Demonstrationen in Weimar, Meißen, und Meiningen .
Überall werden Reisefreiheit und freie Wahlen gefordert .In Wittenberg werden zu Ehren des Reformationstages sieben Thesen zur Reform der DDR an der historischen Kirchentür angeschlagen, die schon Luther als Informationstafel diente. In der kleinen Kreisstadt Nordhausen in Thüringen sind allein 25 000 Menschen auf den Beinen, das sind 70% der erwachsenen Bewohner. Insgesamt gibt es in der Woche vom 23. zum 30. Oktober 140 Demonstrationen im ganzen Land. Das widerlegt die These, die friedliche Revolution hätte nur an wenigen Brennpunkten stattgefunden, die Mehrheit der Bevölkerung wäre passiv geblieben.
Das Politbüro kommt zu seiner wöchentlichen Sitzung zusammen. Die alte Geschlossenheit gibt es nicht mehr. Es findet sich keine Mehrheit für die Verabschiedung einer Konzeption zur „Zurückdrängung oppositioneller Sammlungsbewegungen“, die am 21. Oktober in Auftrag gegeben worden war. Die Fachleute von Staatsicherheit, Polizei und der Sicherheitsabteilung des ZK der SED hatten ihre Vorschläge zusammengetragen, die nun unbeachtet bleiben. Die Politbürokraten können nur feststellen, dass die üblichen Störmethoden nicht mehr verfangen. Die Stadtverwaltung von Nordhausen wollte den Demonstranten die Lautsprecheranlage abschalten. Es blieb bei dem Versuch. Diskutiert wird im Politbüro auch die Frage, wie mit der bevorstehenden Demonstration in Berlin am 4. November umgegangen werden soll. Verhindert kann sie nicht mehr werden. Also wird beschlossenen, sie in eine Demonstration für die Stabilisierung der DDR zu verwandeln. Mehrere SED-Mitglieder sollen als Redner auftreten, Politbüromitglied Günter Schabowski, der ehemalige Spionagechef Markus Wolf und die Geheimwaffe der SED, Gregor Gysi.
1.November
Egon Krenz fliegt nach Moskau, um mit Michael Gorbatschow die sich zuspitzende Lage zu besprechen. Während des Gesprächs erteilt Krenz dem Gedanken an eine mögliche Wiedervereinigung eine Absage. Wieder zu hause, erlässt der Partei-, und Staatschef ohne Absprache einen Befehl, der den Sicherheitskräften ihre Aufgaben bei der zu erwarteten Großdemonstration in Berlin deutlich macht. Es solle unbedingt verhindert werden, dass „Demonstranten ins Grenzgebiet eindringen. Im Falle eines solchen Eindringens seien die Demonstranten „durch Anwendung körperlicher Gewalt daran zu hindern, dass es in der Hauptstadt der DDR. Berlin, zu Grenzdurchbrüchen nach Berlin (West) kommt.“