Die Bremer Bürger haben gewählt. Alle? Nein, kaum mehr als die Hälfte. Nur 58% der Stimmberechtigten konnten sich dazu durchringen, zur Wahlurne zu gehen. Diese Botschaft wird ignoriert, sowohl von den Siegern, als auch den Verlierern.
Es liegt am fehlenden politischen Angebot, dass die Zahl der Nichtwähler kontinuierlich steigt. Die Parteien stört es nicht wirklich, denn die Anzahl der Mandate, die nach der Wahl verteilt werden, kann bei abnehmender Wählerzahl sogar zunehmen.
Entsprechend euphorisch klingen die Kommentare. SPD-Generalsekretärin Nahles sieht das Ergebnis ihrer Partei als Ergebnis ihrer Nähe zu „den Menschen“. Nun, gemessen an der Anzahl der Wahlberechtigten hat die Partei ein Votum von knapp 20% erhalten. Eine satte Dreiviertel-Mehrheit ist fern von der SPD. Die zum absoluten Gewinner erklärten Grünen konnten kaum mehr als 10% der Wähler überzeugen, ihr Kreuz bei ihnen zu machen. Mehrheiten sehen anders aus. Der von den Medien pausenlos verkündete grüne Mainstream ist eher ein Eigenprodukt der Meinungsmacher.
Die bürgerlichen Parteien, die erneut eine krachende Niederlage eingefahren haben, sind weit davon entfernt zu begreifen, warum sie gerade dabei sind, sich selber überflüssig zu machen. Die FDP, die ihre Spitze umgestellt hat, mit der Politik, die ihr in den letzten Jahren die Wählerschaft fast halbiert hat, aber unbeirrt fortfährt, ist in Bremen sogar von der Splittergruppe BIW geschlagen worden.
Alle „Sonstigen“ zusammen, kommen auf fast 14%, das sind 7% der Wahlberechtigten. Wenn sie gemeinsam antreten würden, könnten sie in den nächsten Bundestag einziehen!
CDU-Generalsekretär Gröhe beklagte der Wahlnacht auch, dass der hohe Anteil, den die Kleinstparteien eingefahren haben, sich negativ auf das CDU-Ergebnis ausgewirkt habe. Noch größer dürfte der Anteil gewesen sein, den die CDU an die Nichtwähler abgegeben hat. Statt sich zu fragen, warum Stammwähler zunehmend fern bleiben, beschleunigt die CDU den Kurs, der ihr, seit Merkel Parteichefin ist, Negativ-Rekorde eingebracht hat. Seit Merkel an der Spitze ist, gibt es keine Wahlanalyse mehr, die diesen Namen verdient, sondern nur noch Vertuschungs-Manöver. Bisher erfolgreich. Niemand wagt, die Frage zu stellen, warum eine Chefin, die ihrer Partei anhaltende Verluste beschert, an der Spitze bleiben muss. Statt einer undefinierbaren „Großstadt- Kompetenz“ hinterher zu jagen, müsste sich die CDU auf ihren Markenkern besinnen. Zur Erinnerung: die CDU war die Partei, die mit sozialer Marktwirtschaft, Westbindung und verlässlicher, rechtsstaatlicher Politik die Grundlagen für den Massenwohlstand in der besten Demokratie, die Deutschland je hatte, gelegt hat. Wirtschaftliche Vernunft, politische Rationalität und Solidität waren ihre Merkmale. Davon ist der Merkel- CDU nichts mehr geblieben. Die so genannte „Modernisierung“ hat sie inhaltlich entleert und damit unkalkulierbar gemacht.
Der Wettlauf um den Atomausstieg, den die Regierung Merkel losgetreten hat, wird mit jedem Tag irrationaler. Statt sicheren Atomstrom aus den eigenen Werken zu beziehen, wird Atomstrom aus Tschechien importiert, wo er in einem Meiler sowjetischen Typs produziert wird, unmittelbar an der deutschen Grenze. Der forcierte Einstieg in die technisch völlig unausgereiften „Erneuerbaren Energien“ wird zu einer Belastung der Wirtschaft werden, die den Aufbau Ost in den Schatten stellt. Die großen Stromkonzerne juckt das nicht. Sie werden die Fördermittel für „Erneuerbare“ abgreifen und sich aufs Auslandsgeschäft konzentrieren. Die Last werden der Mittelstand und die Steuerzahler zu tragen haben, also die frühere Wählerklientel der CDU. Noch sind die Folgen der „Energiewende“ mehr zu ahnen als zu spüren. Ein Vorgeschmack, was uns erwartet, bekamen wir bei der Einführung von E10. Das Bio-Benzin hat zwar keinerlei umweltpolitischen Nutzen gebracht, aber zu einer von der Politik inszenierten Preistreiberei an den Tankstellen geführt , die den Konzernen satte Zusatzprofite bescherte und die Kassen privater Haushalte und des Mittelstandes wachsende Lasten aufbürdete. Die CDU betreibt heute eine Politik, gegen die sie vor Merkel noch Sturm gelaufen wäre. Ihre eigenen Wähler wird sie weiter verprellen. In Berlin kündigt sich das nächste Desaster bereits an.
Merkel scheint das bisher nicht zu tangieren. Sie hofft, bei der Bundestagswahl, mit welchem Ergebnis auch immer, als Erste durch die Ziellinie zu gehen und entweder in einer schwarz-roten oder schwarz-grünen Koalition an der Macht zu bleiben.
Die Machtarithmetikerin könnte sich diesmal allerdings verrechnen. Eine CDU röter als die SPD und grüner als die Grünen wird von niemandem gebraucht.