Claudio Casula / 10.03.2023 / 11:00 / Foto: Rufus46 / 57 / Seite ausdrucken

Foulspiel gegen Sandro Wagner

Wieder einmal regt sich das Juste Milieu auf und nimmt übel. Grund ist eine Petitesse: Der Ex-Fußballer Sandro Wagner hat eine launige Bemerkung Richtung Robert Habeck gemacht. 

Der Ex-Profifußballer Sandro Wagner, der unter anderem beim FC Bayern München und in der deutschen Nationalmannschaft spielte, ist nicht dafür bekannt, politisch korrekte Weisheiten nachzubeten oder sich nur nach Konsultation eines Spielerberaters vor die Mikrofone zu trauen, wie es viele seiner rundgelutschten Kollegen tun. Selbstlob liegt ihm nicht fern, Selbstironie allerdings auch nicht („Diese Konzessionsentscheidung verstehe ich nicht. Aber ich bin wohl nicht klug genug für so etwas, deshalb bin ich ja Fußballer geworden."), Kritik an anderen schon gar nicht: „In der Wahrnehmung bin ich sicher nicht einer der beliebtesten Spieler. Aber das ist völlig in Ordnung. Ich bin keiner, der sich verstellt. Die Leute wissen ja auch nichts von mir. Ich habe kein Facebook-Profil, wo ich meinen Hamster fotografiere.“ Die Social-Media-Aktivitäten seiner Kollegen findet er „nur noch peinlich und zum Fremdschämen“.

Geradezu erfrischend, dass sich Wagner auch nicht für seinen Reichtum schämt oder auch nur in Erwägung ziehen würde, so zu tun: „Ich könnte jetzt sagen, ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad zum Training, aber das mache ich nicht. Ich komme mit dem Porsche zum Training und fühle mich gut dabei.“ Die Profigehälter findet er in Ordnung: „Gemessen an all dem, was man aufgibt, finde ich, dass auch die bei Bayern zu wenig verdienen.“

Klar, dass woke Medienschaffende, aber auch Fußball-Fans Sandro Wagner hassen. Frauen und Fußball, das passe seiner Ansicht nach nicht – shocking! Auch die Betonung auf Männlichkeit, wenn er etwa dem robusten englischen Innenverteidiger Harry Maguire „große Cojones“ attestiert. So einer passt nicht in diese Zeit. Entsprechend flippten die Medien aus, als Wagner, inzwischen als co-kommentierender Experte bei Live-Spielen gefragt (DAZN, ZDF) bei der Fußballweltmeisterschaft etwas flapsig von den „Bademänteln der Katarer“ sprach, womit er die weißen Gewänder der Gastgeber meinte. Gleich war von einer „umstrittenen Bemerkung“ und von einer „Entgleisung“ die Rede, das ZDF bat Wagner zum Gespräch bzw. verpasste ihm einen Einlauf und dieser, ganz untypisch für ihn, entschuldigte sich ausnahmsweise mal.

Nutzte ihm aber nichts, denn auch die nächste saloppe Bemerkung würde man ihm aufs Butterbrot schmieren, das war klar.

Shitstorm wegen harmloser Tempolimit-Bemerkung

Und jetzt war es so weit: Als Experte für DAZN das Champions-League-Spiel FC Bayern gegen Paris St. Germain begleitend, kommentierte Sandro Wagner das rasante Laufduell zwischen Kingsley Coman und PSG-Verteidiger Nuno Mendes wie folgt:

„Das ist deutsche Autobahn, linke Spur, ohne Tempolimit. Was auch bitte so bleibt, Herr Habeck.“

Vollkommen harmlos, sollte man meinen, aber Moritz Lang, Reporter von Sky Sport News (also von der Konkurrenz), vermisste bei Twitter den Widerspruch des Kollegen. „Schade“, schrieb er dazu, und garnierte sein Statement noch mit einem Kotz-Emoji. „Zustimmung – war unangenehm“, sekundierte jemand, „maximal peinlich und unpassend“ fand ein anderer. Wagner habe damit „für Ärger gesorgt“, meinte Sport1 recht unsportlich.

Zumal ihm gleich auch seine Replik auf den Frauentag („Gibt's auch einen Weltmännertag?“) übelgenommen wurde. Die Empörungsmaschinerie hat sich einmal mehr in Bewegung gesetzt, mal sehen, wer noch alles meint, aus einer Mücke einen Elefanten machen zu müssen.

Wagner kann’s egal sein. Er weiß, dass er nicht überall gut ankommt, hat aber kein Problem damit: „Wenn man an sich Dinge verändert, nur um allen zu gefallen, ist man schon gescheitert.“, sagte er kürzlich in einem Interview.

Die Cancel Culture hält Wagner für ein Übel. „Ich nehme es so wahr, dass sehr viele Leute mittlerweile den Kopf schütteln und sich fragen: Darf man denn gar nichts mehr sagen?" Ältere hätten ihm berichtet, dass es „früher viel entspannter“ gewesen sei. Zwar ist er der Meinung, es sei „gut und wichtig, dass heute bei gewissen Themen mehr Sensibilität eingekehrt ist“, doch die oft reflexhafte radikale Verurteilung, die „auch mit der Empörungskultur in den Sozialen Medien und dem zunehmenden Clickbaiting“ zu tun habe,  nerve. „Wenn man ständig heftige Reaktionen befürchten muss, raubt das einem irgendwann die Lust, sich anders als 0815-mäßig zu äußern.“

Vor Jahren äußerte Sandro Wagner einmal, sich vorstellen zu können, „später mal in Bayern Politik zu machen“, was im linksgrünen Lager wohl sogleich für Entsetzen gesorgt hat – schließlich hat auch Sandro Wagner seine Fans. Ganz gleich, ob es dazu kommt: Allein dass überhaupt noch jemand, der im Licht der Öffentlichkeit steht, keine Angst vorm Anecken hat (eben, in Wagners Diktion: „große Cojones“), ist nur zu begrüßen. Mitläufer und Schleimer haben wir in diesem Land schon genug.

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

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E. Albert / 10.03.2023

Guter Mann! Bitte weiter so und nicht verbiegen lassen. “Öffentliche Personen” mit Rückgrat bräuchte es in diesem Land endlich wieder mehr! Lasst diese verspießert-verquasten Sich-Besser-Wähnenden Irren doch plärren - die sind nur vermeintlich in der Überzahl!!! (Und mit der linken Spur hat er doch Recht. Was sagt eigentlich der Porschefahrer Herr Lindner dazu?)

Sabine Schönfelder / 10.03.2023

Franz@Klar, Witz und Überblick bleiben bei Ihnen leider mittlerweile gänzlich auf der Strecke…....tempi passati…......zu ideologielastig.

Rupert Drachtmann / 10.03.2023

Wenn das Schweinchen quiekt dann hat er alles gut gemacht. Vielen Dank! Weiter so! Guter Mann!

Anton Weigl / 10.03.2023

Mit Sandro Wagner nahm die deutsche Nationalmannschaft 2017 an der sogenannten Konföderationsmeisterschaft mit der Zweiten Mannschaft teil. Die erste Auswahl mit den ganzen Stars sollte für die WM 2018 geschont werden. Diese sogenannte Reservemannschaft gewann 2017 das Turnier völlig überraschend und auch überzeugend klar.  Die ausgeruhte Erstmannschaft machte jedoch 2018 und dann gleich auch noch 2022 nur Männchen oder soll man schreiben Weibchen oder machten sie sonst noch was. Jedenfalls das Fußballspielen hatten die nicht im Sinn. Zur meiner großen Schadenfreiude konnten die Stars gleich nach 3 Spielen nach Hause fliegen. Wegen der Klimarettung hätte man jeden Spieler ein Radl schenken sollen und damit hätten sie hoamradln kinna.

Ralf Pöhling / 10.03.2023

Der Mann hat die richtige Einstellung und das richtige lose Mundwerk. Man kann ja bisweilen durchaus nachvollziehen, was da von linker Seite politisch gefordert wird. Aber deren Methoden sind oftmals einfach grausig. Es macht eine Gesellschaft letztlich nicht besser, wenn einer Seite von der anderen Seite andauernd das Maul verboten wird. Das führt ja nicht zu echten Verbesserungen, sondern nur dazu, dass keiner mehr mit dem anderen über die Probleme offen redet und sich die Probleme erst richtig festfressen. Was man seit 2015 ja gut beobachten kann.

S.Buch / 10.03.2023

Exkurs zum Fundstück mit Klimafascho Luisa, das da heißt: „Die Klimakrise ist sexistisch. Sie trifft Frauen mehr als Männer, gleichzeitig sind Frauen seltener dort vertreten, wo Lösungen verhandelt werden. Endlose Studien belegen das. Also kämpfen wir heute - wie jeden Tag - für feministische Antworten.“ Das Statement muss richtig heißen: „Der Klimawahn ist sexistisch. Er trifft Frauen viel mehr als Männer, gleichzeitig sind Frauen äußerst selten dort vertreten, wo Lösungen erarbeitet werden. Endlose Studien belegen das. Also kämpfen wir heute - wie jeden Tag - für noch mehr Klimafaschismus.“

Michael Neus / 10.03.2023

Da ist der grüne Oekostalinist und das Dmchen der Nation doch noch gut weggekommen.

Paul Franklin / 10.03.2023

Bitte nicht vergessen, dass es sich bei den angeblichen Shitstorms in diesem wie in den meisten anderen Fällen um eine handvoll Einzelpostings handelt, die durch einzelne Artikel einzelner Meinungen eines einzelnen Autors künstlich aufgebauscht werden. Unterm Strich lesen am Ende Millionen Menschen die Nischenmeinung von 3 Leuten, über die dann noch auf der Achse diskutiert wird. Das Vorgehen ist dabei immer dasselbe: einer kommentiert und ein anderer schreibt über den Kommentar, als ob es sich über echte Reaktionen einer echten Zuhörerschaft handelt, aber vorgebracht werden 2 Tweets von irgendwelchen nicht repräsentativen Hanseln. So funktioniert Propaganda und Volkserziehung heute.

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