Roger Letsch / 21.04.2017 / 10:00 / 8 / Seite ausdrucken

SPON stemmt Flüchtlings-Job-Wunder ganz alleine

SPON haut auf die große Glocke und titelt: „Jeder zweite Flüchtling hat nach fünf Jahren einen Job“. Das klingt seelig und man fragt sich, woher der Spiegel das weiß. Als Quelle gibt man das IAB an, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das dazu eine Studie veröffentlicht hat. Dort allerdings ist man deutlich vorsichtiger als im Spiegel von der Meinungsfront und titelt lieber nur „Erwerbstätigenquote von 50 Prozent unter den Geflüchteten nach fünf Jahren realistisch“. (Hier das PDF dazu)

Einen Job haben und irgendwie erwerbstätig sein – da gibt es nämlich kleine Unterschiede. Bezahlte Praktika zählt das IAB schon mal mit in der neuen Statistik und die sonst gern verschriene Teilzeit ist natürlich auch enthalten. Ebenso „selbständig, geringfügig oder unregelmäßig Erwerbstätige“. Ob unter selbständig auch zählt, wenn man als Pharmareferent im Görlitzer Park in Berlin arbeitet, sagt die Studie nicht.

In ihrem Bericht bleibt die IAB aus guten Gründen sehr schwammig. Man beruft sich auf „Erfahrungen der letzten Jahre“, beklagt mangelhaft detaillierte Informationen und baut einige interpretative Weichzeichner in die Ergebnisse ein. Doch zu guter Letzt zieht man bei IAB und SPON im Sinne der positiven Berichterstattung die Zuzugsjahre 2013 bis 2016 einfach zusammen, als handele es sich seit Jahren um eine homogene Gruppe – wobei IAB zumindest nur Mutmaßungen anstellt, während SPON Fakten von der Kanzel predigt, die keine sind. Und weil zwei Kirschen und zwei Melonen vier Stück Obst sind, haben nach der Auffassung von SPON 50 Prozent der Flüchtlinge nach fünf Jahren einen Job.

Die bittere Realität

Verknüpfen wir die statistischen Kohorten, in dem Fall die Zeit, die die Menschen nun schon in Deutschland verbringen, mit den Ergebnissen der Befragung, gibt die Statistik nämlich leider nur folgendes her: Von den im letzten Jahr nach Deutschland Geflüchteten haben heute 2,2 Prozent einen Teil/Halb/Gelegenheits/Vollzeitjob. Im Laufe von weiteren vier Jahren steigt die Quote auf 20,8% an. Nach Fünf Jahren haben Geflüchtete also eine Erwerbslosenquote von 79,2 Prozent. Ob es so „positiv“ weiter geht, kann die Erhebung nicht ermitteln. Der Jubelruf des Spiegel, jeder zweite Flüchtling habe nach fünf Jahren einen Job in Deutschland, ist völlig unbegründet – und möge bitte nie ins Arabische übersetzt werden!

Ach, und falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich fragen, ob das was der Spiegel da verbreitet nicht eigentlich den Maas’schen Kriterien für Fake-News entspricht…nun, vielleicht sollte man es zumindest „Good-News“ nennen. Oder „Flunker-News“. Das Verfahren, wie solche „Nachrichten“ entstehen, hat aber seit Jahrhunderten einen treffenden Namen: Stille Post.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Da fällt mir ein DDR-Witz ein. Kennen Sie die vier tragenden Säulen des Sozialismus? Das waren Russische Arbeitsproduktivität, ukrainische Hektar-Erträge, mongolische Mikroelektronik und DDR-Statistik. Letztere scheint heute wieder sehr gefragt zu sein.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ulla Smielowski / 21.04.2017

Seit längerem macht es mir keinen Spaß mehr den Spiegel zu lesen, deshalb ist mir zunächst auch dieser Beitrag entgangen. Im Spiegel wird sogar der Aotor Paul Auster politisch verbrämt. Soetwas geht mir aber gehörig auf den Keks…

Bärbel Schneider / 21.04.2017

Was die “Pharmareferenten im Görlitzer Park” (eine großartige Formulierung!) verdienen, zählt immerhin seit 2014 zum Bruttoinlandsprodukt. Dann werden sie wohl auch zu den unregelmäßig Erwerbstätigen oder Selbständigen zählen.

Frank Stricker / 21.04.2017

Sehr geehrter Herr Letsch, der war echt gut, “Pharmareferent im Görlitzer Park”. Ich bin auch Pharmarefernt, möchte aber aus verständlichen Gründen mit der von ihnen beschriebenen Klientel nicht unbedingt verglichen werden. Der Vorteil von Statistiken ist, wenn sie mit schwammigen Begriffen aufgefüllt werden, sind sie so dehnbar wie 10 Jahre alter Kaugummi. Man kann praktisch alles reininterpretieren ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Das ist wie im Fußball ein 0=0, die einen sagen es war ein Spitzenspiel, für die anderen wars ein Grottenkick. Dass SPON als auch die Bundesregierung ein Interesse daran haben, alles was mit Flüchtlingen zu tun hat hochzujubeln, liegt wohl auf der Hand. Aber ich fürchte, die Realität wird uns noch schneller einholen als Angela Merkel laufen kann…........

Karl Martell / 21.04.2017

Fehlt, dass die Flüchtlinge ja mehr bringen als sie kosten… (von mir aus auch mehr wie Gold) Wenn also 50 % arbeiten und 50 % weiter HartzIV beziehen, werden, damit es steuerneutral aufgeht,  die Arbeitenden über 6000 € verdienen müssen. Monatlich versteht sich. Aber ich denke, nach der Einschätzung der Regierung, von zuziehenden Ingenieuren, Ärzten und Atomwissenschaftlern wird das schon hinhauen!. Fast.,

Thomas Nuszkowski / 21.04.2017

Irgendwo stand: 80% der Pseudoflüchtlinge sind Analphabeten. Die können also noch ncht einmal in ihrer eigenen Sprache lesen oder schreiben. Die haben also auch nie gelernt, wie man lesen und schreiben lernt. Und von unserer Sprache haben die erst recht keine Ahnung. Das einzige, was wir von diesen Herrschaften erwarten können ist die Plünderung und Zerstörung unserer Sozialsysteme.

Jobst Nannhausen / 21.04.2017

Spiegel-online und auch das Papierblatt haben sich zu veritablen Propagandazentralen entwickelt. Mich wundert, dass diese Leute immer noch über 600.000 Druckexemplare loswerden. Die Tendenz der Druckauflage ist allerdings beruhigend abwärts gerichtet, schon seit Jahren.

Gabriele Rhoese / 21.04.2017

So nun muss sich aber fragen, ist in fünf Jahren der Syrien Konflikt nicht vorbei? Sind dann nicht alle wieder zurück in der Heimat? Es ist sicherlich berechtigt daran zu zweifeln, dass selbst wenn der Krieg dort vorbei wäre, die Flüchtlinge gerne wieder gehen würden. Gleiches kann man bei vielen Hunderttausend immer noch Hilfe empfangenden früheren Flüchtlingen sehen. Alle lieben unser Sozialsystem und die Parallelgesellschaften. Warum aber lieben wir diese Zustände und tun nichts dagegen? In Syrien hatten die ehemals 21 Millionen Einwohner mehr als doppelt so viel Platz wie die deutschen Bewohner hierzulande. Es gibt immer noch Werbung für Badeurlaub an der Küste. Ständen da nicht ein paar Hotels zur Zeit leer? Was ist mit dem Hinterland und mit den Millionen die immer noch im Land sind? Sind die alle lebensmüde? Vor 100 Jahren gab es in Syrien nur 2 Millionen Einwohner, jetzt das 10-fache. Wer glaubt, das die ausgereisten jemals wieder mit offenen Armen empfangen würden ist ziemlich naiv. Es gibt noch viele Kriege auf der Welt und bald 10 Milliarden Menschen - warum tun wir uns das an?

Thomas Schade / 21.04.2017

Weshalb soll es ein Erfolg sein, wenn Flüchtlinge in Deutschland einen Job finden? Die Menschen, die nach Deutschland fliehen, tun dies, um Schutz vor Verfolgung zu erhalten. Dann muss es auch genügen, ihnen diesen Schutz zu gewähren, solange dies erforderlich ist. In Artikel 16 GG steht nichts hinsichtlich der Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Roger Letsch / 02.05.2024 / 06:10 / 64

USA: Ein Trump-Attentat-Förderungsgesetz

In ihrem Furor gegen den amerikanischen Ex- und möglicherweise Zukunfts-Präsidenten Donald Trump ziehen seine politischen Gegner mittlerweile sämtliche Register – bis dahin, seine körperliche Unversehrtheit…/ mehr

Roger Letsch / 24.04.2024 / 12:00 / 58

Meuterer auf der Energiewende-Bounty

Es wird viel über den Rückbau der Gasnetze diskutiert. Bei den Kostenbetrachtungen wird aber meist vergessen: Wenn die eine Infrastruktur rückgebaut wird, muss eine andere her,…/ mehr

Roger Letsch / 01.04.2024 / 12:00 / 58

Der große Lastenfahrrad-Test

Der Versuch einer Jugendgruppe, die nachhaltige Kaffeeversorgung der Kreisstadt Eberswalde per Lastenfahrrad-Ferntransport sicherzustellen, führte zu aufschlussreichen Erkenntnissen. Wir leben in aufregenden Zeiten, denn dank unserer…/ mehr

Roger Letsch / 27.03.2024 / 06:00 / 81

Die „Young Leaders“ werden vom Himmel geholt

In den letzten Jahren brillierten im Westen junge, aktivistische Politiker mit woker Superkraft. Nun disqualifiziert sich einer nach dem anderen selbst. In vielen westlichen Staaten…/ mehr

Roger Letsch / 11.03.2024 / 06:00 / 89

Das Phänomen Trump und die deutsche Angst

Er ist wieder da! Und in Deutschland zittern die Medienschaffenden beim Gedanken an Donald Trumps Rückkehr an die Macht. Das Grinsen von Heusgen und Maas bei der…/ mehr

Roger Letsch / 07.03.2024 / 06:00 / 55

Wer die Demokratie wirklich rettet

Demokraten-Darsteller versuchen, die Demokratie mit undemokratischen Mitteln zu retten. Doch Gerichte und Institutionen wachen langsam auf – vom Supreme Court in USA bis zum Wissenschaftlichen Dienst des…/ mehr

Roger Letsch / 05.03.2024 / 16:00 / 7

Die schiefe Verachtung nach unten

Alexander Wendt analysiert in seinem neuen Buch die Entwicklung des Kulturkampfes und zeigt auf, wie man sich dagegen wehren kann. Das macht fast ein bisschen optimistisch.…/ mehr

Roger Letsch / 20.02.2024 / 14:00 / 33

Die Risiken und Nebenwirkungen des Trump-Urteils

In New York ist Donald Trump zu einer bemerkenswert hohen Strafzahlung verurteilt worden. In dem Eifer, Trump zu schaden, riskieren die Akteure eine verhängnisvolle Entwicklung.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com