Derzeit handelt es sich bei den Soldaten der Bundeswehr um die einzige Berufsgruppe in Deutschland, für die eine Covid-19-Impfung immer noch verpflichtend vorgegeben ist. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dies vor einem Jahr für rechtmäßig erklärt, allerdings dem Bund eine regelmäßig Evaluierung der Kosten-Nutzen-Rechnung auferlegt. Eine Abschaffung der ohnehin fragwürdigen Impfpflicht ist überfällig.
Im Folgenden geben wir einen Beitrag wieder, der von der Redaktion des Netzwerk kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V. verfasst und auf ihrer Homepage veröffentlicht wurde.
Bei der „Neuen Zeitschrift für Wehrrecht“ (NZWehrr) handelt es sich um eine juristische Fachzeitschrift, die bereits seit 1959 neben Entscheidungen der Wehrdienstgerichte Aufsätze und sonstige Beiträge veröffentlicht, die sich schwerpunktmäßig mit allgemeinen wehrrechtlichen Themen, aber auch mit dem Humanitären Völkerrecht und dem Recht der Auslandseinsätze der Bundeswehr beschäftigen. In Heft 3/2023 hat die NZWehrr eine Zusammenfassung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2022 zur Duldungspflicht der Soldaten in Bezug auf eine Covid-19-Impfung nebst Anmerkungen der Autorin Kerstin Maaß veröffentlicht.
Im November 2021 erfolgte die Aufnahme der Covid-19-Impfung in die Liste der für alle Soldaten der Bundeswehr verpflichtend vorgegebenen Impfungen (sogenanntes Basisimpfschema). Derzeit handelt es sich bei den Soldaten der Bundeswehr um die einzige Berufsgruppe in Deutschland, für die eine Covid-19-Impfung immer noch verpflichtend vorgegeben ist. Eine Verweigerung der Impfung stellt ein Dienstvergehen dar und zieht schwerwiegende dienstrechtliche Folgen, ggf. bis zur Entlassung aus dem Dienst, nach sich.
Vor über einem Jahr entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschl. v. 07.07.2022 – 1 WB 2.22, verbunden mit 1 WB 5.22) auf die Beschwerden zweier Offiziere gegen die Aufnahme der Covid-19-Impfung in die Liste der für alle Soldaten der Bundeswehr verpflichtend vorgegebenen Impfungen, dass bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Aufnahme der Covid-19-Impfung in diese Liste durch den Dienstherrn nicht ermessensfehlerhaft und damit rechtmäßig gewesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht begründete das im Wesentlichen damit, dass der Dienstherr bei der Bewertung des militärischen Nutzens davon ausgehen konnte, dass die Covid-19-Impfung für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gewichtige Vorteile mit sich bringe, folglich nach dem damaligen Stand der Wissenschaft das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfung zugunsten der Impfung überwog.
Wie ist die Impfpflicht jetzt noch zu rechtfertigen?
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht zugleich auch unmissverständlich klargestellt, dass sich diese Nutzen-Risiko-Bewertung jederzeit ändern könne, so beispielsweise aufgrund einer nachlassenden Gefährlichkeit des Virus, einer verringerten Effektivität der vorhandenen Impfstoffe und neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Dienstherr sei daher verpflichtet, im Interesse der Soldaten das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Covid-19-Impfungen fortlaufend zu evaluieren und zu überwachen. Derartige Daueranordnungen müssten stets zum Schutze der Soldaten daraufhin überprüft werden, ob sie angesichts veränderter Umstände auch weiterhin noch verhältnismäßig und ermessensgerecht sind. Seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nun mehr als ein Jahr vergangen.
Es stellen sich daher folgende Fragen: Welche Maßnahmen hat der Dienstherr seitdem zur Evaluation des Nutzen-Risiko-Verhältnisses in Bezug auf eine Covid-19-Impfung bei Soldaten ergriffen? Wie viele schwere Impfnebenwirkungen oder Impfkomplikationen sind innerhalb der Bundeswehr gemeldet worden? Wie begründet der Dienstherr zum jetzigen Zeitpunkt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis, nachdem milde Krankheitsverläufe bei einer Covid-19-Infektion auch bei Ungeimpften die Regel, Infektions- und Drittschutz nach einer Impfung nicht existent und nicht unerhebliche gesundheitliche Folgen als Impfnebenwirkungen keine Seltenheit zu sein scheinen? Und es stellt sich die Frage, wie die Bundeswehr es sich leisten kann, trotz des ständig beklagten Personalmangels gute Soldaten wegen der Verweigerung einer inzwischen bestenfalls wohl als weitestgehend nutzlos zu bewertenden Impfung aus dem Dienst zu entlassen.
Der Fachartikel regt dazu an, die aktuell noch für Soldaten der Bundeswehr geltende Verpflichtung zur Covid-19-Impfung unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des Bundesverwaltungsgerichts kritisch zu hinterfragen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Homepage von KRiSta – Netzwerk kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.