Sissy Hewson / 30.06.2014 / 22:05 / 6 / Seite ausdrucken

Wie blöd kann man (ich) sein?

Erschreckend blöd! Bis vor einigen Wochen war meine Welt noch in Ordnung: Hochdruckgebiet im Anzug, wunderbar, da wird es schön, der (Luft) Druck lastet nicht so sehr auf einem, man fühlt sich höchst munter und hocherfreut. Oder: Tiefdruck über den Landen, ohje, man wird tief niedergedrückt, ein Formtief dräut, bedrückt alles, oder zumindest die Wolken, die tief hängen werden, alles in allem jedenfalls eine eher niederschmetternde Wetterlage.

Und dann muss ich lesen, dass es genau umgekehrt ist! Hochdruck = hoher = starker Druck, Tiefdruck bedeutet wenig Druck. Wie konnte ich Jahrzehnte derartig irren? Derartig blöd sein? Natürlich, bei Tiefdruck stinken die Abflüsse. Was ich ohne nachzudenken mit dem sonstigen negativen Image von Tiefdruck verband. Die Barometernadel sinkt. Sinken – ganz was Negatives. Also klar – Tiefdruck!
Ein bisserl Logik hätte geholfen: Gase steigen eher auf, wenn sie nicht hinuntergedrückt werden. Anzeigenadeln, die sich gegen Null bewegen, deuten auf WENIGER hin, nicht auf mehr.

Und so hat mich der Tiefdruck wirklich niedergeschmettert. Was lauert da noch alles in meinem Hirn, von dem ich annehme, es ist so, und dann ist es genau umgekehrt?

Eines weiß ich noch: Die Himmelsrichtungen waren so ein Beispiel. Und sind es, wenn ich nicht aufpasse, immer noch. Denn für mich war Osten immer links und Westen immer rechts. Auf den Karten war es allerdings umgekehrt, aber das hat mich ebenfalls jahrzehntelang nicht gestört. Bis ich die zwei Medien, mein Hirn und die Landkarte, miteinander bewusst verglich (bisher waren das halt zwei verschiedene „Ansichtssachen“). Und bis mir klar wurde, dass ich mich immer mit dem Gesicht zur Sonne stelle, wenn auch nur in Gedanken. Dann ist Osten wirklich links. Aber jetzt muss ich extra und nochmals denken, bevor ich Osten und Westen definiere, was früher klar war und beim Orientieren stets geklappt hat.

Vielleicht sollte ich öfter nachdenken. Aber worüber? Mir ist eh alles klar. Oder gar nicht klar, aber das kommt in die Schublade „Keine Ahnung“. Also: Wie finde ich meine weißen Flecken? Wie finde ich heraus, wie blöd ich sein kann? Irgend welche Tipps?

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Leserpost

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Peter Merbt / 01.07.2014

Liebe Frau Hewson, das alles sind lässliche Dinge und sobald mir so etwas passiert, sehe ich das als persönliche Horizonterweiterung. Dergestalt, als ich als einigermaßen sprachfester Schreiber erfahren musste, dass die Verwandten nicht dem Zug hinterhergewunken, sondern gewinkt hatten. Lässlich deshalb, weil diese Irrtümer zwar peinlich sein, aber doch niemandem schaden können. Schlimmer wäre es, machten Sie aus ihrem Irrtum eine Ideologie und lehrten, dass in einem Tiefdruckgebiet eben doch so eine Art Hochdruck herrschte, versammelten Jünger um sich und bekämen einen staatlich sanktionierten Professorentitel für diese Kopfgeburt. Unsere Welt ist ja voll von Entscheidungsträgern, die wider besseres Wissen ihre falschen Dogmen verbreiten, für Not und Elend sorgen und sich und ihre Entourage daran dick und rund mästen. Sie haben ihre Auffassung korrigiert. Andere tun dies nicht, wenn die Realität mit ihrer Utopie kollidiert. Diese Menschen schaden, indem sie ein Industrieland mit einem Energiesystem ausstatten, welches nur in Utopia funktionieren kann. Diese Menschen erklären das alte System von Blumen und Bienen, Ente und Erpel ernsthaft für überholt. Diese Menschen bekämpfen eine Form der menschlichen Solidargemeinschaft, die Nation, die Familie für eine allumfassende Menschheitsutopie. Ihre kleinen Irrtümer zu korrigieren wird Ihnen Spaß machen. Das verquere Weltbild derer an der Realität zu messen kommt denen nicht in den Sinn. Deshalb sind diese Menschen gefährlich, da sie versuchen, die Realität ihrer Utopie anzupassen.

Joachim Willert / 01.07.2014

-predige das, was du glaubst - und irgendwann glaubst du das, was du predigst . . . Es wäre alles so einfach, gäbe es die Wahrheit. Und trotzdem gibt es sie, bei den Zeugen Jehovas ( Der Wachturm, Die Wahrheit ) und bei Dieter Bohlen ( die Wahrheit, nichts als die Wahrheit ). Der Rest der Menschheit muß sich mit der = selektiven Wahrnehmung = ( unser Bibi ) begnügen. Wie sagte noch unser Old Frederic: Der Glaube kann Berge versetzen, er kann aber auch Berge hinsetzen, wo gar keine sind. Munter bleiben

Dominique Seifermann / 01.07.2014

Jeden Tag drei mal bei Wikipedia auf “Zufälliger Artikel” klicken.

Max Wedell / 01.07.2014

Ich denke, die weißen Flecken machen sich irgendwann ganz von alleine bemerkbar. Z.B. wer glaubt, Osten sei links und Westen rechts, wird, nachdem er in den Urlaub nach Frankreich gefahren ist, das ja bekanntlich auf der Karte rechts, im Westen liegt, sich schnell wundern, daß auf einmal alle Menschen polnisch sprechen, während man sich schon kurz vor Paris wähnt. Mit dem Hoch- und Tiefdruck ist das sowieso so eine Sache. Ein Tiefseefisch würde müde lächeln, wenn man ihn einem unserer Hochdruckgebiete aussetzen würde… und anschließend sofort explodieren, mangels Außendruck. Hypothetische Lebewesen, die das interstellare Vakuum durchstreifen, würden selbst unsere Tiefdruckgebiete als ganz schön drückend empfinden. Die Meteorologen sollten also eine Umbenennung andenken, etwa in “Etwas-Höher-Druckgebiet”, und “Etwas-Tiefer-Druckgebiet”. Der Luftdruck schwankt ja auf Höhe des Meeresspiegels zwischen etwa 960 und 1040 hektopascal. Ein Mensch, der der Meinung ist, sein Portemonnaie hätte mit 9,60 Euro Inhalt einen Tiefststand erreicht, wird nicht plötzlich in ein Hochgefühl umschwenken, nur weil ihm jemand 80 Cent dazugab, und er jetzt 10,40 Euro hat. Wer allerdings nicht weiß, daß 10,40 Euro mehr Geld ist (und damit mehr Druck im Portemonnaie) als 9,60 Euro, sondern das umgekehrt sieht, wie Frau Hewson bei der Luft, bekäme wohl wirklich über kurz oder lang ein Problem mit seinen Finanzen. Oder er ist ein glücklicher Mensch, denn je weniger Geld er hat, umso reicher fühlt er sich. Ich kannte mal jemanden, der dachte, eine Milliarde wären 10 Millionen, weil eine Million ja auch 10 mal Hunderttausend sind. Der war aber kein Finanzminister, dem man sowas ja glatt zutrauen würde, sondern bloß 12 Jahre alt, aber eben auch nicht besonders gut in Mathe. In eine ganz ähnliche Kategorie fällt die Meinung, daß es sich bei “Lichtjahr” um eine Zeitangabe handelt. Ich hörte das jemanden mal so erklären: Also in den Polargebieten gibt es ja auch länger mal eine “ewige Nacht” und “Lichtjahre” nennt man dann halt dort die Jahre, wo die Sonne es doch noch mal über den Horizont schafft. Es ist mir echt unklar, wie jemand im tiefsten Brustton der Überzeugung sowas behaupten kann, aber es ist möglich, ich kann es bezeugen. Ach übrigens, nebenbei bemerkt… wer seinen Urlaub in Polargebieten verbringen will, kann Nord und Süd problemlos verwechseln, und kommt trotzdem irgendwann dort an. Auch ein echtes Problem haben Leute, die durcheinanderbringen, wie herum man hierzulande Heizungen, Wasserhähne oder ähnliches auf- und zudreht. Ganz schnell dreht mancher zu, der eigentlich aufdrehen will, und denkt sich: Mensch, das ist ja völlig verklemmt, da bewegt sich ja nix. Dann bitte nicht gleich die Rohrzange einsetzen, denn ganz kräftiges nach-rechts-drehen mit diesem Brachial-Werkzeug wird die Leitung auch nicht öffnen… lieber Rat vom Experten holen. Neulich sah ich hier in einer deutschen Stadt ein Auto auf der Gegenfahrbahn fahren. Ein kurzer Blick, aha, britisches Kennzeichen. Eine Verwechsleritis kann ja wirklich zum Schmunzeln sein, aber bitte nicht im Straßenverkehr. Der Brite merkte es aber übrigens ganz von alleine und fuhr auf den Bürgersteig… zwar auch noch nicht ganz richtig, aber schon etwas besser, denn entgegenkommende Fußgänger sind in der Regel keine todbringenden Geschosse (wenn sie nicht auf Inlinern rollen). Vermutlich haben den Armen die Fahrradfahrer irritiert, die ja in D grundsätzlich in die falsche Richtung fahren, was einen Autofahrer mit britischen Fahrgewohnheiten wohl durchaus in seinem instinktiven aber falschen Tun bestärken kann. Mein ganz persönlicher Irrtum war lange Zeit, einen Hirsesalat beim Türken mit “einmal Hirtensalat” zu bestellen, und auch zu glauben, der hieße wirklich so. Die türkischstämmige Bedienung hat das nie gestört, da die das mit der deutschen Sprache mangels eigener Kenntnisse eh nicht so genau nahmen, aber eines Tages sagte eine andere Kundin in der Wartschlange neben mir: “Das ist aber Hirsesalat, kein Hirtensalat”. Ach so ist das also, dachte ich mir daraufhin. Tut mir echt leid, wenn ich jetzt keine bombastischere Idiotie meinerseits vermelden kann.

Michael Kaufmann / 01.07.2014

Wie blöd kann man sein? Und sowas wird auf der Achse des Guten publiziert!

Ulrich Berger / 01.07.2014

“Wie finde ich heraus, wie blöd ich sein kann? Irgend welche Tipps?” Liebe Frau Hewson, das ist eine verdammt gute Frage! Drei Ideen kommen mir auf die Schnelle. 1) Was gestern M&M empfohlen haben, könnte man zur Lebensregel machen: Jeden Tag irgend ein Urteil, das man “schon immer” vertritt, jemandem gegenüber stringent begründen (und wenn man es sich selbst gegenüber tut). Gelingt das nicht, neu lernen - im Sinne der Aufklärung! :-) Das ist sozusagen die “Gießkannenmethode”. 2) Das eigene soziale Leben auf eventuelle Konflikte infolge des Vertretens eigener Urteile hin beobachten. Dann gucken, ob das wirklich ein eigenes Fehlurteil war, oder ob das Gegenüber “spinnt”. Im Zweifel Punkt 1)... Das ist die soziologische Methode… 3) Bereiche, die besonders wichtig erscheinen, systematisch lernen (recherchieren, nachgrübeln…). Das ist die konzentrierte Methode… So ungefähr mache ich das. Beste Grüße, Ihr Ulrich Berger

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