen Worte die Realität und nicht umgekehrt, mit viel jüdischem Witz hat das die großartige Gertrude Himmelfarb schon damals beschrieben.
Ein Aspekt des Rassenbegriffs ist allerdings zu recht absolut strittig: Die Frage, ob genetische Unterschiede zwischen den Rassen auch zu Unterschieden geistiger Eigenschaften führen. Da wir den Zusammenhang zwischen Genotyp (Erbmaterial) und Phänotyp (Erscheinung) komplexer Eigenschaften nicht verstehen und wahrscheinlich nie verstehen werden, und da das menschliche Gehirn sich als komplexes System der mathematischen Modellierung entzieht, ist die Frage mit Hilfe genetischer Daten nicht zu beantworten.
Stattdessen wird behauptet, allein schuld an der schlechteren Stellung der Schwarzen in den USA seien die privilegierten, sie unterdrückenden Weißen. Wirklich? Immerhin haben im US-Bürgerkrieg 1860–1865 etwa 300.000 weiße US-Amerikaner ihr Leben für die Befreiung der schwarzen Sklaven geopfert. Seit den 1960er Jahren führen die Amerikaner sehr kostspielige und aufwendige Programme zur Förderung der Schwarzen durch. Natürlich gibt es in den USA nach wie vor Rassisten, die Schwarze hassen, diskriminieren und Gewalt (was immer physische Gewalt ist) gegen sie ausüben, was besonders schrecklich ist, wenn sie von staatlichen Amtspersonen ausgeht wie im Fall George Floyd. Doch ist dieser minoritäre Rassismus nicht die Ursache der Probleme der Schwarzen in den USA, wie Glenn Louwry, ein schwarzer US-Ökonom von der Harvard-Universität, erläutert. Vielmehr sind ein Großteil der schwarzen Gewaltopfer Opfer ihrer schwarzen Mitbürger. Ein wesentlicher Faktor, der die ökonomisch-soziale Emanzipation der Schwarzen verhindert, dürfte auch die ständige Zuschreibung einer Opferrolle sein.
Denn mittlerweile ist ein seltsamer weißer Neorassismus entstanden, der zwar einerseits den Begriff der Rasse für irreal hält, andererseits aber propagiert, die Weißen seien schuld an allen Problemen der Schwarzen. Doch ohne Eigenständigkeit und Eigeninitiative kann kein Mensch es zu etwas bringen, und zwar in keiner Gesellschaft. Chancengleichheit kann man fördern, aber nicht erzwingen. Wer nicht selbst versucht, im Leben etwas zu erreichen, sondern immer anderen die Schuld gibt, erreicht auch nichts. Doch Eigeninitiative trauen die Neorassisten den Schwarzen nicht zu. So verbirgt sich hinter der Theorie des “white privilege” und der Unterdrückung durch Weiße eine perfide Form der weißen Überlegenheitsgewissheit – nur sie kann erklären, warum Menschen, die genauso ihres Glückes Schmied wie alle anderen sein könnten, aufgrund ihrer Rasse ständig zu Opfern erklärt werden. Wir haben es einfach nur mit einer neuen Variante der Theorie der “white man’s burden” (Rudyard Kipling) zu tun, wonach der weiße Mann aufgrund seiner rassischen Überlegenheit dazu verpflichtet sei, andere Rassen zu zivilisieren. In der neorassistischen Variante wird die Überlegenheit nur scheinbar negiert, doch ist die Gewissheit der eigenen Überlegenheit die Ursache, warum die Schwarzen als Menschen nicht ernst genommen und so zu Daueropfern gemacht werden.
Gibt es aus diesem Elend einen Ausweg? Sicherlich besteht er nicht darin, die Realität zu verleugnen und beispielsweise die Abschaffung der Polizei zu fordern. Denn dann wären die Schwarzen am härtesten getroffen, sind sie doch der Bevölkerungsanteil der USA, denen die Polizei am meisten hilft. Denn in ihrer Mitte gibt es leider am meisten Gewalt und Kriminalität, die Polizisten, unter denen Rassisten eine verabscheuungswürdige winzige Minderheit sind, durch Einsatz ihres Lebens zu mindern versuchen.
Vielmehr müssen wir die Realität der Rassenungleichheit erkennen und ihre Ursachen verstehen. Wir müssen – und das gilt auch für Zuwanderer in unserem Land – im Stil der Bad Godesberger SPD fördern und fordern, aber nicht das eine ohne das andere. Einen Begriff wie “Rasse”, der einfach nur einen Teil der Realität beschreibt, abzuschaffen, wird diese Realität nicht verändern und niemandem helfen. Bis auf einigen modernen weißen Neorassisten, die sich dann besser fühlen, wenn sie sich einreden, durch einen begrifflichen Taschenspielertrick des nominalistischen Dekonstruktivismus den aus ihrer Sicht schwachen Schwarzen geholfen zu haben.