Gunnar Heinsohn / 13.07.2022 / 12:00 / Foto: Imago / 134 / Seite ausdrucken

22 Jahre Ostpolitik gegen die Ukraine und Polen

Deutschland macht seit spätestens dem Jahr 2000 Politik zu Lasten der Ukraine und Polens- Hier eine Auflistung.

Prolog

1997
Deutsche Firmen wollen ihr Gasgeschäft mit Russlands Gazprom unter Rem Viakhirev (1934-2013) ausweiten. E.ON Ruhrgas fordert eine zusätzliche Pipeline über Weißrussland und Polen sowie die Ausweitung des Gas-Transits durch die Ukraine. Wintershall ist ebenfalls gegen eine Ostseeleitung, deren Machbarkeit seit 1995 zwischen Finnen und Russen diskutiert wird.

1998
Gerhard Schröder (*1944) wird Bundeskanzler. Er stammt aus der moskaufreundlichen Stamokap-Fraktion der Jusos. Joschka Fischer (*1948) aus der links-militanten Sponti-Szene wird Außenminister.

1999
- Polen wird NATO-Mitglied und steht erstmals mit Gesamtdeutschland im selben Bündnis.
- Wladimir Putin (*1952) wird Premierminister Russlands und beginnt in Tschetschenien Genozid durch das Eliminieren der lokalen Intellektuellen und Politiker sowie das Verschleppen und Töten noch nicht kämpfender tschetschenischer Jünglinge. 

Ostpolitik mit Putin

2000
- Putin wird Präsident Russlands und vollendet den Völkermord in Tschetschenien.
- Rem Viakhirev von Gazprom erklärt öffentlich: „Ich werde die Pipeline zur Umgehung der Ukraine fertig stellen, solange ich lebe“ (M. Sander, "Auswirkungen der strukturellen Rahmenbedingungen auf die Verhandlungen zur Nord Stream Pipeline und zum Gasfeld Ûžno Russkoe", in, Deutsch-russische Beziehungen im Gassektor: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Interorganisationsnetzwerke und die Verhandlungen zur Nord Stream Pipeline. Baden-Baden:Nomis, 2012, p. 169).                                                         - Seit spätestens 2000 wissen alle Beteiligten, dass die Ostsee-Pipeline die Ukraine und Polen schwächen soll. Deutschland beginnt seine 22-jährige Arbeit gegen den NATO-Partner in Warschau. Eine Kommission sollte die Kontakte zwischen Schröder/Fischer und Putin auf gemeinsame Abmachungen gegen Polen und die Ukraine bereits ab 1999 untersuchen.

2001
- Rem Viakhirev wird als Chef von Gazprom abgesetzt.
- Gazprom, Ruhrgas, Wintershall und Fortum (zieht sich 2005 zurück) proklamieren öffentlich die Wünschbarkeit und technische Machbarkeit einer Ostsee Pipeline.
- Die vorerst geschäftlich orientierten deutschen Firmen wissen seit 2000, dass sie Teil einer Operation gegen Polen und die Ukraine sind. Ihre Investoren und Anlageberater beteiligen sich an diesem feindlichen Akt. Ruhrgas soll mit lukrativen Optionen im russischen Ölgeschäft geködert worden sein. Erst eine Untersuchungskommission kann herausfinden, wie Schröder/Fischer auf die Unternehmen Einfluss genommen haben. 

2005
- Gazprom (51% Anteile), Wintershall und E.ON Ruhrgas (je 24,5 %) vereinbaren vor Schröder und Putin das Nord Stream-Unternehmen. Schröder schützt die Stoßrichtung gegen die Ukraine durch die Abmachung vor der Bundestagswahl und Verlegung des Firmensitzes in die Schweiz.
- Putin, den Schröder und Fischer wohl für einen Genossen halten, überführt den Leichnam von Antonin Denikin (1842-1947) aus Ann Arbor (Michigan) in Moskaus Donskoi-Kloster. Der 1920 entkommene Kommandeur der zaristischen Weißen Armee hatte Lenin wegen der Autonomie für die Ukraine verflucht. Dafür erklärt Putin Denikin, neun Jahre vor dem Angriff auf die Krim, zum imperialistischen Idol Russlands. Wer 2000 Unwissenheit zu den antiukrainischen Plänen vortäuschte, kann sich nun nicht mehr herausreden.
- Schröder bekommt einen hochbezahlten Posten bei Gazprom.

2008
Angela Merkel (*1954) blockiert, mit Frankreichs Sarkozy, den NATO-Beitritt der Ukraine und hält sie wehrlos gegen Putin. Es sollte untersucht werden, ob sie dabei mit Moskau kooperiert hat.

2014
Putin beginnt die Ukraine-Eroberung, kann aber nur die Krim und Donbass-Teile gewinnen. Berlin bewahrt ihm die Freundschaft. Immerhin ist es seit 2000 Mitwisser seiner Ukraine-Pläne.

2022 (a)
Putin kann sich im 2. Krieg für den Genozid an der ukrainischen Bildungsschicht auf reguläre Soldaten verlassen. 1939, als Deutsche und Russen mit dem Ausrotten des Polentums beginnen (Intelligenz-Aktion etc.; Katyn etc.) werden noch Spezialeinheiten von SS und NKWD benötigt.

2022 (b)
Die verantwortlichen deutschen Politiker der Jahre 1999/2000-2022 verteidigen ihre Kollaboration mit Moskau gegen die Ukraine und Polen. Lediglich der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier scheint zu spüren, dass er seine herzliche Freundschaft mit dem nunmehrigen Doppelvölkermörder Putin nicht als deutsch-russische Versöhnung hätte verkaufen dürfen. Er ahnt, dass er damit die Reputation zerstört, die sich das Land seit Auschwitz in einem Dreivierteljahrhundert erarbeitet hat. 
Gunnar Heinsohn (*1943; emer. Prof. Dr. phil; Dr. rer. pol.) hat von 1993 bis 2009 an der Universität Bremen Europas erstes Institut für vergleichende Völkermordforschung geleitet. 2011 hat er das Fach Kriegsdemographie am NATO Defense College (NDC) in Rom eingeführt und bis 2020 gelehrt.

Foto: Imago

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BKKopp / 13.07.2022

Auch wenn jede Einzelheit richtig sein sollte, der sehr geschätzte Herr Heinsohn zeichnet in der Summe ein sehr böses und viel zu einseitiges Bild.  Die geopolitische Lage der Zeit darf nicht ausgeblendet werden. 9/11 und die US und Nato-Reaktion darauf, der Irak-Krieg mit der Koalition der Willigen, und alles was während der vielen Jahre daraus wurde, bis Syrien und Libyen. Von der Bombardierung Bagdads hat CNN vom Dach eines Hotels über die Ermordung von Tausenden, und die Zerstörung weiter Teile der Stadt berichtet, als ob es sich um 4th-of-July-fireworks handeln würde. ” Ist unsere firepower nicht großartig “.  Selbst am Jemen-Krieg wirken die USA mit aktiver Luftunterstützung für die Saudis operativ mit. ” Der Westen ” hat sich keineswegs nur mit Ruhm bekleckert. Wir können nicht mehr in Anspruch nehmen einfach nur ” die Guten ” zu sein. Richtig ist, wie der Industriepräsident kürzlich sagte : wir haben uns die Feuerwehr erspart, weil wir nicht an eine Brandgefahr glauben wollten - und jetzt brennt es lichterloh”. Die größte Sünde war Gutgläubigkeit. Selbst Selenskyi bezweifelte noch kurz vor der Invasion öffentlich, dass die amerikanischen Prognosen einer bevorstehenden Invasion richtig wären, worüber man in Washington nicht amüsiert war. Richtig ist, dass die Ampel der Riskioanalyse Russland seit 2008 auf gelb hätte springen müssen, und seit 2014 auf rot. Daran sind aber nicht mehr Schröder/ Fischer und deren jugendliche, linksradikale Neigungen schuld.

PALLA Manfred / 13.07.2022

+ + + und dabei kann ALLES so einfach sein : - > Die EX-Alliierten (WK II) haben den Deutschen die EINHEIT (1990)  n i c h t “geschenkt” - folglich KERN-Kraft aus FRANCE und “Gerd”-GAS aus OST (plus USA-LNG) < !?! - und allein dafür wurde in BRD der LUFT- und LICHT-Strom seit den “90ern” gehypt !!! - dürfte doch langsam bekannt sein ?!?  ;-)

Frank Baumann / 13.07.2022

Heil und Ehre der tapferen Ukraine! Heil und Ehre dem “Ukrainischen Weltkongress” (?), und möge er mit seiner Klage beim Bundesgerichtshof Erfolg haben!

T. Schneegaß / 13.07.2022

@Gerhard Schmidt: Deutschland hatte 2021 einen Selbstversorgungsgrad an Weichweizen von 125 %. Es wäre also etwas für die Ukraine übrig.

Peter Mielcarek / 13.07.2022

Politik, die die Interessen Russlands berücksichtigt, ist keine Politik gegen Polen oder Ukraine. Politik, die auf eine gute Nachbarschaft mit Russland abzielt, ist keine Politik gegen Polen oder Ukraine. Politik, die auf freundschaftliche Beziehungen mit Russland bedacht ist, ist keine Politik gegen Polen oder Ukraine. Ich provoziere mit folgender Frage: Kann es sein, dass die Ukraine eine Mitschuld am Ausbruch des Krieges gegen Russland hat?

Martin Bork / 13.07.2022

Ihr Artikel beleuchtet die ganze Geschichte schon sehr einseitig. Negatives aus der Urkaine wird ausgeblendet und Deutschland soll nicht souverän entscheiden dürfen? Nein, so schwarz/weiß ist die Welt nicht!

Fred Burig / 13.07.2022

@Sam Lowry: Wer auch immer sie sind und wie ihr richtiger Name ist? -  ihre gestrige Antwort auf meinen Kommentar hat mir doch zu denken gegeben. Deshalb entschuldige ich mich für meine flapsigen Äußerungen, die mir im Nachhinein sehr Leid tun! MfG

E Ekat / 13.07.2022

@Theodor Breit, wenn Sie Selbstbestimmungsrecht der Völker bei Google eingeben, dann lesen Sie dort: ” Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist eines der Grundrechte des Völkerrechts”. Punkt. Was Sie hier kolportieren ist also falsch.  Diese Bestimmung war wichtige Grundlage der Helsinki- Vereinbarung.

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