12 Monate im Amt: Die neuesten Zahlentricks der AKK

Von Josef Kraus.

Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK, CDU) hat am 17. Juli 2019 als Verteidigungsministerin kein leichtes Amt angetreten. Aus drei Gründen hätte sie es nicht machen sollen. Erstens: Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in den etwas mehr als fünf Jahren ihrer Amtszeit eine Reformruine an Armee hinterlassen und sinnlos Geld ausgegeben. Zum zweiten hat AKK sich überhoben: Führung des schwierigsten Ministeriums und CDU-Bundesvorsitz zugleich, das konnte und kann nach wie vor nicht gutgehen. Über den dritten Grund gehen wir großzügig hinweg: Mit Bundeswehr hatte AKK bis zum 17. Juli Nullkommanix am Hut. Nicht einmal Bundestagsabgeordnete war beziehungsweise ist sie, geschweige denn Mitglied im Verteidigungsausschuss. Aber solche Non-Expertise ist ja selten ein Hindernis auf dem Weg in ein Kabinett.

Pflöcke hat AKK in den zwölf Monaten ihrer Amtszeit seit 17. Juli 2019 als IBuK (Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt) jedenfalls nicht eingerammt. Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr ist – Corona hin, Corona her – nicht besser geworden. Aufgefallen ist AKK eigentlich nur mit markanten Sprüchen und Ankündigungen ausgerechnet zur einzigen Elitetruppe der Bundeswehr: dem Kommando Spezialkräfte (KSK). Diesem Kommando unterstellt sie pauschal ein rechtslastiges Verständnis, und sie setzt damit die Rhetorik ihrer Vorgängerin fort, die der Bundeswehr wegen des Falles des Oberleutnants Franco A. ein „Haltungsproblem“ vorhielt und in den Kasernen „Säuberungen“ (!) anordnete, um das eine oder andere Spielzeugmodell eines Wehrmachtspanzers herauszufischen. Die Ausbeute war übrigens mickrig: Ganze 41 „Andenken“ an die Wehrmacht wurden entsorgt. Im vorauseilenden Gehorsam sogar ein Portrait von Helmut Schmidt, der an der nach ihm benannten Universität der Bundeswehr in Hamburg mit einem Portraitfoto in der Uniform eines Wehrmachtsoffiziers aushing.

Wir wissen nicht, ob AKK rechnen kann

Nun arbeitet sich AKK an Zahlen und Zahlenspielchen ab. Offenbar mit Rücksicht auf den Koalitionspartner SPD beziehungsweise einen zukünftigen „grünen“ Koalitionspartner zieht sie die Zwei-Prozent-NATO-Vereinbarung in Zweifel. Zwei Prozent heißt: Die NATO-Mitgliedstaaten hatten sich 2014 in Wales gegenseitig versprochen, bis zum Jahr 2024 zwei Prozent ihres jeweiligen Brutto-Inlands-Produkts (BIP) für Militär und Verteidigung auszugeben. Deutschland steht derzeit bei 1,3 Prozent, es will bis 2025 auf 1,5 Prozent BIP-Anteil steigern.

Nun meint AKK, das könne nicht mehr als Maßstaben gelten. Wegen Corona! Als wenn die anderen NATO-Länder (Italien und Spanien voran) diese Probleme nicht hätten. In sogar noch weitaus höherem Maße.

Und damit beginnen die Rechentricks der AKK. Bei ihrem Besuch beim slowakischen Amtskollegen Jaroslav Nad in Bratislava setzte sie soeben in die Welt beziehungsweise in die NATO: Es solle nicht um zwei Prozent gehen, sondern darum, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 „10 Prozent NATO-Fähigkeiten“ stellen solle. Wir wissen nicht, ob AKK rechnen kann. Sie hätte nicht einmal einen Drei- oder Vier-Sterne-General auf eine entsprechende Rechnung ansetzen müssen. Ein junger Leutnant oder ein erfahrender Stabfeldwebel hätte ihr exemplarisch folgendes vorrechnen können:

Wohl ein Ablenkungsmanöver

  • Die NATO hat derzeit in der Summe ihrer 30 Mitglieder insgesamt 3,3 Millionen Soldaten. 10 Prozent davon sind 330.000 Soldaten. Die Bundeswehr hat 183.000 Soldaten. Also fehlen auf die 10 Prozent fast 150.000 deutsche Soldaten.
     
  • Die NATO hat 19.800 Militärflugzeuge, 10 Prozent davon sind 1.980 Flugzeuge. Die Bundeswehr hat 670. Auf 10 Prozent fehlen rund 1.300 deutsche Fluggeräte.
     
  • Die NATO hat rund 18.700 Panzer. 10 Prozent davon sind 1.870. Die Bundeswehr verfügt über rund 400. Ergo: Auf die 10 Prozent fehlen rund 1.400 deutsche Panzer.
     
  • Die NATO (hier USA, GB, Frankreich, Italien) verfügt über 30 Flugzeug- und Hubschrauberträger, Deutschland über NULL. Daran wird sich auch nichts ändern, selbst wenn Kanzlerin Merkel mal von einem deutsch-französischen Flugzeugträger schwadroniert. Dass dieses Schiff selbstredend atomgetrieben und mit Atomwaffen bestückt wäre, soweit hat sie, die angeblich immer alles vom Ende her denkt, nicht gedacht! Markus Söder wollte da nicht hintan stehen; er schwärmte von einem deutschen Hubschrauberträger, der Handelswege sichern solle. Aber diese Idee war ihm gekommen, ehe ihm die Vision eines schwarz-grünen Lotterbettes einfiel.

Es ist jedenfalls ein Ablenkungsmanöver, das AKK hier gestartet hat. Denn natürlich haben „Fähigkeiten“ mit Personalstärke und Rüstung zu tun. AKK setzt offenbar – nicht ohne Erfolg – darauf, dass ihr in der Koalition, in der Opposition und in der Mainstreampresse niemand auf die Schliche kommt. Ob sie ihre Rechnung selbst ernst nimmt, weiß man nicht. Oder aber ist sie so gerissen, dass sie entweder auf zukünftig reduzierte „Fähigkeiten“ der anderen NATO-Staaten setzt und damit 10 Prozent eben auch weniger Fähigkeiten bedeuten. Oder sie will damit kaschieren, dass die Bundeswehr im Jahr 2030 tatsächlich weit mehr als zwei Prozent des deutschen BIP haben muss.

Apropos 10 Prozent Fähigkeiten: Selbst diese Zahl ist fiktiv. Denn wir wissen, dass von den Waffensystemen des deutschen Heeres, der deutschen Luftwaffe und der deutschen Marine oft nicht einmal ein Drittel einsatzfähig ist. Kommt etwa aus Frankreich die Bitte, die 4.000 französischen Soldaten in Mali zu unterstützen, wird dieser Wunsch von Berlin aus – übrigens gerne – mit einem Hinweis auf die zu geringen deutschen Kapazitäten zurückgewiesen und dass man dort ja bereits mit 1.000 Mann im Einsatz sei.

Foto: Claude Truong-Ngoc CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Ulla Schneider / 24.07.2020

Es wundert es mich schon lage nicht mehr, dass die Russen ihre Spässchen im Internet mit den Deutschen treiben: Einen Tag und wir haben Berlin, zwei Tage und wir sind in Holland! Die Manöver sind teilweise auch nur eine einzige Lachnummer. - Söder, die Dame mit einem Arm-Abstand und noch zwei Hansels aus der Republik haben einen Bettelbrief, mit der Bitte die ca. 9000 Soldiers hier zu lassen, ins weisse Haus geschickt, zu den Demokraten dort.Ha ha - Man könnte jetzt sagen, alle weg und somit für den Osten ein 6er im Lotto, oder 60 000 zusätzlich und die Berliner Madame mit ihrer Wadenbeißertruppe wären weg. Ich würde zweiteres bevorzugen! Ersteres bevorzugt die Nachfolgepartei der Ostzone.

Stefan Riedel / 24.07.2020

“650.000 Euro teurer Test. Bundeswehr führt Umstands-Uniformen für schwangere Soldatinnen ein…” ( Focus online). Da sind unsere Steuergelder wirklich gut aufgehoben. Die Bundeswehr des Jahres 2020? Landesverteidigung? Wohl eher “Essen auf Rädern für Schwangere” oder so etwas.

Heiko Engel / 24.07.2020

Die hat nicht nur ein intellektuelles Problem, die Dame ist eines. Der Elite unserer Soldaten ( und unter vielen Verbänden in einem weltweiten Ranking sehr weit vorn rangierenden KSK ) in einem Interview mit der Hofberichterstattung zu empfehlen zur Fremdenlegion ( die wir vermutlich, aufgrund Frankreichs Finanzlage auch noch bezahlen ) zu wechseln, weil die Neuausrichtung mit Inhaltslosigkeit, dem neuen Credo des Bendlerblocks, evtl nicht zusagt, ist eine dermaßen impertinente Unverschämtheit dieser Niete, dass mir jetzt noch die Worte fehlen. Das zeigt nicht nur ein hohes Maß ihrerseits an nicht vorhandenen ontologischem Wissen und menschlicher Empathie, sondern ziehlt bereits in Richtung Dummheit. Man fragt sich schon, ob es noch Sinn macht deutsche Ministerien und ihre Aufgabe als primitives Karrieresprungbrett zu missbrauchen. Und inwieweit wir uns das ALLES weiter gefallen lassen müssen. Genau genommen reicht es !!!

Rainer Hanisch / 24.07.2020

Was ein “Verteidigungsminister” taugt, der nie auch nur einen Schritt als Soldat oder Offizier getan hat, ist hinlänglich belegt. Von nichts eine Ahnung, deshalb notwendigerweise Millionen für “Berater” zum Fenster hinausgeworfen und letztendlich eine Haufen hinterlassen, gegen den die damaligen “Kampfgruppen” der DDR eine hochgerüstete Streitkraft war! Deren Flinten hatten nicht nur funktioniert, sondern auch getroffen! Aber, wenn ich die heutige Debatte über den “Verkehrsminister” Scheuer verfolge: Inkompetenz ist seit mindestens 20 Jahren offensichtlich Grundvoraussetzung für einen Posten in irgend einer Regierung (Bund, Land) oder im Parteivorsitz. Besonders im linken und grünen Bereich. Aber Frau Merkel hat auf ihrem Marsch durch D alles plattgemacht, was ihr in ihrem Machterhaltungswahn gefährlich werden könnte. Da spielen solche Doppel-Nullen, wie eben Scheuer keine Geige! Lasst sie doch, die wollen doch nur spielen…  Während meiner Dienstzeit in einer Instandsetzungskompanie der NVA hatten wir eine tatsächliche Einsatzbereitschaft der Panzertechnik und LKWs von mindestens 80%, die zumindest aus eigener Kraft aus dem Objekt fahren konnten. Wie lange? Naja… Bei einigen Übungen auf unterschiedlichen Truppenübungsplätzen hatten wir allerdings sehr wenig Ausfälle. Hauptsächlich waren davon die sogenannten “Lehrgefechtsfahrzeuge” betroffen, also die Karren, auf denen jeder herumgeritten ist und die ständig zu Ausbildungszwecken “missbraucht” wurden. Der Verschleiß war da eben größer. Die Raketenträger aus dem Nachbarregiment schnitten bedeutend besser ab. Standen ja auch meistens nur in der Halle. Aber, das Handeln der AKK ist halt typisch für deutsche Politiker: überall das große Maul, Versprechen ohne Ende und hinterher zwickt es an allen Stellen! “Rassismusbekämpfung” bei Armee (jedenfalls dem Rest davon) und Polizei sind natürlich überaus wichtig. Und schwangerengerechte Panzer. Auch eine solche Soldatin sollte innerhalb von 5 Minuten eingestiegen sein;-)

Anke Zimmermann / 24.07.2020

Fazit: AKK kann nicht rechnen und hält uns für bescheuert.

Harald Unger / 24.07.2020

Wir haben noch immer nicht verstanden, innerhalb welcher Koordinaten das Merkel Regime handelt und was es bedeutet, wenn die Despotin “die Dinge vom Ende her” denkt. Wobei ‘die Dinge’ durch ‘Merkel’ ersetzt werden kann. Diese Zahleninitiative ist die Einstimmung auf die Auflösung der Bundeswehr, wie auch der übrigen nationalen Armeen, auf die aus Sicht der real existierenden EU kein Verlass sein kann, ob der Dinge, die da kommen. Es geht dem Merkel Regime also darum, eine vor allem ‘personell’ stark vergrößerte Soldateska mit soviel Gerät wie möglich, in die neue Privatarmee der EU Kurfürsten, EU Armee genannt, zu überstellen. Dazu dient die Wiedereinführung der ‘Wehrpflicht’, womit einzig die Rekrutierung der Invasoren gemeint ist. Die kein Problem damit haben werden, gegen die europäischen Bevölkerungen vorzugehen. Wenn diese drolligen und zarten Zeitgenossen endlich kapieren, von welchen Koordinaten eine Merkel tatsächlich geleitet ist.

Gudrun Meyer / 24.07.2020

In militärischen Fragen hat sich in D längst eine Nehmermentalität breitgemacht: die USA werden schon dafür sorgen, dass D sicher ist. Außerdem machen “wir” ja bei militärischen Spielchen wie dem in Mali mit. Lt. GG hat die Bundeswehr den Auftrag, D gegen mögliche Angreifer zu verteidigen und sonst gar keinen. Formelle und starke, informelle Bündnisse verkomplizieren dies zwar, und wenn Frankreich von Mali angegriffen worden wäre, gäbe es GG-konforme Gründe, aus denen D mitmischt. So aber gibt es keine. Was es allerdings gibt, ist eine dt. Regionalmacht, die unbedingt Weltpolitik betreiben will, statt sich endlich um ihre eigenen und bitternötigen Angelegenheiten zu kümmern, nämlich Grenzschutz, eine verbesserte Ausstattung der Bundeswehr (aber eben ohne unsinnige Machtspielchen am Ende der Welt), die Sanierung zerfallender Strukturen, etwas der Züge und Gleise, strukturelle Förderungen der echten Wirtschaft, also nicht der Schwindelindustrie um die “erneuerbaren” (!) Energien herum, ein leistungsfähigeres Schulsystem und einiges mehr.

Sofie Lauterbach / 24.07.2020

Man darf noch einen vierten Grund hinzufügen: AKK ist nicht die hellste Kerze auf der Torte. Und bei dem Regierungs-Gebäck heißt das schon was.

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