Julian Reichelt, Gastautor / 22.11.2019 / 13:31 / Foto: Superbass / 108 / Seite ausdrucken

Angela Merkel: Lügen, so durchsichtig wie Frischhaltefolie

Von Julian Reichelt. Der Chefredakteur der BILD-Zeitung rechnet mit Angela Merkel ab

Vor fast genau drei Jahrzehnten fiel die Berliner Mauer, heute vor genau 14 Jahren wählte der Bundestag Angela Merkel zum ersten Mal zur Kanzlerin.

Die Hälfte der Zeit, die Deutschland nun vereint ist, regiert die Bundeskanzlerin Merkel. Die „mächtigste Frau der Welt“ („Time“) genießt es, als Schutzpatronin von Frieden, Besonnenheit und Dialog gefeiert zu werden. Immer wieder inszeniert sie sich als Künstlerin des Kompromisses, als oberste Diplomatin einer komplizierten Welt voller männlicher Super-Egos.

Doch tatsächlich fällt ihre außenpolitische Bilanz ziemlich verheerend aus. Ihre einzige Konstante lautete: Lieber Ruhe daheim als Risiko in fernen Ländern – bis das Risiko schließlich nach Deutschland kam!

Berechenbar war Deutschland in ihrer Ära nur darin, sich nicht die Hände schmutzig zu machen, selbst wenn es gegen Diktatoren und Terroristen ging. Wenn deutsche Unternehmen irgendwo Geschäfte machen können, übersieht Kanzlerin Merkel trotz ihrer Erfahrung im Unrechtsstaat DDR, trotz des sagenhaften Aufstiegs, den ihr die unbeirrten Garanten der Freiheit ermöglicht haben, jede noch so obszöne Untat von den übelsten Feinden der Freiheit, meist im nationalen Alleingang und zum Entsetzen der engsten Verbündeten.

In der Energiepolitik hat Kanzlerin Merkel Deutschland von Russland abhängig gemacht, in der Migrationspolitik von der Türkei, bei digitaler Infrastruktur möchte sie Deutschland in die Abhängigkeit von China führen und das wichtigste Mobilfunknetz der Zukunft dem totalitären Überwachungsgiganten Huawei überlassen.

Lieber China als CDU

„Merkel chooses China over her own party on Huawei“, titelte „Bloomberg“ vor wenigen Tagen. Wenn es um Huawei geht, zieht die Kanzlerin China ihrer eigenen Partei vor ...

Angela Merkel hat Deutschland zu einem Garanten der guten Ratschläge gemacht, dabei Werte hergeschenkt und Krisen befeuert. Dass inzwischen selbst CDU-Ministerpräsidenten wie Michael Kretschmer (Sachsen) Wahlkampfauftritte mit mörderischen Despoten wie Wladimir Putin absolvieren, zeigt, wie fatal sie unverhandelbare Grundsätze ihrer Partei hergeschenkt hat.

Die Russland-Politik überließ sie fast durchgehend der SPD, die mal romantisch, mal naiv, mal von Gerhard Schröders Einfluss korrumpiert das „Putin-Verstehen“ zum Politik-Prinzip machte, allen voran der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den keine russische Vernichtungskampagne in Syrien an seiner Beschwichtigungspolitik inklusive „Münchner-Abkommen“ (zu Syrien) zweifeln ließ.

Das Ergebnis: Moralisch muss Merkel sich vorhalten lassen, dem Morden in Syrien, den Fassbomben gegen Schulen, dem Vergasen von Menschen mit der deutschen Erfindung Sarin zugesehen zu haben, allen deutschen „Nie wieder“-Schwüren zum Trotz.

Politisch hat sie durch eine Mischung aus Zulassen und Unterlassen sowohl die Flüchtlingskrise als auch den ISIS-Terror sträflich begünstigt. Die Flüchtlingskrise, die Europa politisch gespalten hat. Und den ISIS-Terror, gegen den Merkel selbst dann noch nicht kämpfen (lassen) wollte, als Menschen auf einem Weihnachtsmarkt nur wenige Kilometer entfernt von ihrem Amtssitz ermordet wurden.

Deutschland macht Fotos

Deutschlands Verbündete zogen in den Krieg gegen ISIS. Deutschland machte weitestgehend nutzlose Aufklärungsfotos, wollte sich an Kampfeinsätzen aber nicht beteiligen. Eine Fotosafari mit Kampfjets. Nur um den USA wenig später zu erklären, warum eines der reichsten Länder des Planeten sich finanziell nicht im vereinbarten Rahmen am Frieden- und Freiheitsgaranten Nato beteiligen könne.

„Mehr Verantwortung in der Welt übernehmen“ – das blieb unter Kanzlerin Merkel eine hohle Parole. Merkels Tatenlosigkeit und ihr sträfliches Unterlassen im Syrien-Krieg bescherten ihr erst die Flüchtlingskrise, die ihre Kanzlerschaft überwältigte. „Wir schaffen das“ war nie der wirklich skandalöse Satz ihrer Kanzlerschaft.

Wir machen nichts war es.

Das weitestgehend vergessene, aber historische Datum in Merkels Kanzlerschaft ist der 21. August 2013.

Nach zwei Jahren des obszönen und völlig ungehinderten Abschlachtens seines Volkes griff der syrische Diktator Baschar al-Assad zu einer Waffe, die von den Nazis entwickelt worden war. Deren Einsatz jeder deutsche Kanzler geschworen hat, nie wieder zuzulassen: Giftgas, Sarin (benannt nach den deutschen Nazi-Erfindern Schrader, Ambros, Ritter und von der Linde).

Nur vier Flugstunden von Berlin entfernt vergaste Assad rund 1300 Menschen in seiner eigenen Hauptstadt Damaskus. Kinder starben röchelnd und mit Schaum vorm Mund. Als Reporter in Syrien erlebte ich bei den Menschen dort damals eine zutiefst beschämende Erleichterung.

Denn nach all den Grauen, die sie durchlitten hatten, waren sie sich sicher: Die Bilder von vergasten Kindern könnte der Westen, könnten die USA und vor allem Deutschland, niemals hinnehmen. Endlich würde ihnen jemand zu Hilfe eilen.

Es kam noch schlimmer

Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz von Chemiewaffen zur „roten Linie“ erklärt, und auch wenn es an Zynismus kaum zu überbieten ist, zwischen akzeptablen und inakzeptablen Methoden des systematischen Massenmords zu unterscheiden, kam es für die Syrer noch schlimmer:

Der Westen, auch Deutschland, brach sein Versprechen, das aus dem Holocaust hervorging, und tat – nichts.

Bei einem Abendessen nach dem Ende seiner Präsidentschaft hat Barack Obama einmal von diesen Tagen erzählt. Er habe handeln wollen, aber nicht allein. Er habe Assad stoppen wollen, wenn auch viel zu spät. „Aber in Berlin ging niemand ans Telefon“, sagte er, während seine Augen wässerig wurden.

Von Intervention gegen Assad wollte Angela Merkel nichts wissen, eine deutsche Beteiligung wurde so schnell ausgeschlossen, als wäre deutsches Gas nur in der Vergangenheit ein infames Verbrechen, nicht aber in der Gegenwart.

Als Reporter in Syrien erlebte ich die Reaktion auf diese unvorstellbare unterlassene Hilfeleistung: Wer fliehen konnte, begann, die Flucht vorzubereiten. Wenn der Westen nicht zu ihnen kommen würde, würden diese Menschen nach Westen gehen. Und ich erlebte: Radikalisierung im Zeitraffer.

„Warum tut ihr nichts?“ „Was sind das für Werte, von denen ihr uns immer erzählt?“ „Sind unsere Kinder eure Werte nicht wert?“ „Wo ist Obama? Wo ist Merkel?“

Menschen, die mich bei meinen Reisen nach Syrien beherbergt und beschützt hatten, sahen mich plötzlich feindselig an.

Für den Westen, auf den sie gehofft hatten, war nur noch Verachtung übrig.

Ich erlebte mit, wie der Hass entstand, der wenig später ISIS als Nährboden und Unterschlupf dienen sollte. Ich erlebte, was geschieht, wenn der Westen sein Versprechen bricht, für Freiheit überall einzustehen. Bis zu diesem Punkt wären Flucht und der Aufstieg von ISIS noch zu stoppen gewesen – danach nicht mehr.

Deutschland bekam wenig später die Flüchtlingskrise, die unsere Politik sich verdient hatte.

Ähnlich war es während der Balkankriege gewesen, als Europa tatenlos dem Schlachten zusah.

Ausgerechnet der grüne Außenminister Joschka Fischer gab dann die richtige Antwort auf die deutsche Schicksalsfrage in der Außenpolitik: Wollen wir nie wieder Krieg oder nie wieder Auschwitz? Gegen weite Teile seiner pazifistischen Partei entschied Fischer sich dafür, dass es gerade für Deutschland eine historische Verpflichtung sein kann, Krieg zu führen.

Angela Merkel hat diese Frage nicht nur gemieden, gescheut und nicht beantwortet.

Bitte nicht stören!

Sie hat eine gesellschaftliche Debatte darüber verhindert und die Beantwortung ihrem Außenminister Steinmeier überlassen, der Frieden auch da noch beschwor, wo ganze Städte ausgelöscht wurden. Der den Dialog auch mit jenen zum höchsten Wert erkor, die unterirdische Krankenhäuser mit bunkerbrechenden Waffen auslöschten. Der in Russland davon schwärmte, dass Deutsche und Russen „zum kulturellen Austausch“ gemeinsam die syrischen Städte wieder aufbauen könnten, die russische Bomber just in jenem Moment einäscherten.

In Kanzlerin Merkel fand Steinmeier die abwesende, oft gleichgültige „Bitte nicht stören“-Chefin, die ihm gestattete, „den Gesprächsfaden nicht abreißen“ zu lassen, selbst mit jenen, die ihm kalt lächelnd nichts als Lügen servierten.

Lügen, so durchsichtig wie Frischhaltefolie.

Steinmeier war Russlands liebster Komparse für die Farce von „Friedensverhandlungen“ und „Waffenstillstandsabkommen“, die immer nur der Vorbereitung der nächsten noch mörderischeren Offensive dienten.

Das Abkommen, das es Russland ausdrücklich erlaubt, in Syrien „Terroristen“ zu bombardieren, wobei Russland selber entscheiden durfte, welches Kind ein Terrorist ist, hat Steinmeier in München persönlich mit ausgehandelt. Aber ermöglicht hat all das erst Angela Merkel, weil sie nicht wollte, dass Kriege jemals ihre erhaben erscheinende Macht stören.

Doch genau das Gegenteil erreichte sie mit dieser Strategie des Raushaltens. Sie überließ Syrien den Russen, dafür kamen Hunderttausende Syrer zu ihr ...

Zuerst erschienen hier in der Bildzeitung. Fortsetzung folgt.

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Leserpost

netiquette:

Markus Rüschenschmidt / 22.11.2019

Es ist mir längst unbegreiflich, dass diese Frau noch Preise dafür kriegt, dass ihr, phlegmatisch wie sie ist, perfide wie sie ist, mit einer geradezu bösartigen Gleichgültigkeit, alles so egal ist. Dass nicht mal ein paar Millionen Menschen mehr zu realisieren beginnen, dass diese Frau das absolute menschliche Desaster in Menschengestalt ist: Für die Weltpolitik, den Weltfrieden, Deutschlands Industrie, Solidarität, gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ihr ist Migrantenkriminalität egal, islamischer Terror, im Grunde auch die echten Flüchtlinge. Sie tut nichts gegen linke Gewalt, nicht mal gegen rechtsextrem, die drohende Islamisierung. Wofür steht die? Und Obama braucht auch nicht so zu tun, als sei er der große Friedensengel! Er wollte helfen, handelte aber auch nicht, der große Blender. Enough said!

Rudi Brusch / 22.11.2019

Schon der Titel ist falsch! Angela Merkel: Lügen, so durchsichtig wie Frischhaltefolie. Gegen die Durchsichtigkeit von Merkels Lügen erscheint Frischhaltefolie durchsichtig wie eine Mafiabrille. Und genau mit dieser feinen Gesellschaft sollte man die Schutzpatronin der ungezügelten Massen"einwanderung” in unser Land auch vergleichen.

broder / 22.11.2019

Nur zur Klarstellung, Christian Noha: Manchmal lohnt es sich, einen Beitrag zu Ende zu lesen. Der Merkel-Text von Julian Reichelt ist in der BILD-Zeitung erschienen, wir haben ihn nachgedruckt.

Steffen Schwarz / 22.11.2019

Leser F.Danton hat recht. es ist immer noch der Irrglaube unter arabsichen Völkern eine sog westliche Demokratie einführen zu wollen. Es mag für den Einzelnen Araber dort hart sein, aber ohne einen starken Staat ist dort keine Ruhe reinzubekommen. Und dazu muß man keine Internationale Politik studiert haben. Es wird nichts.

Nico Schmidt / 22.11.2019

Sehr geehrter Herr Reichelt, Sie haben ja mit Ihrem Statement Recht, aber warum auf der Achse und nicht bei der Bild? In Leipzig werden wir nun wieder erleben, wie Mutti das Klima rettet, divers wird und eine neue Steuer lanciert. Probleme mit Migranten, gibt es nicht. Migration wir d den Fachkräftemangel beheben und zum Abschluß stehender Applaus. MFG Nico Schmidt

kai becker / 22.11.2019

Ausnahmsweise ein Beitrag auf den achgut-Seiten, der vor fake News nur so strotzt. Und daß ein US-Präsident sein Handeln ausgerechnet von einem Telefonat “mit Berlin” abhängig machen würde, entlarvt die ganze Geschichte als kleingeistige Revanche eines derjenigen, die Assad - und mit ihm die Russen - zum Teufel wünschen.  Oder hat “unser” Obama vielleicht auch beim 2. Versuch zu telefonieren keinen Erfolg gehabt? Teufel aber auch!

Michael Hufnagel / 22.11.2019

Respekt, Dank und Anerkennung für diese klaren Worte! Spätestens seit 2015 ist Merkel für mich die personifizierte Verantwortungslosigkeit, eine wahre Heimsuchung und Katastrophe für unser Land und nachfolgende Generationen. Sie hat Deutschland und seiner Zukunft irreparable Schäden zugefügt - mit Unterstützung ihrer willfährigen Paladine, die für ihre Pöstchen ihren Charakter, so jemals vorhanden, verkauften.

Paul Siemons / 22.11.2019

BILD und andere Springerblätter rollen Merkel weiterhin den Roten Teppich aus und streuen Rosen auf all ihren Schleichwegen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Herr Reichelt ist (vielleicht) ehrenwert, sein Blatt ist es nicht. Gäbe es eine Gerechtigkeit wie seinerzeit in Nürnberg, würde BILD auf die Angeklagtenbänke gehören. Neben Spiegel, Stern, Zeit, Süddeutscher Beobachter, Welt, Focus und all den anderen, die sich einem fatalen Regime verschrieben haben und an dessen Taten aktiv beteiligt waren und weiterhin sind.

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