Wenn man Vergewaltigung wie Mord bestraft wird dies vor allem eines bringen: viele Tote. Bei gleichem Strafmaß würde es für den Täter sogar Sinn machen das Opfer (welches zumeist einziger Tatzeuge) ist umzubringen um die Aufklärung zu erschweren.
Der Satz von Ralph Giordano: „Deutschland ist ein Land, das sich um seine Täter sorgt“ gilt, ganz generell: um Opfer sorgt man sich weniger. Dies hat auch mit der links-grünen Sicht zu tun, dass ein Täter deshalb zum Täter wird, weil ihm die Gesellschaft nicht genügend Gelegenheit gegeben hat, sich so entwickeln zu können, dass er nicht zum Täter wird, zu werden braucht. Damit ist der Täter immer auch Opfer. Dem liegt ein Gerechtigkeitsverständnis zugrunde, nämlich, dass die Gesellschaft nicht Jedem die gleiche Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln. Würde sie das tun, gäbe es keine Täter, schuld ist die Gesellschaft. Aber ein weiterer, tiefer, verborgener Grund für Mitgefühl mit den Tätern ist, psychodynamisch zumindest, in der Geschichte zu finden. Denn, die Deutschen als Täter, als nationalsozialistische Täter im nationalsozialistischen Deutschland, schuld an Krieg, Verbrechen, gesellschaftlich, “völkisch” mitgehangen mitgefangen, sehen sich auch, als “unschuldig schuldig” geworden, ohne unschuldig sein zu dürfen, leben mit der Zuschreibung “Täter” - bis heute, über Generationen hinweg. Die Deutschen bekommen “Täter” zu sein nicht los - und, man bedenke, auch Europa, bzw. das was heute darunter verstanden werden soll, wurde wegen der Deutschen gegründet, als handele es sich dabei, Täter zu sein, um eine DNA der Deutschen. Deutschland solle n i e mehr wieder Unglück über Europa und die Welt bringen können, weswegen es in eine europäische Gemeinschaft eingebunden sein müsse, - was genau dieses Grundbild der Deutschen als Täter - erhält und sie permament beweisen müssen, gut zu sein - ohne es sein zu dürfen. Es handelt sich um ein “double-bind”, in der Psychiatrie gilt ein solches als eine der Mitbedingungen für z.B. Schizophrenie. Weil aber das Gesamte verleugnet und verdrängt wird, kommt es wieder in der “Wiederkehr des Verdrängten”, verlagert und projiziert auf Täter, Vergewaltiger, Messerstecher, Totschläger, Mörder, die als Opfer von Irgendwas gelten, der Gesellschaften, der Flucht, der Krise, der Migration und am meisten Mitgefühl gilt jenen, die am allermeisten dadurch “entschuldigt” werden können, jene “Migranten” z.B. die als “Schutzbedürftige” und damit “unschuldig” kommen, und deshalb allenfalls “unschuldig schuldig” geworden sein können, d.h. des Mitgefühls würdig sind. Indem die Täter zu “Opfern” werden, werden die Opfer der Täter vergessen, gilt ihnen wenig Mitgefühl, sind sie fast schon bedeutunglos, werden sie dem Täter noch einmal geopfert. Dies ist, zudem, immer der Fall, wo es um brutale, um archaische Gewaltvorgänge geht, wie eine Vergewaltigung dies ist.
Unser Recht ist halt in erster Linie Täter- und nicht Opferrecht. Verbrechen gegen die körperliche Unversehrtheit werden hierzulande idR nicht so hart bestraft wie Eigentumsdelikte. Das resultiert erstens aus der Überbewertung des Resozialisierungsgedankens und daraus, dass unser StGB in großen Zügen noch aus der Kaiserzeit stammt.
Kann Ihnen nur zustimmen. Gleiches gilt für mich übrigens für Kindesmißbrauch.
Mascha Kaleko habe ich kurz vor ihrem Tod noch persönlich kennen gelernt. Sie wohnte zu jener Zeit anlässlich ihres letzten Berlin Besuchs in einem Hotel am Kurfürstendamm und hielt sich gern am Savignyplatz auf, an dem sie einen Teil ihrer Jugend verbrachte und an den sie in ihren Versen wehmütig verklärt erinnerte. Ihre Gedichte habe ich in großen Teilen auswendig gelernt, so haben sie mich berührt. Trotz ihres Leides, den die zarte Frau Zeit ihres Lebens körperlich und seelisch erlitt, blieb sie bis zu ihrem Tode unerschrocken, unerschütterlich im Glauben an das Gute, das in uns allen schlummert. „Es ist das Schicksal, welches die Menschen erhöht, wenn es den Menschen zermalmt“, Diese Goethe Metapher war ihr Credo. Deswegen, sehr geehrter Herr Grell, hält „schnöde“ Juristerei, verzeihen Sie das Attribut „schnöde“, ein „Surrogat“ mit den transzendentalen Werten des Glaubens und der Hoffnung nicht aus. Gerade die Verse Kalekos trösten und geben Hoffnung für die „Erniedrigten und Beleidigten“ (Dostojewsky). Das kann kein Gesetz, kein Urteil, kein Kommentar zur Rechtspflege, je statuieren.
Es ist wahr, dass man als Mann nicht annähernd nachempfinden kann, was eine Vergewaltigung für die Betroffene an Traumata auszulösen vermag. Auch ich empfinde hier das gegenwärtig vorgesehene Strafmaß als zu gering. Viel mehr Sorge bereitet mir aber, wie vielfach den Medien zu entnehmen ist, die Bagatellisierung der von “Flüchtlingen” begangenen Straftaten unter dem Deckmantel etwaiig vorhandener Traumata oder kultureller Eigenarten. Es wäre schon viel gewonnen, wenn überhaupt einmal nur die laut StGB vorgesehenen Strafmaße ausgesprochen und ausgeschöpft würden. Dann müsste unsere “Geschäftsführende” vielleicht auch nicht von einer Spaltung unserer Gesellschaft in irgendwelchen Neujahrsansprachen schwadronieren.
Ja, man kann dem Autor nur zustimmen. Und der Täterkult =“armer, armer Täter, du eigentliches Opfer” ist wirklich nicht auszuhalten.
Die Empörung des Autors über die offizielle deutsche Attitüde, sich mehr um die Täter zu sorgen als die Opfer, teile ich: manches Mal erscheint mir die Milde eines Gerichtes wie eine erneute Verhöhnung der Opfer. Aber wenn der Autor Vergewaltigung wie Mord bestrafen will: dann wird ein Vergewaltiger, der sein Opfer am Ende auch noch ermordet, nicht anders bestraft als der, der sich nach erfolgreicher Tat aus dem Staub macht. Es gäbe dann keinen strafrechtlichen Anreiz mehr, das Vergewaltigungsopfer während der Tat oder anschließend zu töten. Das kann der Autor nicht im Ernst wollen.
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