Von Peter Laudenbach
Theaterfestivals sind schön, meistens jedenfalls. Aber vor das Vergnügen haben der liebe Gott und das Protokoll die Zumutungen der Repräsentation, die heiße Luft der Bedeutsamkeitssimulation gesetzt. Bevor ein Theaterfestival los geht, müssen Reden gehalten, die sehr geehrten Damen und Herren, die lieben Theaterfreunde begrüßt und die Exzellenzen, Eminenzen, die anwesenden Damen und Herren aus dem Kultursausschuss des Deutschen Bundestages und die geschätzten Vertreter der Sponsoren ordentlich bauchgepinselt werden. Das kann sich ziehen. Legendär waren die Festivaleröffnungsreden des unvergessenen Peter Radunski, einst Berliner Kultursenator mit leicht ranzigem Gebrauchtwagenhändlercharme, eine Figur, neben er sogar Wowereit fast seriös wirkt. Gefürchtet sind die Reden, die jedes Jahr zum Auftakt des Theatertreffens runtersalbadert werden: Rhetorische Parfümwolken der Schwergewichtsklasse wabern sinnfrei vor sich hin. Aber auch andere Festivaleröffnungsreden sind nicht ohne. Vor allem nicht ohne unfreiwillige Komik. Neulich war es wieder so weit. Klaus Wowereit hatte als Schirmherr die Ehre, das Festival Internationale Neue Dramatik an der Schaubühne mit einer Rede zu eröffnen. Bedeutung des Theaters hier, interkultureller Dialog da, seine Redenschreiber kannten keine Gnade. Sie schreckten auch vor waghalsigen Thesen nicht zurück: „Zeitgenössisches Theater findet die Themen, die aktuell sind, das ist unvermeidlich“, dröhnte der Regierende Bürgermeister und strahlte mit honigkuchenpferdhaftem „Mir-kann-keiner“-Grinsen ins Publikum. Damit war auch schon der theatralische Höhepunkt des Festivals erreicht. Die sich an diese Wowereit-Performance anschließende Premiere bewies dann eindrücklich, dass das Theater „Themen, die aktuell sind“, nicht nur finden, sondern auch im parfümierten Kunstgewerbe versenken kann.