Neulich, bei einer Fußball-Übertragung im Radio (mein Verein hat mal wieder verloren), sagte der Moderator: Gerade hat mir jemand etwas gewhatsappt. Wie bitte? Gewhatsappt? Von einem Sportmoderator hätte ich früher eher einen Satz erwartet wie: „Er schoss ein Tor, das sich gewaschen hat.“ Aber gewhatsappt? Ja, unser Neudeutsch hat alle Lebensbereiche erobert. Auch den des Fußballs. Erstaunlich, dass der Kölner Video-Beweis-Keller nicht Video-Checkpoint heißt.
Nun gut, ich bin kein Sprachpurist, sondern erfreue mich einfach an der unfreiwilligen Komik vieler Anglizismen. Der Gewhatsappte hat halt die Sprache des Landes benutzt, in dem das Whatsapp erfunden wurde, und hat es eingedeutscht, oder genauer: verdeutscht, wobei man für verdeutscht auch verhunzt sagen kann. Hätte jemand in Deutschland das Whatsapp erfunden, dann würden heute vielleicht die Amerikaner sagen: „I got a new Was-ist-los-Anwendung.“ Vielleicht.
Früher sind ja Wörter wie Kindergarten, Schadenfreude, Weltanschauung und „German Angst“ aus dem Deutschen ins Englische hinüber gewandert. Heute geht es zu fast hundert Prozent in umgekehrter Richtung, vom englischen Sprachraum zu uns. So ist das Leben. Eine Lawine, ob analog oder digital, ist schwer aufzuhalten. Man darf sich spaßeshalber aber die Frage stellen, wie ein korrektes Eindeutschen der digitalen (oder auch analogen) Anglizismen aussehen sollte. Und das will ich hier mal tun.
Der gewhatsappte Hörfunk-Kollege hat – bewusst oder unbewusst – die Frage der korrekten Eindeutschung auf beispielhafte Weise aufgeworfen. Nämlich so: Warum ist er gewhatsappt worden und nicht whatsgeappt? Mir erscheint whatsgeappt sauberer als gewhatsappt. Es entspricht mehr dem deutschen Sprachgebrauch. Man sagt ja auch „angerufen“ und nicht „geanrufen“. Oder „abgesagt“ und nicht „geabsagt“. Aber ich fürchte, dass das Gewhatsappte angesagter (geansagter?) ist als ein von mir bevorzugter Whatsgeappter.
Gelockdownt, lockgedownt, gedownlockt oder downgelockt?
Beispielhaft ist die Sache, weil sie anglizismusübergreifend ist. Nehmen wir die gerade erst abklingende Zeit, als wegen Corona alles dicht war. Also die Zeit des Lockdowns. Waren wir da gelockdownt, lockgedownt, gedownlockt oder downgelockt? Ich bin für downgelockt. Aber lockgedownt ist auch ganz verlockend. Oder: Nach Wochen des Social Distancing bleibt immer noch die Frage unbeantwortet, ob wir gesocialdistancet sind oder socialgedistancet. Ich bin logischerweise für socialgedistancet. Wenn man gemailt hat oder angemailt wird, stellt sich dieses Problem zum Glück nicht. Angemailt ist angemailt, auch wenn daraus in der deutschen Aussprache gelegentlich angemehlt wird. Aber die Aussprache ist ein anderes Thema.
Interessanterweise gibt es bei uns sogar Anglizismen, die es im Englischen so gar nicht gibt. Der schönste ist das Handy, von dem weder Amerikaner, Briten, Australier noch Neuseeländer jemals gehört haben, es sei denn, es verschlägt sie nach Deutschland. Leider kommt unser autochthones Handy langsam aus der Mode. Es wird nach und nach von einem Phone, nämlich vom Smartphone abgelöst. Die neueren Phones sind ja auch smarter als die alten Handys. So ein Smartphone kann zum Beispiel nicht nur whatsappen, es kann auch smsen. Ich bin erst neulich angesmst worden und habe gleich zurückgesmst. Allerdings habe ich noch nicht getwittert und bin auch noch nicht angetwittert worden. Mein Nichtgetwitter hat nichts mit meiner Donald-Trump-Skepsis zu tun. Der Mann soll twittern, soviel er will.
Statt zu twittern, zwitscher ich mir lieber mal ein Gläschen draußen auf der Terrasse, während die Vögel am Himmel twittern. Das kann ich mir leisten, weil ich schon seit einiger Zeit gehomeofficet beziehungsweise homegeofficet bin.